Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde der am 11.Februar 1959 geborene kaufmännische Angestellte Raimund A des Verbrechens des Mords nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 25.Februar 1981 in St. Oswald ob Plankenwarth die am 31.Oktober 1963 geborene Doris B durch Versetzen von zahlreichen Hieben mit einer Glasvase gegen den Kopf und durch Zufügen von elf Stichen mit einem 26,5 cm langen Küchenmesser in die Brust und in den Rücken vorsätzlich tötete.
Die Geschwornen hatten (jeweils stimmeneinhellig) die im Sinn der Anklage gestellte Hauptfrage I bejaht, hingegen die Eventualfrage II in Richtung Totschlag (§ 76 StGB) und die Zusatzfragen III und IV wegen Tatbegehung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) im allgemeinen und der vollen Berauschung im besonderen (womit eine Beantwortung der weiteren Eventualfrage V wegen § 287 StGB entfiel) verneint. Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z. 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Er macht geltend, die Rechtsbelehrung zur Eventualfrage II sei unvollständig, weil der Schwurgerichtshof die Tatbestandsmerkmale des Totschlags nur negativ (und damit unzureichend) umschrieben und den Unterschied zwischen Mord und Totschlag zu wenig herausgearbeitet habe.
Rechtliche Beurteilung
Der relevierte Nichtigkeitsgrund liegt nur dann vor, wenn die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung entweder eine erhebliche sachliche Unrichtigkeit enthielt oder derart unvollständig war, daß infolgedessen die Geschwornen ohne die nach den Umständen des Falls erforderliche Belehrung über für ihren Wahrspruch wesentliche Rechtsbegriffe gelassen wurden; schließlich, wenn die Rechtsbelehrung in einem Grad undeutlich oder widerspruchsvoll war, daß die Geschwornen bei der Auslegung der für die Richtigkeit ihres Verdikts wesentlichen Rechtsbegriffe irregeleitet werden konnten (SSt. 43/3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es trifft auch nicht zu, daß die Tatbestandsmerkmale des § 76 StGB ausschließlich negativ umschrieben wurden.
Dazu wurde in der Rechtsbelehrung ausgeführt, daß unter Totschlag ein besonderer, privilegierter Fall der vorsätzlichen Tötung zu verstehen ist, der durch die besondere emotionale Lage des Täters - eine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung - charakterisiert ist. Die Kriterien der allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung wurden vom Schwurgerichtshof keineswegs nur mit den in der Beschwerde wörtlich wiedergegebenen Passagen umschrieben, sondern unter Heranziehung der von der Lehre und von der Judikatur herausgearbeiteten Grundsätze ausführlich und richtig erläutert. So wurde insbesondere auch dargetan, daß unter einer heftigen Gemütsbewegung starke (sthenische oder asthenische) Affekte zu verstehen sind, die verstandesmäßige Erwägungen zurückdrängen und den Täter mitreißen.
Im übrigen ist die allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung in der Bedeutung des § 76 StGB in zwei Richtungen abzugrenzen:
Einerseits dahin, daß dieser Gemütszustand im Verhältnis zu seinem Anlaß jedermann verständlich ist, d.h. daß der Durchschnittsmensch sich vorstellen kann, auch er wäre in der Lage des Täters, genauer:
in der psychischen Spannung, welcher der Täter ausgesetzt war, in eine solche Gemütsverfassung geraten; andererseits dahin, daß es darnach jedermann verständlich ist, daß diese Gemütsbewegung, ein dynamischer Vorgang, schließlich (sei dies auch innerhalb kürzester Zeit) in eine Endphase mündete, in der sich der Täter zu einer vorsätzlichen Tötung hinreißen ließ. Damit ist nicht die vorsätzliche Tötung als solche, noch weniger deren im Einzelfall abstoßende oder grausame Ausführung, in die allgemeine Begreiflichkeit (in die Verständlichkeit für den Durchschnittsmenschen) einbezogen. - Keinen anderen Sinn ergibt die unvoreingenommene Lektüre der Erläuterung auf Seite 5 der Rechtsbelehrung, sodaß diese weder in ihrer Gesamtheit noch in Teilen als falsch im oben umrissenen Konnex bezeichnet werden kann. Der Umstand, daß in der Rechtsbelehrung auch angeführt wird, unter welchen Voraussetzungen eine solche allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung nicht vorliegt, konnte - im ganzen gesehen - ebensowenig Anlaß zu einem Irrtum der Geschwornen über die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die sich die Eventualfrage II bezog, und die darin vorkommenden Rechtsbegriffe geben.
Der möglichen Fallkonstellation, daß die Tat den Schlußpunkt eines länger andauernden Konflikts darstellt, trug der Schwurgerichtshof durch den (gleichfalls zutreffenden) Hinweis, daß die heftige Gemütsbewegung zur Tatzeit (zumindest) nicht abgeklungen sein darf, gebührend Rechnung.
Auf den Sachverhalt hat die Rechtsbelehrung nicht einzugehen, sie hat sich nach der klaren Anordnung des § 321 Abs 2 StPO auf eine rechtliche Darlegung zu beschränken;
das ist geschehen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe, bei deren Bemessung die besonders brutale Art der Tathandlung, wodurch die Getötete in einen qualvollen Zustand versetzt wurde, erschwerend, hingegen die Unbescholtenheit und das Geständnis mildernd waren. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe (allenfalls unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung des § 41 StGB) an.
Indes ist der Strafausspruch so wenig fehlerhaft wie der Schuldspruch.
Der Angeklagte hatte zur Tatzeit das 21.Lebensjahr bereits überschritten; darnach kommt der Milderungsgrund des § 34 Z. 1 StGB nicht mehr in Betracht, wenn anders die gesetzlichen Altersgrenzen nicht gegenstandslos werden sollen. Unbesonnenheit und heftige Gemütsbewegung sind zwar nicht dieselbe Bewußtseinslage; die Ablehnung des Tatbestands des § 76 StGB sagt darum noch nichts über die Heranziehbarkeit des § 34 Z. 7 StGB aus. Gleichwohl kommt dieser Milderungsgrund nicht in Frage, weil, wie vom Rechtsmittelwerber in anderem Zusammenhang selbst eingeräumt (S. 44), die Konfliktsituation seit längerem andauerte. Während derselben hatte sich der Täter mit seinem späteren Opfer mehrmals getroffen und sich ungeachtet der zwischen ihnen bestehenden Spannungen mit dem Mädchen ausgesprochen. Daraus folgt zwingend, daß sich der Berufungswerber mit dem Zerwürfnis, mit dessen Ursachen und mit der geänderten Einstellung seiner mehrjährigen Partnerin schon seit einiger Zeit gedanklich beschäftigte. Das wiederum schließt die Annahme der Ermordung der Doris B, noch dazu auf eine so gräßliche, qualvolle und letztlich zeitaufwendige Art, aus bloßer Unbesonnenheit aus.
Ein über die Tat hinausweisendes Ziel, das in der Berufungsschrift vermißt wird, wird man bei Eifersuchtsmorden nur selten finden können. Auch ist für viele Mörder aus Eifersucht (oder wegen verschmähter Liebe) deren bisher geordnetes familiäres und berufliches Leben förmlich charakteristisch. Das kann aber nicht zu einer milderen Beurteilung der Schuld des Mörders und des gesamten entsetzlichen Geschehens führen.
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