Spruch:
Franz A hat durch die in den Punkten II. und III. des Urteilssatzes bezeichneten Taten das Vergehen nach § 16 Abs 1 Z 1 und 2, Abs 2 (2. Strafsatz) SuchtgiftG begangen.
Er wird hiefür und für das ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches zu I. des Urteilssatzes zur Last fallendes Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG nach dem ersten Strafsatz dieser Gesetzesstelle unter Anwendung des § 28 StGB und gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. Mai 1981, GZ 35 Vr 1115/81-18 (in Verbindung mit dem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16.9.1981, 35 Vr 2475/81-6) zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von 14 Monaten sowie gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG zu einer (Verfallsersatz-)Geldstrafe von 165.000 S, im Nichteinbringungsfall vier Monate Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 38 StGB wird die Vorhaft vom 29.9.1980, 10 Uhr bis zum 1. Oktober 1980, 12,30 Uhr, auf die ausgesprochenen Strafen angerechnet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz zur Last. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9. Februar 1956 geborene Werkzeugmacher Franz A, geborener B, zu I) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG, zu II) des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG und zu III) des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 1, Abs 2 SuchtgiftG schuldig erkannt, weil er in Innsbruck I) im Jahre 1980 vorsätzlich ein Suchtgift, nämlich mindestens 75 Gramm Heroin, sohin in solchen Mengen in Verkehr setzte, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte;
II) unberechtigt Suchtgifte erwarb und besaß, und zwar 1.) seit Februar 1980 wiederholt (durch Konsum von) Haschisch, 2.) in der Zeit zwischen Mai und Mitte Juli 1980
(durch Erwerb von) ca 1,5 Gramm Heroin (und Verbrauch desselben zusammen mit Marion A);
III) in der Zeit zwischen Mai und Mitte Juni 1980
einer anderen Person ein Suchtgift, zu dessen Bezug diese nicht berechtigt war, überließ, und zwar eine unbestimmte, 1,5 Gramm jedenfalls nicht erreichende Menge Heroin seiner nunmehrigen Gattin Marion A, wobei er als Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hatte, vorsätzlich einer Person, die es noch nicht vollendet hat, den Verbrauch eines Suchtgiftes ermöglichte.
Nur den Schuldspruch zu I) bekämpft er mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe des § 21 Abs 1 Z 4, 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeit nach dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund sieht er dadurch verwirklicht, daß der Verteidiger erst am Tage vor der Hauptverhandlung von seiner Bestellung telefonisch verständigt wurde, sodaß der Angeklagte ihn erstmals unmittelbar vor der Hauptverhandlung sah und in der Vorbereitung seiner Verteidigung behindert war. Der Geltendmachung des angezogenen Nichtigkeitsgrundes steht jedoch von vornherein entgegen, daß der Beschwerdeführer einen auf Vertagung der Hauptverhandlung zur besseren Vorbereitung seiner Verteidigung abzielenden Antrag gar nicht gestellt hat und daher auch ein dem Wesen eines die Verteidigung sichernden Verfahrens widersprechendes Zwischenerkenntnis des Schöffensenates nicht vorliegt. Es ist aber auch keine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO durch Verletzung der Vorschrift des § 221 (Abs 1) StPO in der Hauptverhandlung gegeben, weil die nach dieser Gesetzesstelle eingeräumte Vorbereitungsfrist von drei Tagen - wie der Beschwerdeführer selbst richtig erkennt - dem Angeklagten (und nicht seinem Verteidiger) zur Verfügung stehen muß (Mayerhofer/Rieder, E Nr 8, 9, 35 zu § 221 StPO).
In der Mängelrüge nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO wirft der Beschwerdeführer dem angefochtenen Urteil Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und teilweise sogar Widerspruch mit dem Akteninhalt vor. Sofern mit dem letztgenannten Vorbringen eine Aktenwidrigkeit dargetan werden soll, so ist vorweg zu entgegnen, daß eine solche, dh ein erheblicher Widerspruch zwischen den Angaben der Entscheidungsgründe über den Inhalt einer bei den Akten befindlichen Urkunde oder über eine gerichtliche Aussage und der Urkunde oder dem Vernehmungs- oder Sitzungsprotokoll selbst weder konkret bezeichnet wird noch ersichtlich ist. Auch der Vorwurf einer Undeutlichkeit versagt. Das Urteil läßt vielmehr unzweideutig erkennen, welche entscheidende Tatsachen sowohl auf der objektiven wie auf der subjektiven Tatseite das Gericht als erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen dies geschah. Es stellt nämlich eindeutig fest, daß der Angeklagte 15 bis 20 große Briefchen zu je fünf Gramm (insgesamt mindestens 80 Gramm) Heroin von dem abgesondert abgeurteilten Peter C zu einem zwischen 10.000 S und 15.000 S schwankenden Preis pro Briefchen erwarb und davon mindestens 75 Gramm an einen unbestimmten Personenkreis um insgesamt mindestens 176.000 S veräußerte (S 85 f). Der Schöffensenat stützte sich dabei einerseits auf das Teilgeständnis des Beschwerdeführers im Vorverfahren (S 33 ff) sowie die Angaben des als Zeugen vernommenen Peter C über die Menge des von ihm dem Angeklagten überlassenen Suchtgifts (S 72). Die Feststellung, daß bis auf fünf Gramm, die der Angeklagte teilweise selbst konsumiert hatte, teilweise seiner Ehegattin Marion A überließ (Fakten II) und III) des Urteils), das erhaltene Heroin veräußert wurde, gründete es andererseits darauf, daß der Konsum einer so gewaltigen Menge von Suchtgift durch den Angeklagten in der Zeit von Mai bis September 1980 auszuschließen ist, wobei es sich teilweise auch auf die Angaben der nunmehrigen Ehegattin des Angeklagten, der Zeugin Marion A, stützen konnte, aber auch auf die ungünstige wirtschaftliche Lage des Angeklagten, aus der geschlossen wurde, daß er den an C gezahlten Betrag von mindestens 150.000 S nur durch Verkauf des Suchtgifts aufbringen konnte. Da letztlich auch der Vorwurf einer Unvollständigkeit des Urteils, daß also das Gericht wichtige Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen habe, ebenfalls nicht spezifiziert wird, erweist sich die Mängelrüge als unbegründet und stellt sich insgesamt lediglich als - unzulässiger - Versuch der Bekämpfung der - lebensnah vorgenommenen und ausreichend begründeten - Beweiswürdigung des Schöffensenates dar.
Die Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO strebt Subsumtion der dem Punkt I) des Schuldspruches zugrundeliegenden Tat des Angeklagten (ebenfalls) unter das Vergehen nach § 16 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG an. Sie übersieht aber die wesentliche und nach dem Vorgesagten mängelfrei getroffene Feststellung des Erstgerichtes, daß der Beschwerdeführer eine die sogenannte Grenzmenge, die bei Heroin mit 0,5 Gramm angenommen wird, weit übersteigende Menge von Suchtgift nicht nur erworben und besessen, sondern an einen unbestimmten Personenkreis weitergegeben und damit eine Gemeingefahr für das Leben oder die Gesundheit einer größeren Zahl von Personen herbeigeführt hat.
Dem Schuldspruch zu I) haftet daher auch kein Rechtsirrtum an, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde vermag sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon zu überzeugen, daß das angefochtene Urteil in der rechtlichen Subsumtion der Taten zu II) und III) des Schuldspruches insofern mit einem den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO verwirklichenden Fehler behaftet ist, als dem Angeklagten hiebei das Vergehen nach § 16 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG und davon gesondert das Vergehen nach § 16 Abs 1 Z 1, Abs 2 SuchtgiftG zur Last gelegt wird. Es handelt sich nämlich in Z 1 und 2 des § 16 Abs 1 SuchtgiftG, welche Bestimmungen das Überlassen eines Suchtgiftes an einen anderen (Z 1) und gewisse andere suchtfördernde Handlungen, nämlich das Herstellen, Verarbeiten, Erwerben oder Besitzen eines Suchtgifts (Z 2) mit Strafe bedrohen, um bloße Modifikationen (Deliktsfälle, Spiel- oder Begehungsarten) eines und desselben Deliktstypus. Danach fällt dem Angeklagten lediglich ein Vergehen nach § 16 Abs 1 SuchtgiftG, und zwar nach Z 1 und Z 2, vorliegendenfalls qualifiziert nach Abs 2 (2. Strafsatz) der zitierten Gesetzesstelle, zur Last (ÖJZ-LSK 1977/169 ua). Da der Angeklagte den in der rechtsirrigen Verurteilung wegen zweier Vergehen gelegenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der ihm durch die Heranziehung eines entsprechenden erschwerenden Umstandes auch zum Nachteil gereicht, nicht geltend gemacht hat, ist dieser gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen aufzugreifen und der Schuldspruch entsprechend zu korrigieren.
Das angefochtene Urteil, das im übrigen (Schuldspruch zu I)) unberührt bleibt, war daher aus Anlaß der ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde im Schuldspruch zu II) und III) sowie demgemäß im Strafausspruch gemäß § 290 Abs 1 StPO aufzuheben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 2 StPO in der Sache selbst wie im Spruche zu erkennen. Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, wobei letzteres zweifach qualifiziert ist und auch wiederholt wurde, sowie das beträchtliche Überschreiten der Grenzmenge, nahm hingegen als mildernd das teilweise Geständnis an. Im übrigen war gemäß §§ 31, 40 StGB auf das inzwischen in Rechtskraft erwachsene Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. Mai 1981, GZ 35 Vr 1115/81-18
(auch in Verbindung mit dem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. September 1981, GZ 35 Vr 2475/81 wegen § 16 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG, mit welchem unter Bedachtnahme auf das vorerwähnte Urteil keine Zusatzstrafe verhängt wurde), Bedacht zu nehmen, mit welchem über den Angeklagten wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1, Z 1 und 2, Abs 2 SuchtgiftG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verhängt worden ist.
Trotz der zu erfolgenden Rücksichtnahme auf das erwähnte Urteil lassen die im Ergebnis überwiegenden Erschwerungsgründe ein Strafausmaß in der Dauer von 14 Monaten, wie vom Erstgericht verhängt, als schuldangemessen erscheinen, insbesonders wenn man bedenkt, daß die eigene Süchtigkeit keinen Milderungsgrund darstellt (vgl Leukauf-Steininger RN 29 zu § 34 StGB), die Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO am Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten nichts ändert und der Wegfall des Zusammentreffens eines Verbrechens mit zwei Vergehen anstelle richtig nicht nur einem Vergehen weitgehend dadurch kompensiert wird, daß der Angeklagte sein strafbares Verhalten selbst nach der Urteilsfällung in erster Instanz am 13. Februar 1981 noch fortgesetzt hat und damit eine ausgeprägte gleichgültige Haltung gegenüber gerichtlichen Verfolgungsschritten unter Beweis stellte (vgl hiezu Urteile des Landesgerichtes Innsbruck zu AZ 35 Vr 1115/81-18 und 35 Vr 2475/81). Die ohnedies an der Untergrenze des Strafrahmens orientierte Strafe erweist sich demnach als tat- und tätergerecht, entspricht aber auch zufolge ansteigender Suchtgiftdelinquenz generalpräventiven Erfordernissen.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen, wobei die Vorhaftanrechnung auf alle verhängten Strafen auszudehnen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den bezogenen Gesetzesstellen.
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