Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen wurde der am 23.Oktober 1957 geborene Automechaniker Zdravko A (A) des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 StGB. und (B) des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs 1 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien A. mit Gewalt anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1. am 16.Jänner 1981 in Gesellschaft des Raubgenossen Christian B dadurch, daß er dem Ernst C zwei Faustschläge gegen den Bauch versetzte und er und Christian B dem flüchtenden Ernst C nachliefen, wobei ihm Christian B ein Bein stellte und ihn hiedurch zu Fall brachte, dem Ernst C eine Geldbärse im Wert von 450 S mit einer Barschaft von ca. 38 S;
2. am 18.Jänner 1981 dadurch, daß er Josef D ein Messer anhielt, ihn dabei aufforderte, mit ihm in einen Park zu kommen und sich bei einem Baum niederzusetzen, wo er D das Messer am Hals ansetzte und ihn aufforderte, ihm seinen goldenen Siegelring, seine Uhr und sein Geld zu geben, widrigensfalls er ihn abstechen werde, und ihm sodann die Handtasche abnahm, aus der er ein Schreibzeug und ein Gasfeuerzeug zu sich steckte, dem Josef D (insgesamt) einen goldenen Siegelring, eine Uhr, einen Barbetrag von ca. 40 S, einen goldfarbenen Kugelschreiber, eine goldfarbene Füllfeder und ein goldfarbenes Gasfeuerzeug;
B. am 18.Jänner 1981 Josef D durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, die ihn am Vermögen schädigt, mit dem Vorsatz zu nötigen versucht, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, indem er Josef D unter Anhalten eines Messers aufforderte, mit ihm zu dessen Wohnung zu gehen, um aus dieser Schmuck und Geld zu holen und ihm zu übergeben.
Die Geschwornen hatten jeweils einstimmig die Hauptfragen 1 und 2 (wie oben A 1 und A 2) bejaht. Hingegen wurde die anklagekonform auf Raubversuch an Josef D (durch Abnötigen von Schmuck und Geld) lautende Hauptfrage 3 verneint und die für diesen Fall gestellte Eventualfrage 4 auf versuchte Erpressung (wie oben B) bejaht. Die sonach ergangenen Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO.
gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Er rügt zunächst das Unterbleiben weiterer Eventualfragen, und zwar
im Fall C wegen (allenfalls nach § 128 Abs 1 Z. 1 StGB. qualifizierten) Vergehens des Diebstahls (Wegnahme des Barbetrags und der Geldbärse 'ohne Gewaltanwendung'). Im Fall des Josef D hinwiederum fehle es an einer imminenten, von D ernst genommenen Raubdrohung, weshalb nach Meinung des Beschwerdeführers als Alternative zu den Hauptfragen 2 und 3 eine Eventualfrage auf vollendete Erpressung zu stellen gewesen wäre. Schließlich reklamiert der Beschwerdeführer eine Zusatzfrage in der Richtung seines freiwilligen Rücktritts vom Erpressungsversuch, bezogen auf die bejahte Eventualfrage 4.
Rechtliche Beurteilung
Eine Unrichtigkeit der zum Faktum D erteilten Rechtsbelehrung erblickt der Beschwerdeführer darin, daß dort nicht die von ihm behauptete rechtliche Unmöglichkeit, eine und dieselbe Tat zum Teil als Raub (bejahte Hauptfrage 2) und zum Teil als versuchte Erpressung (bejahte Eventualfrage 4) zu qualifizieren, erörtert worden sei. Der Beschwerdeführer vermeint, das Tatgeschehen im Fall D wäre ingesamt und einheitlich als vollendete Erpressung zu beurteilen. Der Sache nach wird damit zu A 2
und B des Urteilssatzes neben dem Nichtigkeitsgrund der Z. 8 auch derjenige der Z. 12 des § 345 Abs 1 StPO. (Subsumtionsirrtum des Schwurgerichtshofs) geltend gemacht.
Das Beschwerdevorbringen zur Z. 6 des § 345 Abs 1
StPO. widerspricht der eigenen Verantwortung des Angeklagten, aber auch den übrigen Verfahrensergebnissen: A hat sich nämlich zu Beginn der Hauptverhandlung uneingeschränkt im Sinn der Anklage schuldig bekannt (S. 137).
Auch auf Grund seiner Verantwortung zur Anschuldigung, C beraubt zu haben, ergibt sich kein Anhaltspunkt für die nunmehr in der Nichtigkeitsbeschwerde vorgebrachte Version, wonach die Wegnahme der Geldbärse samt Inhalt nicht im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der vom Angeklagten und B gegen C zwecks Bemächtigung des Bargelds gesetzten Gewalttätigkeiten (Faustschläge und Beinstellen) gestanden sei (S. 140, 141; vgl. S. 19
und 80, ferner die Angaben des B S. 145 ff. und des C S. 143 f. in der Hauptverhandlung). Für die nunmehr behauptete Aufspaltung des Geschehens in Tätlichkeiten des Angeklagten und des B gegen C sowie in einen nachfolgenden (Bedrängnis-) Diebstahl hinsichtlich Geldbärse und Inhalt wurden in keiner Phase des erstinstanzlichen Verfahrens Tatsachen vorgebracht, die gemäß § 314 Abs 1 StPO. Anlaß zur Stellung einer Eventualfrage in dieser Richtung hätten geben können.
Im Fall D ist die Behauptung des Beschwerdeführers, nach der Zeugenaussage des D habe dieser das Vorzeigen des Messers seitens des Angeklagten nicht (als Raubdrohung) ernst genommen, woraus sich nach Ansicht des Rechtsmittelwerbers die mangelnde Imminenz der Drohung ergeben könnte, aktenwidrig. Gerade das Gegenteil wurde nämlich von D zeugenschaftlich bekundet (S. 148, 149):
Die von ihm erwähnte und in der Nichtigkeitsbeschwerde angeführte 'Kurzschlußhandlung' bezog sich nicht, wie der Beschwerdeführer unterstellt, auf die Bemächtigung der Barschaft und der Sachen mittels Vorhaltens und Ansetzens des Messers (S. 149 unten), sondern auf die Forderung des Angeklagten, daß D am nächsten Tag vom Sparbuch seines Vaters Geld abheben solle, mithin auf die Art und Weise der Geldbeschaffung zur Erfüllung der nach dem Raub zusätzlich gestellten Geldforderungen des Beschwerdeführers. Für eine Eventualfrage nach Erpressung als Alternative zur Hauptfrage 2 bestand darnach nicht der geringste Anlaß.
Aber auch in der Richtung eines freiwilligen Rücktritts des Angeklagten vom Erpressungsversuch an D (Eventualfrage 4) sind keine Tatsachen vorgebracht worden, welche die Stellung einer Zusatzfrage indizierten.
Schon vor der Polizei gab der Nichtigkeitswerber an, sich nur deshalb vom Wohnhaus des D entfernt zu haben, weil er befürchtet habe, daß 'sich D Hilfe beschaffen könnte' (S. 22). In der Hauptverhandlung präzisierte der Angeklagte seine gegenüber D geäußerten Drohungen dahin, daß D, falls er nicht aus seinem Wohnhaus mit dem Geld herauskomme, von den Freunden des Beschwerdeführers umgebracht werde (S. 137, 138 oben). Unter diesen Umständen kommt aber der in der Nichtigkeitsbeschwerde ins Treffen geführten Tatsache, daß sich der Angeklagte alsbald vom Wohnhaus des D entfernt und nicht darauf gewartet hat, daß ihm D Schmuck oder Geld herausbringe, keineswegs die Bedeutung einer freiwilligen Abstandnahme von der Tatausführung zu.
Die behaupteten Mängel der Fragestellung sind daher nicht gegeben. In der Rechtsbelehrung wird hinsichtlich der auf versuchte Erpressung gerichteten Eventualfrage 4 zutreffend (siehe Kienapfel, BT. II, RZ 100 zu § 144 StGB.) darauf hingewiesen, daß bei der Wegnahme bzw. Abnötigung einer präsenten Sache mit Gewalt oder Drohung für Leib und Leben nicht Erpressung, sondern Raub vorliegt. Daraus konnten die Geschwornen ohne weitere Erläuterung entnehmen, daß Erpressung gegeben ist, wenn nicht die unverzügliche, sondern die künftige Herausgabe einer Sache erzwungen werden soll. In der Rechtsbelehrung auf die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage einzugehen, ob dann, wenn dem Opfer uno actu mittels Drohungen sowohl präsente Sachen weggenommen werden, als auch die Herausgabe weiterer Sachen in der Zukunft erzwungen werden soll, insgesamt nur vollendete Erpressung anzunehmen wäre, bestand kein Grund, weil eine solche Konstellation im Fall D nicht hervorgekommen ist, vielmehr Raub und Erpressung zeitlich getrennte Tathandlungen waren. Die Subsumtion der durch Bejahung der Hauptfrage 2
und der Eventualfrage, bei Verneinung der Hauptfrage 3, wahrspruchmäßig festgestellten Sachverhalts unter die Verbrechenstatbestände des schweren Raubs nach §§ 142 Abs 1, 143 StGB. und (in Realkonkurrenz) der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB. ist sonach frei von Rechtsirrtum (§ 345 Abs 1 Z. 12 StPO.). Damit war die Nichtigkeitsbeschwerde schlußendlich zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte Zdravko A nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. zu einer (Zusatz-) Freiheitsstrafe von sechs Jahren, bei deren Bemessung die Wiederholung des Verbrechens des Raubes, das Zusammentreffen von Delikten verschiedener Art und die besondere Verwerflichkeit des Vorgehens gegen Ernst C infolge der Ausnützung von dessen klar erkennbaren und erkannten geistigen Behinderung erschwerend, hingegen das Geständnis des Angeklagten, der Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, die Unbescholtenheit und die teilweise Schadensgutmachung mildernd waren.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung an. Die Berufung ist nicht berechtigt.
Der Berufungswerber zeigt nichts auf, was eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe rechtfertigen könnte: Das Anerbieten des Josef D zu homosexuellen Kontakten ist doch noch keine besonders verlockende Gelegenheit zum Raub (§ 34 Z. 9 StGB.). Davon, daß der Angeklagte das Raubfaktum A 1 unter einer (maßgebenden) Einwirkung des Raubgenossen B begangen oder aus Furcht vor diesem oder aus Gehorsam gegenüber B verübt hat (§ 34 Z. 4 StGB.), kann nach den Verfahrensergebnissen keine Rede sein (siehe die Verantwortung des Berufungswerbers in der Hauptverhandlung Seite 140 Mitte). Der nicht übermäßig hohe Wert der Beute wird durch die Wiederholung der Raubtaten, deren Zusammentreffen mit einer versuchten Erpressung und das Vorgehen gegenüber dem geistig behinderten Ernst C mehr als aufgewogen. Schließlich hat der Angeklagte vor Gericht eine nennenswerte Beeinträchtigung infolge eines Rauschzustands nicht behauptet.
Bei einer gemeinsamen Aburteilung der gegenständlichen strafbaren Handlungen mit dem am 25.Jänner 1981
begangenen Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z. 1 StGB. (Eröffnung der Bauchhähle und der Brusthähle: Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Februar 1981, 6 f E Vr 899/81-9, ein Jahr Freiheitsstrafe bedingt) wäre nach der Überzeugung des Obersten Gerichtshofs eine Strafe von insgesamt sieben Jahren der Schuld des nun bereits vierfach als solcher in Erscheinung getretenen Gewalttäters und dem Unrechtsgehalt der Taten gerecht geworden. Es bestand daher auch unter dem Gesichtspunkt des § 40 StGB.
für eine Strafminderung kein Anlaß.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)