Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und gemäß § 37 Abs 1 StGB. eine Geldstrafe von 120 (einhundertzwanzig) Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit 60 (sechzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Der Tagsatz wird mit 30 (dreißig) Schilling bestimmt. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 9.Dezember 1960 geborene Wolfgang A wurde des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 6.Juni 1980 in Wien als Verlader des Postamts 1150 Wien, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, den Staat, Empfänger und Absender einer Postsendung an ihrem Recht auf ordnungsgemäße Beförderung der Postsendung zu schädigen, seine Befugnis, im Rahmen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich dadurch mißbrauchte, daß er ein von der Firma B aufgegebenes und für die Maschinenfabrik C in St. Pölten bestimmtes Paket, in welchem sich eine Kassette mit Prägebuchstaben befand, nicht weiterleitete, sondern sich den Paketinhalt aneignete. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5, 9 (lit a) und 10 des § 281 Abs 1
StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Als unvollständig und unzureichend begründet rügt der Beschwerdeführer die Urteilsannahme, sein Vorsatz sei darauf gerichtet gewesen, sich den Inhalt des Pakets anzueignen. Er macht in diesem Zusammenhang dem Erstgericht vor allem zum Vorwurf, verschiedene, im einzelnen näher angeführte Punkte seiner Verantwortung, aber auch die Aussage der Zeugin Monika D über eine nach Aufdeckung der Tat von ihm ihr gegenüber gemachte Äußerung und eine Passage im Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen unberücksichtigt gelassen zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Dem Vorwurf der Unvollständigkeit ist zunächst entgegenzuhalten, daß das Gericht gemäß § 270 Abs 2 Z. 5
StPO. im Urteil in gedrängter Darstellung die entscheidenden Tatsachen, die es als erwiesen annimmt, zu bezeichnen und die Gründe anzuführen hat, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme geführt haben; es ist keineswegs verpflichtet, zu jeder Einzelheit in der Verantwortung des Angeklagten, in der Aussage eines Zeugen oder im Gutachten eines Sachverständigen Stellung zu nehmen. Dies gilt umsomehr, wenn die unerörtert gebliebenen Verfahrensergebnisse - wie im vorliegenden Fall -
keine für den Schuldspruch entscheidenden Tatsachen betreffen. Der Verbrechenstatbestand des § 302 StGB. setzt einen Bereicherungsvorsatz nicht voraus. Die getroffene und nach der Meinung des Beschwerdeführers mangelhaft begründete Feststellung des Zueignungsvorsatzes ist darnach bedeutungslos. Im Zusammenhang mit der dem Beschwerdeführer als Postbeamten obliegenden Beförderung von Postpaketen kommen als durch den § 302 Abs 1 StGB. geschützte Rechte nur jene des Absenders und des Empfängers auf ordnungsgemäße postalische Behandlung des Pakets in Betracht (RZ. 1978/63). Der im § 302 StGB. geforderte Schädigungsvorsatz braucht sich daher in einem solchen Fall nur auf eine Beeinträchtigung dieses Rechts des Absenders und Empfängers einer Postsendung erstrecken. Da das im übrigen mit mängelfreier Begründung festgestellte und insoweit von der Beschwerde gar nicht bekämpfte Tatverhalten des mit der Paketbeförderung betrauten Angeklagten nach der Urteilsannahme jedenfalls darauf gerichtet war, das Paket von einer weiteren Beförderung durch die Post auszuschließen (S. 114), verantwortet der Nichtigkeitswerber im Hinblick auf den damit verbundenen, soeben umrissenen Schädigungsvorsatz Mißbrauch der Amtsgewalt. Entgegen seinem weiteren Vorbringen zur Mängelrüge blieb aber auch seine Verantwortung, den Inhalt dieses Postpakets nur deshalb an sich genommen zu haben, um es neu zu verpacken und dann seiner Bestimmung zuzuführen, im Urteil keineswegs unberücksichtigt (S. 113). Diesen, der Sache nach einen Schädigungsvorsatz bestreitenden Teil der Verantwortung des Angeklagten hielt aber das Gericht für widerlegt (S. 113 bis 115), sodaß dem Ersturteil auch in diesem Belang kein Begründungsmangel anhaftet.
In der ersten der beiden Rechtsrügen (sachlich § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO.) geht der Beschwerdeführer von der urteilsfremden Annahme aus, daß ihm ein Schädigungsvorsatz gefehlt habe. Damit bringt er den geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der zu seiner prozeßordnungsgemäßen Darstellung stets einen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Ausführung.
Mit dem weiters relevierten Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. hält der Beschwerdeführer seinen Schuldspruch wegen vollendeten Mißbrauchs der Amtsgewalt für rechtsirrig, weil er seinen Arbeitsplatz mit dem Inhalt des Pakets noch nicht verlassen hatte. Hiebei übersieht er, daß das Verbrechen nach § 302 StGB. bereits mit dem (wissentlichen) Befugnismißbrauch vollendet ist und einen wirklichen Schadenseintritt nicht erfordert; es genügt, wenn der Täter seine Befugnis mit Schädigungsvorsatz wissentlich mißbraucht. Der Befugnismißbrauch des Angeklagten lag hier nach den Urteilsfeststellungen in dem durch ihn bewirkten Ausschluß der Postsendung von der weiteren postalischen Beförderung, nachdem er die Verpackung des Pakets zerrissen, die Papierreste in einen Abfallkorb geworfen und den Inhalt der Postsendung in seinen Brotbeutel gesteckt hatte (S. 112). Für die vom Rechtsmittelwerber angestrebte Tatbeurteilung als versuchter Mißbrauch der Amtsgewalt verbleibt sonach kein Raum.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 302 Abs 1
StGB. unter Anwendung des § 41 Abs 1 StGB.
zu zwei Monaten Freiheitsstrafe, deren Vollziehung gemäß § 43 Abs 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafbemessung nahm es als erschwerend nichts, als mildernd den bisher untadeligen Wandel, das Alter unter 21 Jahren zur Tatzeit und den Umstand an, daß durch die Tat kein Schaden eingetreten ist.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, allenfalls die Verhängung einer (bedingt nachzusehenden) Geldstrafe statt der Freiheitsstrafe an. Die Berufung ist teilweise begründet.
Im Hinblick auf die Persönlichkeit des Angeklagten, seine Unbescholtenheit und soziale Integration ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Erwägungen nicht erforderlich. Da die Tat zu keinem Schaden geführt hat und ihre Bedeutung im Gesamterscheinungsbild der einschlägigen Kriminalität nicht besonders ins Gewicht fällt, bedarf es auch - zur Aufrechterhaltung der Motivationskraft der in Frage kommenden Bestimmung -
keiner Freiheitsstrafe unter generalpräventiven Gesichtspunkten. Es war daher gemäß § 37 Abs 1 StGB. auf eine Geldstrafe zu erkennen und erachtete der Oberste Gerichtshof - ausgehend von einer andernfalls angemessenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten - 120 Tagessätze als tat- und schuldangemessen; die Ersatzfreiheitsstrafe ergibt sich aus § 19 Abs 3 StGB. Der Angeklagte hat als Student kein eigenes Einkommen und lebt im Haushalt seiner Eltern; es war daher das von ihm angegebene (und seinen Lebensumständen angepaßte) Taschengeld von 200 S wächentlich abzuschöpfen (LSK 1976/293), demnach der Tagessatz mit 30 S zu bestimmen.
Die Gewährung bedingter Strafnachsicht kam im Interesse der spezialpräventiven Effizienz der verhängten Geldstrafe (§ 43 Abs 1 StGB.) nicht in Betracht. Insoweit war der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die unbedingte Geldstrafe ist gegenüber der bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe als mildere Strafe anzusehen (SSt. 43/58), sodaß die nunmehrige Verhängung der ersteren nicht gegen das Verschlimmerungsverbot verstäßt.
Mit dem Ausspruch einer Geldstrafe ist das dahinter zurückbleibende Berufungsbegehren auf Ermäßigung der Freiheitsstrafe gegenstandslos geworden.
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