OGH 9Os149/81

OGH9Os149/8112.1.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Jänner 1982 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schlögl als Schriftführer in der Strafsache gegen Otto A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 und 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 10. April 1981, GZ 12 Vr 155/81-25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Arnold und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß gemäß § 38 StGB die verwaltungsbehördliche Verwahrungshaft des Angeklagten vom 18. September 1980, 9,00 Uhr bis zum 19. September 1980, 13,00 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Otto A des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 (zweiter Satz, 1. und 2. Alternative); 15 StGB, begangen durch eine Vielzahl von Diebstahlstaten zwischen dem 23. Jänner 1980 und dem 18. September 1980 (Punkt I/ des Schuldspruches), und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, begangen durch Wegwerfen von anläßlich der Einbruchsdiebstähle laut Punkt I/C/3 und I/C/24 des Schuldspruches an sich gebrachten Urkunden, nämlich des Zulassungsscheines für den PKW der Edith B in der Nacht zum 7. Juli 1980, sowie des Führerscheins, des Zulassungsscheins und der Kraftfahrzeugsteuerkarte sowie der Rundfunkbewilligung des Karl C jun in der Nacht zum 3. September 1980 (Punkt II/1 und 2 des Schuldspruches), schuldig erkannt und nach dem höheren Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Den Beschwerdeausführungen zuwider bedurfte es keiner weiteren Begründung der zur subjektiven Tatseite des Vergehens der Urkundenunterdrückung laut den Schuldsprüchen Punkt II getroffenen Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe anläßlich des Wegwerfens der Urkunden gewußt, daß diese zum Beweis eines Rechtes oder einer Tatsache dienten und nur mit beträchtlichem Aufwand an Zeit und Geld wieder besorgt werden konnten, und habe auch in Kauf genommen sowie sich damit abgefunden, durch das Wegwerfen die Urkunden zu unterdrücken und zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden. Denn es hat der Angeklagte durch sein Schuldbekenntnis zum Anklagevorwurf der Urkundenunterdrückung den in der Anklageschrift ausdrücklich umschriebenen, für dieses Vergehen erforderlichen Tätervorsatz eingestanden, zu verhindern, daß die Urkunden zum Beweise eines Rechtes oder einer Tatsache gebraucht werden (S 281 d.A). Im übrigen ergibt sich bei der gegebenen Sachlage sein Vorsatz aus seiner Verhaltensweise selbst, sodaß es auch aus diesem Grund einer weiteren Erörterung desselben im Urteil nicht bedurfte (vgl dazu ZVR 1980/243).

Es mußte sich das Gericht im Urteil keineswegs mit der Verantwortung des Angeklagten, er habe die zunächst nur versehentlich an sich genommenen Urkunden weggeworfen, damit sie niemand bei ihm sähe (S 306 f = S 14, 15 des Hauptverhandlungsprotokolls), auseinandersetzen; denn es schließt auch dieses Motiv den im Urteil festgestellten bedingten (§ 5 Abs. 1 StGB) Gebrauchsverhinderungsvorsatz des Angeklagten keineswegs aus; vielmehr kann ein solcher Vorsatz - nach dem bereits oben Gesagten - bei einem Täter, der eine (gültige) Urkunde wegwirft, deren Charakter als Schriftstück für irgendwelche Rechts- oder Beweiszwecke er erkannt hat, in der Regel angenommen werden (vgl nochmals ZVR 1980/243; LSK 1981/1 = EvBl 1981/106). Nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist die auf die Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge des Angeklagten, insoweit darin zunächst die erwähnten Feststellungen zur inneren Tatseite des Deliktes nach § 229 Abs. 1 StGB negiert und solcherart nicht der im Urteil als erwiesen angenommene Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz verglichen wird.

Unzulässig ist die Beschwerde in Ansehung des darin unter ziffernmäßiger Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a (richtig der Z 7) des § 281 Abs. 1 StPO, erhobenen Einwandes, das Gericht hätte ihn (den Angeklagten) förmlich von dem Vorwurf freisprechen müssen, (auch) die Differenzbeträge von S 500,--, S 270,-- und S 300,--

gestohlen zu haben, die zwischen den Schuldsprüchen I/C/7 8 und 24 des Urteils und den entsprechenden Anklagevorwürfen bestehen; denn es ist der Angeklagte nach herrschender Rechtsprechung zur Geltendmachung des letztgenannten Nichtigkeitsgrundes nicht legitimiert (vgl Mayerhofer-Rieder, E 1 und 8 f zu § 281 Abs. 1 Z 7 StPO).

Die Voraussetzungen sowohl des § 31 StGB über die Verhängung einer Zusatzstrafe als auch der Geltendmachung gesetzwidriger Strafbemessung im Sinne des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO verkennt der Angeklagte bei seinem auf diesen Nichtigkeitsgrund gestützten weiteren Beschwerdeeinwand, mit welchem er die Verhängung einer Zusatzstrafe im Sinne der § 31, 40 StGB reklamiert, weil die Schuldspruchfakten Punkt I/A, B und C/1 bis 6 zeitlich vor seiner am 1. August 1980 wegen des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 3 StGB erfolgten rechtskräftigen Verurteilung zu AZ 12 E Vr 1045/80 des Kreisgerichtes Wels zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von sechs Monaten liegen. Setzt doch § 31 StGB voraus, daß alle im neuen Urteil zur Aburteilung gelangenden Straftaten vor der Fällung des früheren Urteils, das gemäß § 31 StGB zu berücksichtigen ist, begangen worden sind und kann im übrigen selbst eine rechtsirrige (Anwendung oder) Nichtanwendung des § 31

StGB den Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO nur dann herstellen, wenn die verhängte Freiheitsstrafe das Höchstmaß der für die zuletzt abgeurteilte(n) Tat(en) angedrohte Strafe überstiege oder die Summe der insgesamt ausgesprochenen Strafen die im Gesetz für die schwerste strafbare Handlung bestimmte höchste Strafe überschritte (§ 31 Abs. 1, zweiter und dritter Satz, StGB; vgl Leukauf-Steininger RN 27 zu § 31 StGB), was vorliegend aber nicht zutrifft. Begründet ist jedoch die aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Rüge des Unterbleibens einer Vorhaftanrechnung; denn es hätte das Erstgericht gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB die verwaltungsbehördliche Verwahrungshaft des Angeklagten vom 18. September 1980, 9,00 Uhr, bis zum 19. September 1980, 13,00 Uhr (S 43 gegenüber S 57 d.A), auf die verhängte Freiheitsstrafe anrechnen müssen. Insoweit war daher der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und das Ersturteil durch den Ausspruch über die Vorhaftanrechnung im erwähnten Ausmaß zu ergänzen.

Im übrigen war der Nichtigkeitsbeschwerde hingegen der Erfolg zu versagen.

Das Schöffengericht nahm bei der Strafbemessung die einschlägige Vorstrafe, die nach seinem Dafürhalten auf den Angeklagten überhaupt keinen Eindruck gemacht hatte, den überaus raschen Rückfall, die oftmalige Wiederholung der Delikte, die Begehung verschiedener strafbarer Handlungen, die mehrfache Qualifikation der Diebstähle als Einbruchs- und Gesellschaftsdiebstahl, wegen des Wertes und der gewerbsmäßigen Begehung als erschwerend an;

als mildernd wertete es hingegen den Umstand, daß einige Taten beim Versuch geblieben sind, das umfassende und reumütige Geständnis, die offenbar vernachlässigte Erziehung, das unter einundzwanzig Jahren liegende Alter, die geringe Intelligenz und die teilweise Verführung durch Diebsgenossen.

In seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung dieser Strafe und deren bedingte Nachsicht.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen nur insoferne einer Korrektur, als dem Angeklagten die teilweise objektive Schadensgutmachung infolge Sicherstellung eines kleinen Teiles des Diebsgutes (siehe dazu die Seiten 53, 83, 95, 97, 269, 271 d.A) als weiterer Milderungsumstand zugute zu halten ist und dem Erschwerungsgrund der Wiederholung im Hinblick auf die Unterstellung der Taten unter § 130 StGB kein allzu großes Gewicht zukommt. Andere Milderungsgründe liegen dagegen - den Berufungsausführungen zuwider - nicht vor. Es kann keine Rede davon sein, daß es in den meisten Fällen beim Versuch geblieben ist. Auch kann nicht gesagt werden, daß sich die in der Anerkennung von Schadenersatzansprüchen der Privatbeteiligten zeigende Bereitschaft zur (weiteren) Schadensgutmachung ein zusätzlicher Milderungsgrund ist.

Ausgehend von den aufgezeigten Strafbemessungsgründen ergibt sich, daß die vom Erstgericht über den Angeklagten ausgesprochene Strafe dem Verschulden des Angeklagten durchaus entspricht. Zu ihrer Herabsetzung bestand daher kein Anlaß; desgleichen auch nicht zur Gewährung des bedingten Strafnachlasses. Diesem steht nicht nur das grobe Verschulden des Angeklagten im Wege, der in rascher Aufeinanderfolge zahlreiche Straftaten begangen hat, sondern auch der Umstand, daß er sich trotz einer vorangegangenen bedingten Verurteilung nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten ließ und solcherart zeigte, daß es bei ihm des Vollzuges einer Strafe bedarf, um ihn auf den rechten Weg zu weisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte