OGH 11Os83/81

OGH11Os83/814.11.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. November 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schramm als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengerichtes vom 26. März 1981, GZ. 4 Vr 2.807/80-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schmid und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Das Jugendschöffengericht erkannte den am 31. März 1963 geborenen Glaser Franz A des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1

StGB. schuldig, weil er am 24. Mai 1980 den Josef B vorsätzlich durch mehrere Schläge gegen den Kopf (Gesicht), welche neben einer Blutunterlaufung am linken Unterkiefer traumatische Zerreissungen der Trommelfelle beider Ohren zur Folge hatten, am Körper schwer verletzte.

Dieses Urteil ficht der Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Z. 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1

StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Als unzureichend, widerspruchsvoll und unvollständig begründet rügt er den Schuldspruch zunächst, weil in den Entscheidungsgründen der auch von Josef B bestätigte Umstand, daß mit diesem Zeugen vor der Tat nie ein Streit stattgefunden hatte, außerachtgelassen wurde und deshalb nach Meinung des Beschwerdeführers der festgestellte Tathergang, bei welchem er auf Josef B, ohne mit ihm ein Wort zu reden und ohne jede Provokation eingeschlagen haben soll, jeder Lebenserfahrung widerspreche.

Rechtliche Beurteilung

Die behaupteten Begründungsmängel liegen indes nicht vor. Das Erstgericht ließ die Frage des Motivs des Angeklagten keineswegs ungeprüft, sondern gelangte zu der - den Beweisergebnissen entsprechenden - Feststellung, daß die Beweggründe des Angeklagten für die Tat 'im Dunkeln' blieben (Seite 62). Wenn das Schöffengericht angesichts der eindeutigen Identifizierung des Angeklagten, aber auch seines Begleiters Johann C, durch mehrere Zeugen, in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO.) die Angaben dieser Zeugen für glaubwürdig und die entgegenstehenden Darstellungen des Angeklagten und teils auch des Zeugen C für unglaubwürdig beurteilend, die Täterschaft des Angeklagten für erwiesen ansah, dann war es unter Beachtung seiner Verpflichtung zur gedrängten Darstellung seiner Entscheidungsgründe und Beschränkung auf die entscheidenden Tatsachen (§§ 270 Abs 2 Z. 5, 281

Abs 1 Z. 5 StPO.) nicht gehalten, auf das im Verfahren ungeklärt gebliebene Motiv, in Ansehung dessen ihm nach der Aktenlage nur Mutmaßungen möglich gewesen wären, noch näher einzugehen. Nur für eine solche bloße Mutmaßung von Bedeutung und daher nicht entscheidungswesentlich ist auch der Vorfall, mit welchem in der Beschwerde, teils unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden, teils unter jenem einer unvollständigen Begründung argumentiert wird, daß der Angeklagte einige Zeit vor der Tat im Beisein des Zeugen Josef B von einem gewissen Bernhard D mißhandelt worden sei, worüber in der Zwischenzeit ein Gespräch zwischen dem Angeklagten und Josef B stattgefunden habe.

Letztlich liegt, der Beschwerde zuwider, eine Unvollständigkeit der Begründung auch insoweit nicht vor, als das Erstgericht eine Befassung mit dem Widerspruch zwischen der Aussage des Verletzten (S. 52), wonach sich die Tat etwa um 20.00 Uhr ereignete, und den Angaben des Zeugen E unterließ, der den Angeklagten noch um ca.

20.30 Uhr in der etwa 4 km vom Tatort befindlichen Garage des Johann C stehen sah (S. 41 f., S. 54).

Mit dieser Abweichung der - rund zehn Monate nach der Tat abgelegten - Aussage des Zeugen Josef B hinsichtlich des Tatzeitpunktes brauchte sich das Erstgericht (§ 270 Abs 2 Z. 5 StPO.) nicht ausdrücklich zu befassen, weil die Tatzeit von diesem Zeugen im Zuge der Gendarmerieerhebungen am 10. Juni 1980, also nur 17 Tage nach der Tat, gleich wie von den Zeugen Siegfried B und Johann F (ON. 2 S. 17, 8 f. in Verbindung S. 54) mit ca. 20.30 Uhr und von letzteren beiden Zeugen in der Hauptverhandlung sowie vom Zeugen Gerhard G sowohl in dieser als auch schon vor der Gendarmerie (S. 38-40, ON. 2 S. 8 in Verbindung mit S. 54) mit ca. 21.00 Uhr angegeben worden war, sodaß dem Schluß des Erstgerichtes auf eine ungefähre Tatzeit

20.30 Uhr, welche angesichts der erwähnten nur kurzen Entfernung zwischen der Garage des Zeugen C und dem Tatort auch mit den Wahrnehmungen des Zeugen E vereinbart werden kann, ein formaler Begründungsmangel nicht anhaftet.

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit b, der Sache nach der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. macht der Angeklagte Feststellungsmängel in Ansehung der rechtlichen Annahme einer an sich schweren Verletzung im Sinn der Qualifikation des § 84 Abs 1 StGB. geltend. Auch dies nicht zu Recht.

Die Feststellung der Perforationen beider Trommelfelle, die im Zuge eines stationären Krankenhausaufenthaltes operativ versorgt werden mußten, ist entgegen dem Beschwerdeeinwand auch in den Urteilsgründen, basierend schon auf den Gendarmerieerhebungen und der Aussage des Opfers (ON. 2 S. 11, 13, 17, ON. 16 S. 53 f.), getroffen.

Daß das Gutachten des Sachverständigen (ON. 3 in ON. 2) in der Hauptverhandlung, den aufgenommenen Protokollen zufolge (ON. 13, 16), nicht zur Verlesung gelangte (§ 258 Abs 1 StPO.), wie dies der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang, sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. bemängelt, ist daher unwesentlich.

Die erwähnte Feststellung reicht aber für die Bejahung der Rechtsfrage, ob diese Verletzungen an sich schwerer Natur im Sinn des Gesetzes waren, völlig aus.

Entscheidendes Kriterium für diese Qualifikation einer Verletzung (oder mehrerer Verletzungen zusammen) ist die Erheblichkeit des dem Körper zugefügten Nachteils, sei es wegen der Wichtigkeit des verletzten Organs, sei es wegen der Schwere des gesundheitlichen Schadens, der Ungewißheit des Heilungsverlaufes, der Gefährlichkeit der Verletzung oder der Möglichkeit weiterer Folgen (Leukauf-Steininger2, RN 6 zu § 84 StGB.).

Wurde, wie vorliegend, das Trommelfell beider Ohren durch traumatische Einwirkung derart perforiert, daß für die Heilung dieser Verletzungen ein chirurgischer Eingriff während stationärer Krankenhauspflege (in der Dauer von etwa einer Woche) nötig wurde, dann kann an der Erheblichkeit des Nachteils, der lebenswichtige Organe empfindlich traf, und damit am auch rechtlich schweren Verletzungsgrad nicht gezweifelt werden.

Da sohin auch die Rechtsrüge fehl geht, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zur Gänze zu verwerfen. Das Jugendschöffengericht verhängte über Franz A nach dem § 84 Abs 1 StGB. unter Anwendung des § 37 StGB.

eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 75 Tagen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes bestimmte es mit 100 S. Bei der Strafbemessung wertete es den Umstand, daß 'der Verletzte gegen die Tat keine Vorsicht gebrauchen konnte', als erschwerend und berücksichtigte die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten hingegen als mildernd.

Franz A strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung der Anzahl der Tagessätze an.

Die Berufung ist nicht begründet.

Die vom Erstgericht bestimmte Zahl der Tagessätze entspricht den gegebenen Strafzumessungsgründen, dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschuldensgrad des Angeklagten.

Für eine Herabsetzung der bekämpften Komponente der Geldstrafe besteht - insbesonders unter Berücksichtigung der Tatfolgen - kein Anlaß.

Auch der Berufung des Angeklagten konnte sohin kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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