OGH 12Os167/81

OGH12Os167/8126.11.1981

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fabrizy als Schriftführerin in der Strafsache gegen Oskar A, Franz B, Richard C, Otto D, John E und Karl E wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z. 2 StGB. und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen aller Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.April 1981, GZ. 3 a Vr 11.972/80-32, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Otto D, John E und Karl E wird zur Gänze und der des Angeklagten Oskar A teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch dieser Angeklagten, gemäß § 290 Abs 1 StPO. aber auch im Schuldspruch der Angeklagten Franz B und Richard C zu Punkt A des Urteilssatzes wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1

und Abs 2 Z. 2 StGB. sowie weiters in Ansehung des Angeklagten Oskar A auch im Schuldspruch zu Punkt E des Urteilssatzes wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB. und in Ansehung des Angeklagten John E auch im Schuldspruch zu den Punkten B (soweit er seine Person betrifft) und D des Urteilssatzes wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. und demgemäß auch in sämtlichen Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten Oskar A und die des Angeklagten Franz B, soweit mit letzterer dessen zu Punkt B des Urteilssatzes ergangener Schuldspruch wegen § 107 Abs 1 StGB. bekämpft wird, zurückgewiesen.

Der Angeklagte Richard C wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze und der Angeklagte Franz B mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit er damit den zu Punkt A des Urteilssatzes ergangenen Schuldspruch bekämpft, sowie sämtliche Angeklagte mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 2.Februar 1955 geborene Schwarzdecker Oskar A, der am 6.November 1961 geborene Stahlbauschlosser Franz B, der am 18.März 1959 geborene Landmaschinenmechaniker Richard C, der am 28.Dezember 1951 geborene Schwarzdecker Otto D, alle österreichische Staatsbürger, der am 7. Mai 1959 geborene technische Angestellte John E, und der am 28. März 1961 geborene beschäftigungslose Karl E, beide amerikanische Staatsangehörige, wie folgt schuldig erkannt:

Oskar A, Franz B, Richard C, Otto D, John E und Karl E haben A/ nachts zum 5.Juli 1980 in Wien in Gesellschaft in verabredeter Verbindung Herbert G, Johann H und Edmund I durch Versetzen von Faustschlägen und Fußtritten, wodurch Herbert G eine Wunde oberhalb des rechten Auges, Blutunterlaufungen beider Augen sowie Schwellungen und Abschürfungen im Gesicht, somit leichte Verletzungen, Johann H eine Augenverletzung, einen Nasenbeinbruch, Kieferprellung, Gehirnerschütterung, sohin im Zusammenwirken eine schwere Verletzung, verbunden mit einer mehr als 24 Tage dauernden Berufsunfähigkeit und Edmund I eine Rißquetschwunde sowie Hautabschürfungen, somit leichte Verletzungen, erlitten, vorsätzlich am Körper verletzt.

B/ Franz B und John E den Edmund I jeweils durch die Äußerung 'sie werden ihn abstechen', wobei sie gleichzeitig ein Messer in der Hand hielten, gefährlich mit dem Tod bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

C/ Oskar A den Johann H durch gefährliche Drohung mit dem Tod, nämlich durch die Aufforderung, sich nicht zu rühren, sonst werde er ihn abstechen, wobei er ihm gleichzeitig ein Messer am Hals ansetzte, zu einer Unterlassung, nämlich Abstandnahme von der Flucht genötigt.

D/ John E den Edmund I durch die Äußerung: 'Ich bringe dich um', wobei er das Messer in der Hand hielt, gefährlich bedroht, um diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen.

E/ Oskar A am 3.November 1980 in Wien Elisabeth J dadurch, daß er sie wegschob, wodurch sie stürzte, fahrlässig am Körper verletzt, wobei sie eine Schürfwunde und Schwellungen im Gesicht erlitt.

Es haben hiedurch Oskar A zu A/: das Vergehen der schweren

Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z. 2 StGB.,

zu C/: das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB., zu E/:

das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1

StGB., Franz B zu A/: das Vergehen der schweren Körperverletzung

nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z. 2 StGB., zu B/: das

Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107

Abs 1 StGB., Richard C, und Otto D zu A/: das Vergehen der

schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z.

2 StGB., John E zu A/: das Vergehen der schweren Körperverletzung

nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z. 2 StGB., zu B/: das

Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107

Abs 1 StGB., zu D/: das Vergehen der gefährlichen Drohung nach §

107

Abs 1 StGB., Karl E zu A/: das Vergehen der schweren

Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 Z. 1 und 2 Z. 2

StGB begangen.

Das Ersturteil qualifizierte trotz des Wortlautes des Spruches 'mit dem Tod' die Tathandlung B des Urteilssatzes nur als das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. und nicht nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle und die Tathandlung nach C des Urteilssatzes nur als das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB. und nicht als schwere Nötigung nach § 106 Abs 1 Z. 1 StGB.

Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes kam es zwischen den Angeklagten und einigen Fußgängern in der Nacht zum 5. Juli 1980 vor dem Heurigenlokal K in Stammersdorf zu einem Streit, mit gegenseitigen Beschimpfungen. Die Zeugen G, H, I, L und M gingen schließlich weiter, und die Angeklagten faßten den Beschluß, ihnen nachzugehen und es ihnen 'zu zeigen'. Alle Vorgenannten liefen 'wie auf Kommando' G und dessen Bekannten nach. B und John E bedrohten Edmund I mit der Äußerung, man werde ihn abstechen, wobei sie Messer in der Hand hielten (Faktum B), John E bedrohte I mit den Worten 'ich bringe dich um, du Hund' (Faktum C), A forderte H auf, sich nicht zu rühren, anderfalls werde er mit dem Messer, welches er ihm an den Hals ansetzte, abgestochen werden (Faktum D). Im Anschluß daran schlugen die Angeklagten Herbert G durch Faustschläge nieder und versetzten den am Boden liegenden noch Fußtritte. Johann H und Edmund I wurden von den Angeklagten gleichfalls geschlagen. Diese drei Personen erlitten die im Spruch angeführten Verletzungen (Faktum A).

Dieses Urteil wird von allen sechs Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angefochten.

Oskar A bekämpft das Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit a und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der erstgenannte Nichtigkeitsgrund richtet sich gegen den Schuldspruch Punkt A und B des Urteilssatzes. Mit § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. wird der Schuldspruch Punkt E des Urteilssatzes und mit der Z. 10 dieser Gesetzesstelle lediglich der Schuldspruch Punkt A des Urteilssatzes angefochten.

Die auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Franz B richtet sich gegen den Schuldspruch Punkt B des Urteilssatzes, die auf die Z. 9 lit a dieser Gesetzesstelle gegründete Nichtigkeitsbeschwerde gegen Punkt A des Urteilsspruches. Richard C stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde (betreffend Punkt A des Urteilsspruches) ziffernmäßig auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. Otto D (betreffend Punkt A des Urteilsspruches) beruft sich ziffernmäßig auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO., inhaltlich wird jedoch der Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a, allenfalls Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. ausgeführt.

John E macht die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z. 4, 5, 9 lit a und 10 StPO. geltend, der letztgenannte Nichtigkeitsgrund betrifft lediglich den Schuldspruch Punkt A des Urteilssatzes, die übrigen Nichtigkeitsgründe die Punkte A, B und D des Schuldspruches.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Karl E (betreffend Punkt A des Urteilsspruches) wird auf § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit a und 10 StPO. gestützt.

Rechtliche Beurteilung

Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Oskar A, Otto D und Karl E betreffend den Schuldspruch Punkt A des angefochtenen Urteils:

Diese drei Angeklagten machen in ihren getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden inhaltlich übereinstimmend, sachlich gestützt auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a bzw. 10 StPO. geltend, das Erstgericht habe nicht festgestellt, daß sie in verabredeter Verbindung oder überhaupt mit Verletzungsvorsatz - bzw. Mißhandlungsvorsatz - gehandelt hätten. Insoweit sind die Nichtigkeitsbeschwerden berechtigt. Das Schöffengericht stellt lediglich fest, daß die Angeklagten den Beschluß faßten, ihnen (nämlich den nachträglich Verletzten) nachzugehen und es ihnen zu zeigen (S. 162 d.A.). Dieser Urteilsannahme ist jedoch eine, vor dem Beginn der Tatausführung gelegene Willenseinigung der Angeklagten darüber, ihre Kontrahenten verletzen (oder mindestens mißhandeln; § 83 Abs 2 StGB.) zu wollen und dabei am Tatort als Einheit aufzutreten (vgl. EvBl 1979/146), auch dann nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen, wenn man einräumt, daß der gemeinsame Tatentschluß ungeachtet des vom Gesetz gebrauchten Wortes 'Verabredung' ebenso durch Zeichen oder durch anderes (stillschweigendes) Verhalten schlüssig zustande kommen kann. Gewiß liegt die nach § 84 Abs 2 Z. 2 StGB. erforderliche Willenseinigung im Hinblick darauf, daß die Angeklagten - wie es im Urteil weiter heißt - 'wie auf ein Kommando' losliefen, und daß es in der Folge tatsächlich zu Körperverletzungen kam, nahe, sie hätte aber dennoch durch entsprechende Tatsachenfeststellung klargestellt werden müssen, zumal die Formulierung, daß die Angeklagten den Beschluß faßten, ihnen nachzugehen und es ihnen zu zeigen, auch die Möglichkeit offenläßt, daß es sich nicht um einen gemeinsamen, sondern um einen von jedem Angeklagten gesondert gefaßten Tatentschluß handelt, und daß sich dieser (bei dem einen oder anderen Angeklagten) allenfalls nur auf ein Imponierverhalten (arg.: 'zeigen') bezog, ohne sich auf die Zufügung von Körperverletzungen (allenfalls Mißhandlungen) zu erstrecken.

Der Nichtigkeitsbeschwerde dieser drei Angeklagten war somit aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. (es fehlen auch Feststellungen, die eine Beurteilung nach einer anderen Gesetzesstelle, insbesonders nach §§ 83 Abs 1 oder 2, 84 Abs 1 bzw. 88 StGB.

zulassen) dahin Folge zu geben, daß der Schuldspruch Punkt A des Urteils aufzuheben war.

Zu der auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Oskar A betreffend den Schuldspruch Punkt E des Urteilsssatzes:

Mit Recht rügt der Beschwerdeführer das Fehlen einer Feststellung, ob die Schürfwunden und Schwellungen, die die Zeugin Elisabeth J beim Sturz erlitt, eine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit von mehr als dreitägiger Dauer zur Folge hatten. Denn es mangelt auch an Tatsachenfeststellungen, die eine Beurteilung, daß dem Angeklagten ein schweres Verschulden trifft, zulassen (§ 88 Abs 2 erster Halbsatz und Z. 4 StGB.), bzw. ob im Zeitpunkt der Tat eine Lebensgemeinschaft im Sinne des § 72 Abs 2 StGB. in Verbindung mit § 88 Abs 2 Z. 1 StGB. bestand. Nach der eigenen Verantwortung des Angeklagten war das 'Verhältnis' des Angeklagten mit der Verletzten allerdings schon vier Wochen vor der Tat beendet (S. 121 d.A.).

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A war daher auch in diesem Umfang Folge zu geben und Punkt E des Schuldspruches aufzuheben.

Zu der auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A betreffend die Schuldsprüche Punkt A und B des Urteilssatzes:

Die als aktenwidrig gerügten Feststellungen des Erstgerichtes, welche Personen zur Tatzeit in Stammersdorf waren (S. 161, 162 d. A.), sind durch die Verantwortung des Franz B vor der Polizei (S. 57 d.A.), der das Schöffengericht Glauben schenkte (S. 173 d.A.), gedeckt.

Ein Begründungsmangel haftet somit dem Urteil nicht an. Nicht nur der Zeuge I (S. 140 d.A.) - wie der Beschwerdeführer behauptet - hat außer dem PKW. Volvo einen anderen PKW. beobachtet. Auch der Zeuge Martin N hatte die Anwesenheit eines zweiten PKWs. am Tatort vor der Polizei bekundet (S. 56 in ON. 7 d.A.). Seiner Darstellung in der Hauptverhandlung (S. 146 d.A.), mit der er von seinen Angaben im Vorverfahren abwich, hat das Schöffengericht den Glauben versagt (S. 172, 173 d.A.). Ebenso hat der Zeuge G in seiner Anzeige am 5.Juli 1980 (S. 25 in ON. 7 d.A.) angegeben, daß er drei Personenkraftwagen beobachtet hat. Das Gericht war auch nicht verpflichtet, sich mit der Aussage des Zeugen Franz M, er habe außer dem Volvo kein Auto kommen sehen; ob ein rotes Auto in der Nähe war, habe er nicht gesehen, näher auseinanderzusetzen, denn dieser Zeuge hat ja keineswegs ausgeschlossen, daß andere (den Angeklagten gehörende) Kraftfahrzeuge am Tatort waren (S. 143 d.A.). Im übrigen betreffen alle diese gerügten Feststellungen keine entscheidungswesentlichen Umstände, ebensowenig ist die Reihenfolge, in welcher die Zeugen das Lokal verlassen haben, relevant. Weil den Angeklagten ein Angriff auf den Zeugen Ernst L gar nicht angelastet wurde, ist es auch ohne Bedeutung, ob dieser Zeuge 'ungeschoren davonkam' oder (auch) niedergeschlagen wurde. Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, ob außer John E auch noch der Angeklagte B ein Messer in der Hand hielt, und ob I auch von B angegriffen wurde, betrifft ebenfalls keine für den Schuldspruch des Oskar A entscheidungswesentliche Tatsache.

Dem Beschwerdeführer gelingt es in seiner Nichtigkeitsbeschwerde auch nicht, Widersprüche in der Aussage des Zeugen Inspektor Anton P aufzuzeigen, denn die Darstellung des Zeugen, B habe aus freien Stücken erklärt, daß er die Wahrheit sagen wolle und ihm dann den ganzen Vorfall erzählt (S. 132 d.A.), schließt nicht aus, daß er, P, bereits bei der Vernehmung des Angeklagten B auf Grund der Angaben der Verletzten wußte, bzw. angenommen hatte, daß mehrere Personen beteiligt waren, weswegen er auch weiterfragte, als ihm B ein oder zwei Namen nannte (S. 133 d.A.). Ohne entscheidungswesentliche Bedeutung ist, ob P A schon vor der Anzeige kannte, weil er ja vor der Aussage B keine konkreten Hinweise hatte, daß A an der Tat beteiligt war. Auch die Bekundung des Zeugen P, er glaube kaum, daß B bei seiner Vernehmung durch ihn unter Druck gesetzt worden ist, und seine weiteren Angaben, Druck habe von Seiten des Zeugen auf B keiner bestanden (S. 131 d.A.), enthalten keinen wesentlichen Widerspruch, der nähere Erörterungen im Urteil bedurft hätte. Die Angaben der Zeugen Herbert G, der Angriff habe sich in einer Entfernung von (ungefähr) 150 m (S. 135 d.A.), Johann H (vielleicht 5 bis) 10 m (S. 137 d.A.) und Franz M (vielleicht) 30 m (S. 142 d. A.) vom Heurigenlokal K abgespielt, ist für den Schuldspruch ohne Bedeutung.

Auch handelt es sich bei diesen Angaben nur um Schätzungen. Ob der Zeuge L ebenfalls niedergeschlagen wurde, oder ungeschoren davon kam, ist, wie bereits ausgeführt, für den Schuldspruch ohne Bedeutung, weil den Angeklagten gar nicht eine Mißhandlung dieses Zeugen angelastet wurde. Daß dieser Zeuge keinen Vorfall mit einem Messer beobachtet hat (S. 141 d. A.) spricht nicht gegen die, auf die Aussagen der Zeugen G, H, M und I gestützten Feststellungen des Erstgerichtes, das gar nicht angenommen hat, daß dieser Zeuge auch die Drohungen mit einem Messer beobachtet hat (S. 171 d.A.).

Schließlich ist das Erstgericht auf Grund freier Beweiswürdigung zur Überzeugung gekommen, daß der Aussage der Zeugin Roswitha Q (S. 143 f. d.A.) keine die Angeklagten entlastende Bedeutung zukommt, weil die Zeugin davongelaufen ist und daher den Verlauf der Auseinandersetzungen nicht beobachten konnte (S. 144 und 175 d.A.). Im übrigen versucht der Beschwerdeführer nur die Beweiswürdigung des Erstgerichtes in einer im Schöffenverfahren unzulässigen Weise zu bekämpfen, wenn er bemängelt, daß das Gericht der Verantwortung des Angeklagten B in der Hauptverhandlung (S. 122, 123, 124 d.A.), seine Angaben vor der Polizei (S. 57, 58 in ON. 7 d. A.) seien unrichtig gewesen, weil sie nur erfolgten, um nach Hause gehen zu dürfen, keinen Glauben schenkt.

Der Mängelrüge des Angeklagten A war somit ein Erfolg zu versagen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz B:

Gestützt auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. (Punkt B des Urteilssatzes), weil kein Zeuge und auch kein Mitangeklagter angegeben hätten, daß der Beschwerdeführer ein Messer besaß und Edmund I mit dem Messer gefährlich bedrohte. Auch der Zeuge I habe nur ausgesagt, daß er den Angeklagten als Volvo-Fahrer erkannt hätte, daß er aber nicht unter den Burschen war, die ihm nachgelaufen sind.

Das Schöffengericht hat den Schuldspruch dieses Angeklagten auf die Aussage des Zeugen Edmund I vor der Polizei, der Lenker des PKW. Marke Volvo (B) habe ihn als erster mit einem Springmesser bedroht (S. 51 in ON. 7, 170, 171 d.A.), gestützt, auf die sich der Zeuge I in der Hauptverhandlung ausdrücklich berufen hat (S. 140 d.A.) und somit zureichend begründet.

Die auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. gestützte Beschwerde des Angeklagten Franz B, mit der Punkt A des Urteilsspruches bekämpft wird, ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, denn sie geht nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes aus. Der Beschwerdeführer versucht vielmehr lediglich, in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Weise, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten A, D und Karl E hat sich jedoch der Oberste Gerichtshof überzeugt, daß der dem Schuldspruch Punkt A des Urteilssatzes anhaftende Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. auch dem Angeklagten B zustatten kommt. Gemäß § 290 Abs 1 StPO.

war daher auch Punkt A des Urteilsspruches, soweit er B betrifft, aufzuheben und dieser Angeklagte mit seiner Beschwerde, soweit sie sich auf den genannten Punkt A bezieht, auf diese Entscheidung zu verweisen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Richard C (betreffend Punkt A des Schuldspruches):

Die ziffernmäßig auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, mit der C vorbringt, daß seine Invalidität die Teilnahme an dem Raufhandel überhaupt ausschließe, ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt;

denn sie macht gar keine Begründungsmängel des Urteils geltend, sondern erschöpft sich in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Wohl aber treffen die beim Angeklagten B zu Punkt A des Schuldspruches angeführten Erwägungen auch auf den Angeklagten C zu, sodaß gemäß § 290 Abs 1 StPO. der Schuldspruch wegen schwerer Körperverletzung (Punkt A des Urteilssatzes) auch hinsichtlich dieses Angeklagten aufzuheben war.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde war der Beschwerdeführer auf diese Entscheidung zu verweisen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Otto D:

Wie bereits ausgeführt, ist die auf die Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. gestützte, gegen den Schuldspruch Punkt A des Urteilssatzes gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde, die sich inhaltlich auch als Rechtsrüge darstellt, wegen der dem Urteil anhaftenden Feststellungsmängel begründet. Der diesen Angeklagten betreffende Schuldspruch (Punkt A des Urteilssatzes) war daher aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auch auf die behaupteten Begründungsmängel des Urteils (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO.) bedarf.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten John E:

Mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 4 StPO. rügt dieser Angeklagte die Abweisung seines in der Hauptverhandlung am 10.April 1981 gestellten Antrags auf Vernehmung des Zeugen Eduard R zum Beweis dafür, daß sich der Beschwerdeführer am Abend des 4. Juli 1980 in der Zeit von 20,30 Uhr bis 2 Uhr früh (des 5.Juli 1980) ständig im Kaffeehaus Dolly aufhielt, sodaß er nicht an einem Raufhandel in Stammersdorf teilnehmen konnte (S. 148 d.A.). Dieser Antrag wurde vom Schöffengericht im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, daß die anderen vom Beschwerdeführer angebotenen Alibizeugen zwar die Anwesenheit des Angeklagten John E am Abend des 4.Juli 1980 im Kaffeehaus Dolly bestätigten, aber nicht den damals anwesenden Personenkreis angeben konnten, und auch eine Beeinflussung seitens John E nicht ausgeschlossen werden konnte. Die Aussage des Eduard R, der nicht als Tatzeuge sondern nur als Alibizeuge geführt wurde, sei jedenfalls nicht geeignet, die Angaben der Geschädigten zu widerlegen, daß der Beschwerdeführer am Tatort anwesend war (S. 152 a, 180 d.A.).

Es handelt sich hiemit um einen typischen Fall unzulässiger, vorgreifender Beweiswürdigung. Ohne den Zeugen vernommen zu haben, wird seiner Aussage, die die Beteiligung des Angeklagten John E an der Tat in Stammersdorf ausschließen würde, die Glaubwürdigkeit abgesprochen.

Durch das Zwischenerkenntnis wurden somit Grundsätze des Verfahrens verletzt, deren Beobachtung durch das Wesen einer die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist.

Ohne auf die übrigen geltend gemachten Nichtigkeitsgründe eingehen zu müssen, war daher schon aus diesem Grund der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und der den Angeklagten John E betreffende Schuldspruch (Punkt A, B und D des Urteilssatzes) aufzuheben.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl E:

Weil sich die auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und 10

StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus den eingangs angeführten Gründen als berechtigt erweist, und der Schuldspruch Punkt A des Urteilsspruches auch betreffend Karl E aufzuheben war, erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren vom Angeklagten als Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. vorgebrachten Argumente.

Es war daher bereits in einer nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 e StPO. den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Otto D, John E und Karl E Folge und der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Oskar A teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch dieser Angeklagten, gemäß § 290 Abs 1 StPO. aber auch im Schuldspruch der Angeklagten Franz B und Richard C zu Punkt A des Urteilssatzes wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z. 2 StGB., sowie weiters in Ansehung des Angeklagten Oskar A auch im Schuldspruch zu Punkt E des Urteilssatzes wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB. und in Ansehung des Angeklagten John E auch im Schuldspruch zu den Punkten B (soweit er seine Person betrifft) und D des Urteilssatzes wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. und demgemäß auch in sämtlichen Strafaussprüchen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen;

die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Oskar A im übrigen und

die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz B, soweit mit letzterer dessen zu Punkt B des Urteilssatzes ergangener Schuldspruch wegen § 107 Abs 1

StGB. bekämpft wird, gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO. als offenbar unbegründet, die des Angeklagten A zum Teil auch als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß §§ 285 d Abs 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO., zurückzuweisen;

der Angeklagte Richard C mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze und der Angeklagte Franz B mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit er damit den zu Punkt A des Urteilssatzes ergangenen Schuldspruch bekämpft, sowie sämtliche Angeklagten mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen.

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