OGH 12Os195/81

OGH12Os195/8111.2.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1982

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Nemec als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 16.November 1981, GZ 11 b Vr 357/80-20, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Verlesung der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten sowie Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.Februar 1944 geborene Josef A der Vergehen des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2 StGB und der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er I./ im März 1979 in Leobersdorf mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Adolf B durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, an seinem PKW. (Marke BMW 2002) sei bei dem von B (am 16.Februar 1979) verschuldeten Verkehrsunfall auch am Motorblock ein Schaden von 14.000 S entstanden (obwohl dieser Motorschaden erst nach dem Unfall auftrat), zur Ausfolgung von 14.000 S verleitete, die den Genannten am Vermögen um diesen Betrag schädigte;

II./ am 4.Mai 1981 in Wr. Neustadt eine falsche Urkunde, nämlich eine von ihm selbst angefertigte Rechnung, als deren Aussteller die Firma D aufscheint, im Rechtsverkehr, nämlich in der Hauptverhandlung (vom selben Tag) vor dem Schöffengericht zum Beweis der Rechtmäßigkeit seiner gegenüber Adolf B gestellten Forderungen durch Vorlage gebrauchte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4 (sachlich jedoch Z. 5 - vgl. S. 187) und Z. 9 lit a sowie b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Im Rahmen der Mängelrüge wendet er sich gegen den Schuldspruch wegen Vergehens des schweren Betruges. Er führt eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung mit der Argumentation ins Treffen, das Erstgericht habe übersehen, daß nach den vorgelegten Rechnungen über 18.000 S, 10.000 S, 7.600 S und 9.680 S, von welchen lediglich die letzte einen Teilbetrag von 5.950 S für Arbeiten am Motor aufwies, wesentlich mehr als 24.000 S (nämlich fast 40.000 S) für die Behebung der Unfallschäden aufgewendet wurden.

Die behauptete Unvollständigkeit liegt jedoch nicht vor, weil sich das Erstgericht mit diesen, vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung am 16.November 1981 (S. 128) vorgelegten Rechnungszetteln (Beilage 6) ohnedies auseinandersetzte, ihnen jedoch nach Vergleich der Unterschriften mit den im Akt aufscheinenden sowie gestützt auf die Aussage der bei der Firma D beschäftigt gewesenen Zeugin Susanna E, wonach die darauf aufscheinenden Unterschriften weder vom Inhaber der Reparaturwerkstätte, Hans Dieter D, noch von dessen Ehegattin stammen, jede Beweiskraft absprach (S. 160). Der behauptete Begründungsmangel liegt daher nicht vor; das bezügliche Beschwerdevorbringen erschöpft sich in Wahrheit vielmehr in einem unzulässigen und demzufolge unbeachtlichen Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung.

Den Schuldspruch wegen Vergehens der Urkundenfälschung bekämpft der Angeklagte mit einer Rechtsrüge (Z. 9 lit a und b), worin er einerseits geltend macht, es habe sich bei der Vorlage der Rechnung (Beilage 1 zu ON. 14) in der Hauptverhandlung vom 4.Mai 1981 um einen Versuch mit (gemeint: absolut) untauglichen Mitteln gehandelt, weil diese Urkunde, bei der es sich schon dem äußeren Anschein nach nicht um eine Rechnung der Firma D handle, zur Täuschung eines Schöffensenates nicht geeignet war. Im übrigen wäre er aber vom Versuch zurückgetreten, weil er bei der Vernehmung über die Herkunft dieser Urkunde in der Hauptverhandlung (vom 16.November 1981) noch vor der Entscheidung des Schöffensenates zugegeben habe, diese selbst hergestellt zu haben.

Die Rüge geht gleichfalls fehl.

Von einer absoluten Täuschungsuntauglichkeit falscher oder verfälschter Urkunden kann nur gesprochen werden, wenn diese wegen der Primitivität der Fälschung im Rechtsverkehr gänzlich ungeeignet sind, den Anschein der Echtheit oder Unverfälschtheit hervorzurufen, sodaß insoweit niemals und unter keinen Umständen jemand irregeführt werden kann; sind sie bloß beim konkret geplanten oder realisierten Gebrauch (hier: vor dem Schöffensenat zur Entkräftung des Anklagevorwurfs) zur rechtserheblichen Verwendung ungeeignet, besteht Strafbarkeit (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN. 35 zu § 223 und die dort zitierte Judikatur). Der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider (der sich insoweit auf eine zur Frage des Betrugs nach dem Strafgesetz 1945 ergangene Entscheidung beruft) ist die Täuschungseignung der Urkunde nicht nach der Persönlichkeit und den individuellen Verhältnissen des 'Opfers' sondern bei der Prüfung der Tauglichkeit eines Versuches generalisierend zu beurteilen. Im übrigen geht es vorliegend nicht um die Frage der Tauglichkeit des Versuchs, weil, wie noch auszuführen sein wird, die Tat bereits vollendet war, sondern um das Vorliegen des Tatbildmerkmals 'Urkunde' (vgl. Foregger-Serini, StGB2, Anm. III zu § 223). Entscheidend ist also nicht, ob die falsche oder die verfälschte Urkunde zu dem vom Täter konkret angestrebten Gebrauch im Rechtsverkehr ungeeignet war (was vorliegend übrigens angesichts der Vielzahl der im Geschäftsleben aufscheinenden Formen von Rechnungen und der vom Beschwerdeführer wiederholt betonten - S. 13, 81 - Absicht des Inhabers der Reparaturwerkstätte, die Mehrwertsteuer zu sparen, nicht schlechthin bejaht werden könnte), sondern ob ein Gebrauch im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache überhaupt unmöglich war, was hier keinesfalls zutrifft. Ein strafaufhebender Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) hinwieder kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Tat des Beschwerdeführers bereits vollendet wurde. Das Vergehen nach § 223 Abs 2 StGB

ist nämlich mit dem Gebrauch der falschen oder verfälschten Urkunde im Rechtsverkehr vollendet; der Eintritt des vom Täter in der Regel angestrebten Täuschungserfolges gehört nicht mehr zum Tatbild (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN. 43 zu § 223). Das (unmittelbar darauf widerrufene) Eingeständnis des Beschwerdeführers bei der (der Hauptverhandlung vom 4.Mai 1981, in der die falsche Urkunde gebraucht wurde, nachfolgenden) Hauptverhandlung vom 16. November 1981, er habe die 'Rechnung', Beilage 1, selbst geschrieben (S. 128), kann somit nicht als strafrechtlich relevanter Rücktritt vom Versuch angesehen werden. Diese (im übrigen später wieder geänderte -

vgl. S. 131, 133) Verantwortung stellt aber auch nicht etwa wie der Vollständigkeit halber beigefügt sei, einen Akt (strafaufhebender) tätiger Reue im Sinne des § 226

StGB dar, weil auch diese voraussetzt, daß - soweit hier in Betracht kommend - die Gefahr des Gebrauches der falschen Urkunde noch beseitigt wird, bevor sie im Rechtsverkehr gebraucht worden ist, was beim Tatbild nach § 223 Abs 2 StGB nicht denkbar ist (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN. 2 zu § 226); der rechtserhebliche Gebrauch der in Rede stehenden 'Rechnung' erfolgte nämlich bereits durch Vorlage in der Hauptverhandlung am 4.Mai 1981 (S. 81).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 147 Abs 1

StGB zu zehn Monaten Freiheitsstrafe.

Dabei wertete es keinen Umstand als mildernd, die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen von zwei Vergehen dagegen als erschwerend.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an, während die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung eine Erhöhung des Strafmaßes begehrt.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe - wie die Staatsanwaltschaft selbst einräumt - im wesentlichen zutreffend festgestellt. Der vom Angeklagten in Ansehung des Schuldspruchfaktums II (Vergehen nach § 223 Abs 2 StGB) reklamierte Milderungsgrund eines reumütigen Geständnisses (§ 34 Z. 17 StGB) liegt schon deshalb nicht vor, weil der Berufungswerber seine Verantwortung, er habe die in Rede stehende Rechnung (vom 21.März 1979, Beilage 1) selbst geschrieben (vgl. S. 128), in der Folge dahin abschwächte, er sei der Meinung, 'daß dies eine Rechnung der Firma D sei' (S. 131) bzw. er wisse nicht woher diese Rechnung stamme (S. 133). Andererseits kann dem Berufungsvorbringen nicht entnommen werden, worin insoweit Umstände gelegen sein sollten, die nach Meinung des Angeklagten einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen. Unbeachtet gebliebene, sei es zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten sprechende Umstände von solchem Gewicht, daß sie eine önderung des Strafmaßes (nach oben oder unten) rechtfertigen könnten, vermag sohin nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes (im Ergebnis) keiner der beiden Rechtsmittelwerber aufzuzeigen. Bei sachgerechtem Abwägen der vorliegenden Strafzumessungsgründe wird die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten unter Bedacht auch auf die Höhe der bisher ausgesprochenen Strafen seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) durchaus gerecht.

Es war demnach den Berufungen ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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