Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Friedrich A wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt.
Den Urteilsannahmen nach hatte er zunächst am 24.März 1981 in einem Selbstbedienungsladen der Firma B in Wiener Neustadt eine Flasche Armagnac, ein Stück Käse, 2 Dosen Sardinen und eine Jagdwurst im Gesamtwert von 138,50 S in die Taschen seiner Jacke gesteckt und wollte sie vorerst auch - er verfügte über das hiefür nötige Geld - an der Kasse bezahlen. Als er jedoch sah, daß dort reger Betrieb herrschte und eine Reihe von Leuten anstanden, entschloß er sich, die Gelegenheit wahrzunehmen und das Geschäft ohne Bezahlung der Waren zu verlassen. Er wurde jedoch nach Passieren der Kasse von der Filialleiterin, die ihn schon vorher beobachtet hatte, angehalten (Punkt 1 des Schuldspruches).
Am 18.Mai 1981 kam Friedrich A am eingezäunten Getränkelagerplatz der Firma C in Wiener Neustadt vorbei. Weil er Durst verspürte, beschloß er, aus diesem Lagerplatz Bier zu stehlen, erkletterte mit Hilfe einer an der Umzäunung lehnenden Holzpalette den (über 2 m hohen) Zaun, griff über diesen und hob eine Bierkiste (mit 20 gefüllten Flaschen) heraus (S. 10, 13 und 60 f. d.A.). Da im selben Zeitpunkt eine Funkstreife der Polizei vorbeifuhr, stellte der Angeklagte die Bierkiste nieder und lief davon, konnte jedoch unmittelbar darauf von den Polizeibeamten eingeholt und festgenommen werden (Punkt 2 des Schuldspruches). Mit seiner gegen dieses Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde strebt der Angeklagte unter ziffernmäßiger Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe der Z. 9 lit a und lit b, der Sache nach aus dem letzteren Nichtigkeitsgrund in Verbindung mit der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. die Ausschaltung der rechtlichen Qualifikation des Einsteigens im Sinne des § 129 Z. 1 StGB. im Schuldspruch Punkt 2, die Subsumtion der beiden Schuldsprüchen zugrundeliegenden Taten unter das Tatbild der Entwendung nach § 141 StGB.
und wegen des seiner Ansicht nach in beiden Fällen bestehenden Mangels der Verfolgungsvoraussetzung der Ermächtigung (§ 141 Abs 2 StGB.) seinen gänzlichen Freispruch von der Anklage an.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsrügen versagen.
In Ansehung des Punktes 1 des Schuldspruches reklamiert der Beschwerdeführer zunächst die privilegierenden Tatmotive der Not, der Befriedigung eines Gelüstes sowie der Unbesonnenheit im Sinne des § 141 StGB. und macht hiebei Feststellungsmängel, die seiner Meinung nach hinsichtlich der beiden erstgenannten Motive vorlägen, geltend, vermag aber solche nicht aufzuzeigen.
Nach den hiezu getroffene, auf seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung basierenden Urteilsfeststellungen (S. 59, 67) verfügte der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt jedenfalls über das zur Anschaffung der Waren laut dem Punkt 1 des Schuldspruchs nötige Geld. Damit scheidet aber ein Zustand der Mittellosigkeit, der qualitativ einem Notstand gleichkommt und als solcher erst den Begriff der Not im Tatbild des § 141 StGB. entspricht (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 11, 12 zu § 141 StGB.) aus, weshalb es weiterer Konstatierungen zu diesem Punkt nicht bedurfte.
Desgleichen mußte sich das Erstgericht auch nicht damit befassen, ob der Angeklagte die Waren 'zum alsbaldigen Gebrauch an sich genommen hatte bzw. was er mit diesen vorhatte', weil er sich in der Hauptverhandlung (S. 59) uneingeschränkt schuldig bekannt und auch vorher niemals damit verantwortet hatte, zur Befriedigung eines Gelüstes gehandelt zu haben.
Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vermeint, es könne wohl nicht angenommen werden, daß er die Absicht gehabt habe, die Sachen zu bezahlen, weil es in einem Selbstbedienungsladen üblich sei, die Waren in einem Warenkorb zu geben und mit diesem zur Kassa zu gehen, wogegen er die Sachen in den Taschen (seiner Bekleidung) verstaut habe, bringt er weder den relevierten noch einen anderen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung, sondern bekämpft er mit diesen Ausführungen lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffensenats, der mit zureichender, auf der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung basierender Begründung (S. 66 f.) das bezweifelte Vorhaben des Beschwerdeführers konstatierte (S. 67).
Da endlich nach Lage des Falles und angesichts des vom Erstgericht aus den einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten mängelfrei abgeleiteten Hanges zur Eigentumskriminalität (S. 67) eine Unbesonnenheit im Sinne einer plötzlichen Eingebung, bei welcher der Täter einem augenblicklichen Tatanreiz unterliegt und etwas tut, was sonst nicht seine Art ist, als Tatmotiv ausscheidet (Leukauf-Steininger2, RN. 13 zu § 141 StGB.), erweist sich die Rechtsrüge des Angeklagten zu Punkt 1 des Schuldspruchs zur Gänze als nicht stichhältig.
Fehl geht aber auch das Vorbringen zum zweiten Schuldspruchsfaktum. Angesichts dessen, daß die §rtlichkeit, in deren Bereich sich die fragliche Bierkiste befand, durch einen - nach den Angaben des Angeklagten etwa 2,30 m hohen (S. 60) - Zaun vor dem Betreten durch Unbefugte geschützt war (siehe hiezu Kienapfel BT II RN. 21 zu § 129 StGB.), besteht an deren Eigenschaft als 'Lagerplatz' im Sinne des § 129 Z. 1 StGB. kein Zweifel und reichen die vom Erstgericht hiezu getroffenen Konstatierungen (S. 66) aus.
Rechtsrichtig hat das Erstgericht aber auch das festgestellte Verhalten des Angeklagten als 'Einsteigen' im Sinne der zitierten Gesetzesstelle qualifiziert.
Denn der Beschwerde zuwider hat der Angeklagte keineswegs bloß über den Zaun gelangt, in den Lagerplatz also lediglich hineingegriffen; er hat vielmehr die Umzäunung mit Hilfe einer daran lehnenden Holzpalette erklettert (S. 66) und die etwa 30 cm vom Zaun entfernte (S. 60) Bierkiste über den Zaun hinweg gehoben, was eine Veränderung der gewÄhnlichen Körperhaltung und ein teilweises Eindringen seines (Ober-)Körpers in den Raum des Lagerplatzes, das seiner Wirkung nach dessen Betreten durch den Täter gleichkam, erforderte. Somit hat das Erstgericht die Qualifikation des Einsteigens im Sinne des § 129 Z. 1 StGB. im Schuldspruch 2 zu Recht bejaht (siehe auch ÖJZ-LSK 1977/41 =
9 Os 101/75), weshalb schon deshalb eine Subsumtion der Tat unter
das Tatbild der Entwendung nach § 141 StGB.
nicht in Betracht kam.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu
verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 129 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten. In deren Bemessung wertete es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, den überaus raschen Rückfall und die Wiederholung der diebischen Angriffe, während es als mildernd das umfassende Geständnis und den Umstand in Betracht zog, daß es in beiden Fakten beim Versuch geblieben war.
Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung, der Angeklagte hingegen eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.
Diese Rechtsmittel sind nicht begründet:
Dem Angeklagten ist zu erwidern, daß in keinem der beiden Fakten von einer besonders verlockenden Gelegenheit im Sinne des § 34 Z. 9 StGB. die Rede sein kann und sein aus den zahlreichen einschlägigen Vorverurteilungen hervorleuchtender Hang zur Eigentumskriminalität der Annahme des Milderungsgrundes nach der Z. 7 dieser Gesetzesstelle (Unbesonnenheit) entgegensteht. Der Anklagebehörde hinwieder ist zu entgegnen, daß die dem Angeklagten zur Last fallenden massiven Erschwerungsumstände durch die im § 32 Abs 3 StGB. niedergelegten allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze insofern relativiert werden, als zwischen der verhängten Strafe und dem Umfang der bewirkten oder versuchten Schädigung - der vorliegend äußerst gering ist - ein Konnex bestehen muß.
So gesehen erweist sich die vom Erstgericht verhängte Strafe als durchaus tat- und tätergerecht und mithin nicht korrekturbedürftig; da auch eine bedingte Strafnachsicht angesichts des Vorlebens des Angeklagten aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht kommt, mußte mithin beiden Berufungen zur Gänze ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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