Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.Juli 1944 geborene Angestellte Otto A des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und 2, zweiter Fall, StGB. schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, weil er in der Zeit zwischen dem 16.Juni 1971
und dem 8.November 1979 in Allentsteig in wiederholten Zugriffen vorsätzlich Geldbeträge von Sparguthaben in der Gesamthöhe von 9,285.458,16 S, sowie einen weiteren (dem Panzerschrank entnommenen) Betrag von 500.000 S, die ihm als Geschäftsführer der Raiffeisenkasse Thaua-Allentsteig anvertraut waren, sich mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher der Angeklagte mit Beziehung auf den § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. geltend macht, die zugeeigneten Geldbeträge seien ihm nicht anvertraut gewesen, sondern auf Grund Rechtsgeschäftes seiner Verfügungsmacht unterlegen, weshalb die ihm angelasteten Tathandlungen richtigerweise nicht als Veruntreuung, sondern als Untreue gemäß dem § 153 StGB. zu qualifizieren gewesen wären, kommt Berechtigung nicht zu:
Während für das äußere Tatverhalten im Sinn des § 133 StGB. das widerrechtliche Ausnützen faktisch bestehender Verfügungsmöglichkeiten über eine anvertraute Sache durch Zueignung an den Täter (oder einen Dritten) kennzeichnend ist, besteht das Wesen der Untreue im Mißbrauch einer rechtlich eingeräumten Vertretungsmacht, die der Täter als Vertreter eines anderen durch eine seiner Verpflichtung im Innenverhältnis der Vollmacht widerstreitende Rechtshandlung (oder eines solchen Rechtsgeschäftes) begeht (vgl. u.a. ÖJZ-LSK 1976/364, 365). Entscheidend für die Lösung der Frage, ob der Angeklagte den Tatbestand der Veruntreuung oder (bei Vorliegen der Voraussetzungen auf der inneren Tatseite allenfalls) jenen der Untreue zu verantworten hat, ist somit, ob die Überführung der der Raiffeisenkasse Thaua-Allentsteig widerrechtlich entzogenen Geldbeträge in das Vermögen des Angeklagten durch Mißbrauch einer rechtlichen Befugnis oder aber in Ausnützung einer bloß faktischen Zugriffsmöglichkeit geschah.
Wie das Erstgericht richtig erkannte, liegt hier die letztgenannte Fallkonstellation vor. Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen eignete sich der Angeklagte im Deliktszeitraum fortlaufend Geldbeträge aus dem Vermögen der Raiffeisenkasse Thaua-Allentsteig an und verwendete sie für private Zwecke. Zur Verschleierung dieser Malversationen nahm er von verschiedenen Sparkonten Abbuchungen vor (wobei die Auszahlungsbelege jeweils nicht über das Spar-, sondern über das Giroprogramm der Schalterbuchungsmaschine geführt wurden, was zur Folge hatte, daß am Beleg weder ein Anfangs-, noch ein Endsaldo aufschien), verbuchte Spareinlagen lediglich in den betreffenden Sparbüchern, nicht jedoch in den dazu gehörigen Kontoblättern der Spareinleger und führte Umbuchungen von Sparkonten auf das für ihn verfügbare Konto 'Werbeaufwand' und auf sein eigenes Girokonto durch. Ferner führte er zu jeder manipulierten Spareinlage zwei Konten, wobei eines mit dem Sparbuch des Kunden, das andere aber mit der Hauptbuchhaltung und damit mit dem Kassenstand übereinstimmte (vgl. S. 483 f.). Schließlich entnahm er am 8. November 1979 dem Tresor der Raiffeisenkasse einen Bargeldbetrag von 500.000 S, versteckte diesen Betrag bei sich zu Hause und gab ihn noch am selben Tag anläßlich seiner Selbststellung bei der Gendarmerie heraus, nachdem gegen ihn bereits Anzeige erstattet und Haftbefehl erlassen worden war (S. 486 f.).
Die Tathandlungen des Angeklagten bestanden demnach primär in einem Griff in die Kasse des Geldinstitutes, mithin in einer rein faktischen Handlung, durch welche der Raiffeisenkasse Thaua-Allentsteig ein Vermögensnachteil zugefügt wurde. Die weiteren Manipulationen buchhalterischer Art dienten dagegen nur dazu, die Entdeckung der Entziehungshandlungen und des dadurch verursachten Vermögensnachteiles zu verhindern oder wenigstens zu erschweren; sie stellten daher bloße Deckungshandlungen dar, denen ein selbständiger Unrechtsgehalt nicht zukommt.
Unter diesen Voraussetzungen waren die wiederholten Entnahmen von Bargeldbeträgen aus den Beständen der Raiffeisenkasse nicht als rechtsgeschäftliche, sondern bloß als tatsächliche Zueignungshandlungen zu werten, durch die der Tatbestand der Untreue nicht verwirklicht werden konnte. Sie waren vielmehr richtig als Veruntreuung zu beurteilen, weil dem Angeklagten als Geschäftsführer der Raiffeisenkasse der Gewahrsam über die in der Kasse befindlichen und dort einfließenden Gelder unter Auferlegung der Pflicht, diese Gelder zu verwahren - unter Ausschluß eines Mitgewahrsams des Anvertrauenden (vgl. Kienapfel, Besonderer Teil, RN. 26 zu § 133 StGB.;
Nowakowski, Grundzüge, 174) -, eingeräumt, ihm das Geld also anvertraut war und er sich diese Beträge pflichtwidrig zueignete. Die Unterstellung des Tatverhaltens des Angeklagten unter den Tatbestand der Veruntreuung ist sohin frei von Rechtsirrtum, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu verwerfen war. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die hohe Schadenssumme, die Begehung des Deliktes viele Jahre hindurch und die sorgfältige Planung als erschwerend, hingegen das Geständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die teilweise Schadensgutmachung und die (durch Anerkenntnis des Privatbeteiligtenanspruches zum Ausdruck gebrachte) Bereitschaft zur gänzlichen Schadensgutmachung als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Er verweist insbesondere auf das Gewicht der vom Schöffengericht festgestellten Milderungsumstände und vermeint, daß sich die Erschwerungsumstände 'überschneiden', weil die Entstehung der hier zugefügten hohen Schadenssumme innerhalb eines kurzen Deliktszeitraumes gar nicht möglich gewesen wäre.
Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu:
Auf der Basis der vom Schöffengericht richtig und vollständig angenommenen Strafzumessungsgründe und der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Normen (§ 32 StGB.) erachtet der Oberste Gerichtshof die vom Schöffengericht ausgemessene Freiheitsstrafe für angemessen:
Berücksichtigt man, daß der Angeklagte in gehobener Position rund acht Jahre hindurch auf die festgestellte (kriminelle) Weise einen sehr hohen Schaden herbeiführte, kann dem Berufungsbegehren des Angeklagten trotz der hier gegebenen - gewichtigen - Milderungsumstände nicht entsprochen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.
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