OGH 13Os197/81

OGH13Os197/8111.2.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1982

unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Franz als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 ff. StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 21.Juli 1981, GZ. 10 Vr 1307/81-35, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Dr. Mährenhorst und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Ersten Generalanwalts Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß der zu II 2 des Schuldspruchs erfaßte Diebstahl eines Damenfahrrads 'durch Aufbrechen eines Seilschlosses' geschah, und demzufolge in der Unterstellung des Diebstahls auch unter § 129 Z. 3 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Franz A wird für das ihm weiterhin zur Last liegende Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 15.Juni 1981, GZ. 4 E Vr 762/81, zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Jahren und 8 (acht) Monaten verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 5.Juni 1942 geborene beschäftigungslose Franz A wurde des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Graz Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Gesamtwert teilweise durch Einbruch gestohlen, und zwar (zu I) in Gesellschaft als Beteiligter mit dem bereits verurteilten Rudolf B (zu 1) am 18.Juli 1980 einem bisher unbekannten Verfügungsberechtigten durch Aufreißen der Tür aus einer Bauhütte einen Hammer, Getränke und einen Pullover in unbekanntem Gesamtwert;

(zu 2) am 18.(richtig wohl am 22.; siehe S. 51)Juli 1980 dem Ing. Rudolf C durch Einschlagen einer Fensterscheibe und Einsteigen in dessen Villa Gebrauchsgegenstände, Schmuckstücke und Werkzeug im Gesamtwert von 29.830 S;

(zu II) allein (zu 1) zwischen 28. und 29.(richtig wohl am 28. oder 29.)August 1980 Verfügungsberechtigten der Firma D durch Aufbrechen der Holztür des Lagerraums einer Großbaustelle verschiedenes Werkzeug im Gesamtwert von 29.100 S;

(zu 2) am 14.August 1980 der Hedwig E durch Aufbrechen eines Seilschlosses ein Damenfahrrad, Marke Mars, im Wert von 1.000 S und (zu 3) in der Nacht vom 24.Oktober 1980 der Aloisia F sechs Pullover im Wert von 1.250 S.

Die Schuldsprüche wegen Diebstahls zum Nachteil der Firma D (II 1) und der Hedwig E (II 2) bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 4, 5

und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte (§ 281 Abs. 1 Z. 4 StPO) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung des (von seinem Verteidiger) in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Anfrage beim Bezirksgericht (Graz), ob der Zeuge (Anton) G entmündigt sei (S. 279). Die allenfalls vorliegende Entmündigung - abgesehen von dem eher seltenen Fall einer Entmündigung wegen Verschwendungssucht - lasse Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit dieses ihn im Faktum D belastenden Zeugen zu.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Vorbringen geht fehl.

Der Beweisantrag wurde mit der zutreffenden Begründung abgewiesen, daß eine allfällige Entmündigung des Zeugen Anton G keinen Einfluß auf dessen Glaubwürdigkeit habe und daß sich aus den in der Hauptverhandlung einverständlich verlesenen (S. 280) Protokollen über seine Aussagen keine Anhaltspunkte für seine Zeugnisunfähigkeit oder Zweifel an der Verwertbarkeit seiner Angaben ergeben hätten (S. 279, 280). Dem ist hinzuzufügen, daß es um einen bloßen Erkundungsbeweis geht, für dessen Aufnahme auch bei gewissenhaftester Würdigung der Sachlage kein Anlaß bestand (Mayerhofer-Rieder, StPO, Nr. 88 bis 90 zu § 281 Z. 4), weil sich aus den Verfahrensergebnissen keine Hinweise dafür ergeben haben, daß der Zeuge bei seinen verschiedenen Vernehmungen wegen seiner Leibes- oder Gemütsbeschaffenheit außerstande gewesen wäre, die Wahrheit anzugeben. Seine Aussage stimmt im übrigen mit den Depositionen der sonst vernommenen Zeugen überein, sodaß weitere Beweisaufnahmen über seine Wahrnehmungs- und Wiedergabsfähigkeit, über die das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu erkennen hatte (Mayerhofer-Rieder, StPO, Nr. 39, 40, 41 zu § 151), nicht erforderlich waren. Durch das Zwischenerkenntnis sind daher Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt worden. Als offenbar unzureichend begründet (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO) rügt der Beschwerdeführer das Urteil deshalb, weil den Angaben des (den Angeklagten im Faktum D belastenden) Zeugen Stepan H (nicht Stjepan I; siehe S. 147, 231) Glauben geschenkt worden sei, obgleich dieser im Verdacht stehe, den Diebstahl selbst begangen zu haben. Der bloße Hinweis auf seine Zeugenaussage könne daher nicht als ausreichende Urteilsbegründung angesehen werden. Auch hierin kann der Beschwerde nicht gefolgt werden. Das Schöffengericht hat sich nämlich mit der Frage, ob der Angeklagte den von ihm stets geleugneten Diebstahl zum Nachteil der Firma D begangen habe, sehr eingehend befaßt und ist schließlich nach minutiöser Würdigung der einzelnen Zeugenaussagen (S. 294 bis 298) sowie der übrigen Beweisergebnisse zur überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gelangt. Dabei hat es sich keineswegs bloß auf die Aussage des Zeugen Stepan H bezogen, sondern seine Feststellungen auch mit Hinweisen auf die übrigen Verfahrensergebnisse, so die Aussagen der Zeugen G, B und J (S. 297), sowie auf die mehrfach gewechselte Verantwortung des Angeklagten, seine Tatortkenntnisse (S. 296) und darauf gestützt, daß die Tat dem Beschwerdeführer keineswegs persönlichkeitsfremd gewesen sei (S. 298). Die Schlußfolgerungen aus den Beweisergebnissen entsprechen den Erfahrungen des täglichen Lebens und den Denkgesetzen und sind daher mängelfrei. Das Beschwerdevorbringen hiezu läuft im Ergebnis auf eine unzulässige Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung hinaus. Berechtigt ist jedoch die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO), die zum Faktum II 2 (Fahrraddiebstahl zum Nachteil der Hedwig E) das Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme der Qualifikation des § 129 Z. 3 StGB bestreitet.

Das Erstgericht ging im Urteilsspruch (S. 286) davon aus, daß der Fahrraddiebstahl 'durch Aufbrechen eines Seilschlosses' geschah. Ob nun der Angeklagte das Fahrrad - wie in den Urteilsgründen ausgeführt - von seinem Standplatz weggeschoben (S. 298), oder es - wie aus der Aussage der Zeugin Erika K hervorgeht - durch Anheben des (durch eine Sperre blockierten) Hinterrads von dort weggetragen hat (S. 224, 238, 274, 275), nach dem Akteninhalt hat er jedenfalls die Sperrvorrichtung nicht am Tatort selbst aufgebrochen, weshalb sein Verhalten nicht als 'Diebstahl durch Einbruch' (nach § 129 Z. 3 StGB) beurteilt werden kann (Leukauf-Steininger2, RN. 31 zu § 129). Da auch bei einer Erneuerung des Verfahrens dazu kein anderes Beweisergebnis zu erwarten ist, war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sohin insoweit teilweise Folge zu geben, das Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hat, im Ausspruch, daß der zu II 2 des Schuldspruchs erfaßte Diebstahl durch Aufbrechen eines Seilschlosses geschah, ferner in der entsprechenden rechtlichen Unterstellung der Tat unter den § 129 Z. 3

StGB und im Strafausspruch aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst zu erkennen. Die für den aufrecht gebliebenen Schuldspruch nunmehr zu schöpfende Strafe war nach § 129 StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 15.Juni 1981, AZ. 4 E Vr 762/81, festzusetzen, mit dem über Franz A wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 und 2 StGB eine Strafe von zehn Monaten verhängt worden war. Der Oberste Gerichtshof findet, daß bei einer gemeinsamen Aburteilung aller Straftaten, die den zueinander im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Urteilen zugrundeliegen, eine Strafe von dreieinhalb Jahren angemessen gewesen wäre, sodaß sich (unter Abzug der zehn Monate) nunmehr eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten ergibt.

Bei ihrer Bemessung waren erschwerend die Wiederholung derselben Straftat, die kriminelle Initiative des Angeklagten (S. 17, 35, 41, 73, 81) und seine zahlreichen, teilweise empfindlichen, einschlägigen Vorstrafen, mildernd hingegen das Teilgeständnis und die teilweise Zustandebringung des Diebsguts.

Hiezu sei im besonderen (im Hinblick auf das nach Strafaufhebung allerdings nicht mehr aktuelle Berufungsvorbringen) noch hinzugefügt, daß von einer Begehung in drückender Notlage auch dann nicht gesprochen werden könnte, wenn eine solche unverschuldet (was aber auszuschließen ist) auf den (abgesondert verfolgten) Komplizen zuträfe (S. 288), weil dazu vorausgesetzt wird, daß der Täter jeweils durch eine (ihn selbst) drückende (eigene) Notlage (oder die eines ihm nahestehenden anderen) zur Tat bestimmt worden ist (§ 34 Z. 10 StGB), was hier keinesfalls anzunehmen ist. Es ist auch zulässig, angesichts einer ersten Tathandlung am 18.Juli 1980 nach einer erst mit 5.Oktober 1979 vollzogenen, fünfzehnmonatigen Freiheitsstrafe (GZ. 7 a Vr 420/77 des Kreisgerichts Steyr) von einem raschen Rückfall zu sprechen, der ebenso wie die offenbar als Wurzel für seine amtsbekannte (S. 35, 43, 97), kriminelle Lebensführung anzusehende Scheu des Angeklagten vor einer geregelten Arbeit (S. 23, 79) - angebliche Gelegenheitsarbeiten (S. 103) können nicht vom Gegenteil überzeugen - eine strenge Bestrafung erheischt. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte waren mit ihren Berufungen (von denen die der Staatsanwaltschaft die Grundlage für eine Erhöhung des Strafmaßes gegenüber der ersten Instanz bot) auf diese Entscheidung zu verweisen.

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