OGH 12Os118/81

OGH12Os118/818.9.1981

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Oberhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau als Schöffengericht vom 8.Mai 1981, GZ. 9 Vr 10/80-7, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.Dezember 1928 geborene Spenglermeister Franz A des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144

Abs 1 StGB. schuldig erkannt; ihm liegt laut Urteilsspruch zur Last, am 2.Dezember 1979 in Zitternberg mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, versucht zu haben, Anton B durch die telefonische Mitteilung, wenn er ihm nicht einen Geldbetrag von 2.000 S übergebe, werde er ihn wegen einer tatsächlich nicht stattgefundenen strafbaren Handlung, nämlich wegen Körperverletzung nach § 83

StGB. anzeigen, sohin durch gefährliche Drohung, zu einer Handlung zu nötigen, die den Genannten an seinem Vermögen schädigen sollte. Vom weiteren Anklagevorwurf des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 (erster Fall) StGB.

wurde Franz A rechtskräftig freigesprochen.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 und 9 lit a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. rügt der Beschwerdeführer, daß ausreichende Feststellungen hinsichtlich der subjektiven Tatseite (Bereicherungsvorsatz im Sinne des § 144 StGB.) fehlen.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Nach § 144 StGB. muß sich der Vorsatz des Täters auf Nötigung und darauf erstrecken, sich oder einen anderen durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, wobei dolus eventualis genügt (§ 5 Abs 1 StGB.).

Der Vorsatz muß insbesonders den Umstand erfassen, daß die Tat ein Verhalten des Genötigten bewirkt, das ihn oder einen anderen am Vermögen schädigt. Zum Unterschied zur Nötigung nach § 105 StGB. muß der Vorsatz auch auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtet sein. Unrechtmäßig bereichert sich, wer keinen Rechtsanspruch auf die erstrebte Vermehrung seines faktischen Vermögens hat. Gemäß § 144 Abs 2 StGB. mangelt es an der Rechtswidrigkeit, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet.

Der Rechtswidrigkeitsausschluß erfordert somit einen sachlichen Zusammenhang im Sinn einer Mittel-Zweck-Beziehung zwischen Übel und gefordertem Verhalten (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 10 bis 15 zu § 144 StGB.).

Das Erstgerichtes schloß in der Urteilsbegründung - im Gegensatz zum Wortlaut des Urteilsspruches - die Möglichkeit nicht aus, daß der Angeklagte der Meinung gewesen ist, die Verletzungen seien ihm durch B (und C), wenn nicht ausschließlich so doch als Mitursache zugefügt worden (S. 71, 73 d.A.). Daß der Angeklagte seine Geldforderung nicht juristisch einwandfrei, z.B. als Schmerzengeldanspruch oder als Schadenersatzanspruch qualifizierte, ändert nichts daran, daß ihm dann kein Bereicherungsvorsatz angelastet werden kann, wenn er nur einen (nicht bewußt unangemessenen) Ersatz für den ihm seiner Meinung nach (auch) durch den Bedrohten zugefügten Schaden verlangt. Die Drohung mit einer Anzeige kann auch, wenn damit nur ein - zumindest vermeintlicher -

Schadenersatzanspruch durchgesetzt werden soll, nicht schlechthin als rechtswidrig angesehen und die Mittel-Zweck-Beziehung zwischen einer solchen Drohung und der angestrebten Leistung nicht ohneweiters verneint werden (siehe Leukauf-Steininger a. a.O. RN. 14 u. 15 zu § 105

StGB.).

Eindeutige - und ausreichend begründete - Feststellungen, daß der Angeklagte zumindestens in Kenntnis der (objektiven) Rechtswidrigkeit seiner Forderung, und ohne daß ihm in diesem Zusammenhang ein Irrtum im Sinne des § 8 StGB. unterlief, handelte, fehlen jedoch.

Schon aus diesen Erwägungen war somit wegen Feststellungsmängel der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO.) - gemäß § 285 e StPO. in einer nichtöffentlichen Beratung - Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren geltend gemachten Nichtigkeitsgründe bedarf.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte