OGH 12Os190/81

OGH12Os190/8117.12.1981

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fabrizy als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jakob A wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs. 1, 86 StGB. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und die Berufung der Privatbeteiligten Klara Maria B und Erich B gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 1.Oktober 1981, GZ. 6 Vr 364/81-21, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Privatbeteiligten werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.November 1926 geborene Landwirt Jakob A des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 86 StGB

(richtig: §§ 83 Abs. 1, 86 StGB.) schuldig erkannt, weil er am 16. Mai 1981 in Schneegattern Erich B dadurch, daß er diesem einen Faustschlag in das Gesicht versetzte, wodurch B stürzte und mit dem Hinterkopf auf dem Fußboden aufschlug, vorsätzlich am Körper verletzte, wobei die Tat den Tod des Genannten zur Folge hatte. Der auf § 281 Abs. 1 Z. 4, 5, 9 lit. a (der Sache nach auch Z. 9 lit. b) sowie Z. 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen den Schuldspruch kommt im Ergebnis (schon) insoweit Berechtigung zu, als er mit der Rechtsrüge (Z. 10) das Fehlen von Feststellungen in Ansehung der subjektiven Vorhersehbarkeit des Todeseintritts reklamiert.

Das Schöffengericht stützte die objektive Vorhersehbarkeit des Todeseintritts auf das Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Doz. Dr. D (ON. 12) und leitete daraus ab, daß die für den Tod des Erich B ursächlichen Schädel- und Hirnverletzungen durch die Gewalteinwirkung des Angeklagten, nämlich einen (Faust-) Schlag gegen die Kinnpartie entstanden sind, wodurch der nachmals Getötete zum Sturz kam und mit dem Hinterkopf auf dem Fußboden aufprallte (S. 168 f.).

Rechtliche Beurteilung

Insoweit hätte sich jedoch das Erstgericht nicht - so wie dies im Endergebnis geschah - bloß auf die objektive Vorhersehbarkeit des Todeseintritts stützen dürfen; es hätte vielmehr mängelfrei begründeter Konstatierungen auch zur Frage der subjektiven Vorhersehbarkeit des Todeseintritts des Erich B bedurft. Da der auf ein Vorsatzdelikt (§ 83 StGB.) zurückzuführende Eintritt des Todes (§ 86 StGB.) eine besondere Folge der Tat darstellt, an die eine schwerere Strafe geknüpft ist, kommt in diesem Fall die Regelung des § 7 Abs. 2 StGB. zum Tragen.

Die strafrechtliche Zurechnung der Todesfolge setzt demnach voraus, daß diese Folge (zumindest) fahrlässig herbeigeführt wurde. Bei solchen Delikten, für die eine Kombination von Vorsatz und Fahrlässigkeit kennzeichnend ist, beruht die nach § 6 StGB. zu prüfende Fahrlässigkeit bezüglich der besonderen Tatfolge im allgemeinen allein in deren Vorhersehbarkeit; denn die weitere zum Fahrlässigkeitsbegriff gehörige Komponente der Sorgfaltsverletzung ist in solchen Fällen schon wegen der Begehung des Grunddelikts zu bejahen (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2, RN. 32 zu § 7 StGB. und die dort zitierte Judikatur und Literatur). Die durch (vorsätzliche) Mißhandlung herbeigeführte Todesfolge kann somit dem Täter strafrechtlich zugerechnet werden, wenn dieser von ihm bewirkte Erfolg für ihn vorhersehbar war, das heißt, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt zumindest in der Lage war, den Eintritt eines solchen Erfolges als mögliche Folge seines Verhaltens zu erkennen, wobei aber eine Erkennbarkeit des Verlaufes im allgemeinen genügt und es nicht erforderlich ist, daß alle Einzelheiten des Erfolgseintritts voraussehbar sind. Grundsätzlich wird die Vorhersehbarkeit eines qualifizierten Erfolgs für den Täter dann zu bejahen und ihm der Erfolg (auch) subjektiv zuzurechnen sein, wenn dieser nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eintreten konnte (Leukauf-Steininger a.a.O. RN. 40 zu § 80 StGB.; Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, S. 187), der Erfolg also im Verhältnis zur Tathandlung nicht atypisch und sohin im Rahmen des vom Täter eingegangenen Gefahrenrisikos gelegen ist. Schon der aufgezeigte Feststellungsmangel (Z. 10) macht eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, sodaß nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO.), ohne daß es einer Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens bedarf.

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