Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen; der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 28.September 1962 geborene Kochlehrling Karl A wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen der Verbrechen des versuchten schweren Raubs nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 StGB. und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB. sowie des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB. schuldig erkannt. Dem - vom Angeklagten allein angefochtenen -
Schuldspruch wegen Verbrechens des versuchten Raubs zufolge hat er am 25.Jänner 1981 in Hall in Tirol in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Raubgenossen Angelika B, Alexander C und Horst D seinen mütterlichen Großeltern Heinrich und Juliane E dadurch, daß Angelika B durch Betätigung der Klingel das Öffnen der Wohnungstür durch Heinrich E veranlaßte, worauf Alexander C den Heinrich E am Körper erfaßte, ihm den Arm auf den Rücken drehte und ihm den Mund zuhielt, während Horst D der Juliane E ein Stofftuch über den Kopf warf, sie festhielt und in ein Zimmer der Wohnung zu drängen suchte, während Karl A im Schlafzimmer der Wohnung eine Münzsammlung des Heinrich E an sich nehmen wollte, diese Münzsammlung unerhobenen, jedoch 5.000 S weit übersteigenden Werts, wegzunehmen oder abzunötigen getrachtet. Die Geschwornen haben die Hauptfrage 1 nach dem Verbrechen des versuchten schweren Raubs einstimmig bejaht.
Rechtliche Beurteilung
In seiner auf den Grund des § 345 Abs 1 Z. 6 StPO.
gestützten Nichtigkeitsbeschwerde rügt der Angeklagte die nur auf die drei Hauptfragen beschränkte Fragestellung; er meint, es wäre nötig gewesen, von Amts wegen eine Eventualfrage zu stellen, die den Geschwornen die Möglichkeit geboten hätte, das Verhalten gegenüber dem Ehepaar Heinrich und Juliane E als Verbrechen der versuchten Erpressung (§§ 15, 144 Abs 1 StGB.) zu beurteilen, weil auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht feststehe, daß das für einen versuchten Raub erforderliche Naheverhältnis zwischen den angegriffenen Besitzern und der als Beute erhofften Münzsammlung bestanden habe; richte sich die Drohung oder die Gewalttätigkeit auf Erlangung einer Sache, die nicht sofort verfügbar sei, könne das Verhalten nicht als Raub beurteilt werden. Weiters wendet sich der Angeklagte gegen die von der Anklagebehörde beantragte Eliminierung der vorgesehen gewesenen Zusatzfrage nach freiwilligem Rücktritt vom Versuch des Raubs aus dem Fragenschema, obwohl das Beweisverfahren ergeben habe, daß er trotz der hiefür noch bestehenden Möglichkeit von der Vollendung der Tat freiwillig Abstand genommen habe. Die Fragestellung hält der Rüge stand. Nach der Verantwortung des Beschwerdeführers, der sich übrigens im Sinn der wider ihn erhobenen Anklage voll schuldig bekannt hat (S. 287, 289, 297), und nach dem übrigen Akteninhalt befand sich die als Raubbeute ausersehene Münzsammlung in der Wohnung, in der die betagten Eheleute E von den Verbrechensgenossen überfallen wurden. Das vermißte räumliche Naheverhältnis war folglich gegeben. Weder die Verantwortung des Angeklagten noch die übrigen Beweisergebnisse, aus denen sich die Präsenz der ausersehenen Beute ergibt, boten somit einen Anlaß für eine Eventualfrage nach versuchter Erpressung.
Es kann aber auch keine Rede davon sein, daß der Beschwerdeführer freiwillig und damit strafaufhebend vom Versuch des schweren Raubs zurückgetreten wäre. Freiwillig ist nämlich der Rücktritt vom Versuch nur dann, wenn sich der Handelnde sagt, er könne die Tat noch vollenden, wolle es aber entweder überhaupt nicht mehr oder zumindest jetzt nicht. Hiefür brauchen zwar nicht bloß innere Erwägungen maßgebend sein, auch äußere Umstände können den Entschluß mitbestimmen, doch muß beim Täter die Vorstellung erhalten bleiben, daß eine seinem Tatplan entsprechende Tatvollendung noch möglich wäre. Nur unter dieser Voraussetzung würde auch ein Rücktritt aus Furcht vor Entdeckung strafaufhebend wirken.
Der Beschwerdeführer hat aber die Vollendung des Raubverbrechens nicht freiwillig aufgegeben; vielmehr war, wie er selbst ausdrücklich zugegeben hat, für das Steckenbleiben im Versuch ausschlaggebend, daß wegen der lauten Hilferufe des Ehepaars E und des mit dem Überfall verbundenen Lärms das Eingreifen der Nachbarn befürchtet wurde (S. 61, 51 in ON. 10, 303). Ob diese Besorgnis begründet oder unbegründet war, ist unerheblich, weil es für den Strafaufhebungsgrund des § 16 StGB., wie dargetan, nur auf die Vorstellung des Täters ankommt. Da somit weder die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers noch sonstige Verfahrensergebnisse die Annahme freiwilligen Rücktritts vom Versuch nahelegten, hat der Schwurgerichtshof, dem Antrag der Staatsanwaltschaft, dem die Verteidigung gar nicht widersprochen hat (S. 307), folgend, die Zusatzfrage nach § 16 StGB. zu Recht entfallen lassen (§ 313 StPO.).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über Karl A nach den §§ 28, 41 und 143 StGB. eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, in deren Bemessung es als erschwerend das Zusammentreffen des Verbrechens des versuchten Raubs mit dem Verbrechen des Diebstahls und dem Vergehen des Betrugs, die zweifache Qualifikation als Einbruchs- und Gesellschaftsdiebstahl, die Verwerflichkeit des versuchten schweren Raubs zum Nachteil von Personen, die dem Angeklagten nur Gutes getan, und die Anstiftung anderer, noch dazu jugendlicher Personen wertete. Als mildernd hingegen sah es das volle und reumütige, zur Wahrheitsfindung förderliche, weil von Anfang an abgelegte und niemals eingeschränkte Geständnis an, ferner die Unbescholtenheit des Angeklagten, sein Alter unter 21 Jahren, wobei die Altersgrenze von 18 Jahren nur wenig überschritten, seine Persönlichkeit also noch unausgereift war, daß es beim Versuch des Raubs geblieben war, gewisse Erziehungsmängel durch das Fehlen einer väterlichen Erziehung sowie Verwahrlosungserscheinungen und die dadurch begründete, leicht verminderte Zurechnungsfähigkeit im Sinn des eingeholten Sachverständigengutachtens.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes 'unter Anwendung des § 41 Abs 1 Z. 3 StGB.' und darüber hinaus die Gewährung der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB. an.
Entgegen dem Berufungsvorbringen hat das Geschwornengericht ohnehin eine außerordentliche Milderung der Strafe unter ausdrücklicher Zitierung des § 41 StGB. vorgenommen und die Untergrenze von fünf Jahren des angewendeten ersten Strafsatzes des § 143 StGB. deutlich unterschritten. Wenn der Sachverständige erwähnt, daß es in den letzten fünf Monaten zu einer günstigen Veränderung beim Angeklagten gekommen sei, darf nicht verkannt werden, daß sich dieser Wandel zum Besseren in der Haft vollzogen hat. Von einer 'tristen Kindheit' kann nicht gesprochen werden, weil sich Mutter und mütterliche Großeltern redlich um den Angeklagten gekümmert haben, er also 'in geordneten und geborgenen Familienbedingungen aufwuchs' (S. 179). Es bleibt nahezu unfaßbar, wie der verstandesmäßig gut dotierte Angeklagte sogar um den Preis schwerster Kriminalität bedenkenlos den eigenen, selbst mäßigen Vorteil sucht und ohne jede Hemmung andere zu schweren Delikten an Menschen verleitet, die ihm zeitlebens nur Wohltaten erwiesen haben.
In diesem Sinn kann an seiner 'indirekten' Tatbeteiligung nichts Milderndes gefunden werden.
Soweit das Geschwornengericht zu den von der Berufung des weiteren relevierten Gesichtspunkten bereits Stellung bezogen hat, genügt es, auf diese zu verweisen (S. 367, 368).
Da sich sohin zeigt, daß die Strafe von vier Jahren keineswegs überhöht ist, war der Berufung ein Erfolg zu versagen. Bleibt es aber bei dem zwei Jahre übersteigenden Strafmaß, ist eine bedingte Strafnachsicht zufolge § 43 Abs 2 StGB. ausgeschlossen.
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