Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, dem Angeklagten A sei der strafsatzerhöhende Umstand der Vortat, nämlich die Begehung des Diebstahls durch Einbruch und der 100.000 S übersteigende Wert der gestohlenen und verhehlten Sachen bekannt gewesen, ferner in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung der dem Angeklagten zur Last fallenden Tat als Verbrechen (der Hehlerei) nach § 164 Abs 3, erster und dritter Fall StGB. sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte A und die Staatsanwaltschaft, soweit sich die Berufung auf diesen Angeklagten bezieht, auf diese Entscheidung verwiesen.
Die Akten werden zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend den Angeklagten Helmuth B dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Februar 1923 geborene beschäftigungslose Kunce Nikolov A und der am 7.Juli 1939 geborene Altwarenhändler Helmuth B des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 2, Abs 3
erster und dritter Fall, StGB. schuldig gesprochen. Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes erbeuteten die abgesondert verfolgten Ognyan C und Nikolai Ivanov D bei einem Einbruch in die Villa des Dkfm. Wilhelm E in Wien Bilder, Miniaturen und Wandteppiche im Werte von vielen hunderttausend Schilling. C befragte seinen Bekannten, den Angeklagten A, ob er ihm bei der Verwertung der Beute helfen könne. Über Vermittlung des A begab sich dieser mit C zum Angeklagten Helmuth B, der im 2. Bezirk einen Altwarenhandel führt. Sie boten B 15 Bilder im Werte von über 300.000 S an, die B um 50.000 S kaufte. Sie ließen dann noch einen Koffer, in dem sich weitere Diebsbeute befand, vorläufig im Geschäft des B zurück und brachten am Abend des Tages weitere 4 Bilder und 2 Wandteppiche und verkauften sie an B um zusammen 35.000 S. Die 19 von B erworbenen Bilder repräsentieren einen Wert von ca. 380.000 S, die beiden Wandteppiche stellen ebenfalls wertvolle alte Stücke dar. B war aus dem Wert der Bilder, der Art des Transportes und Verkaufes und auch aus der Person des ihm bekannten A klar, daß es sich um gestohlenes Gut handeln mußte. A wußte von Anfang an, daß die Bilder und Teppiche aus einem Diebstahl stammen, die Kenntnis, daß es sich aber um einen Einbruchsdiebstahl handelte, konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Im Hinblick auf den ihm bekannten Wert der Gegenstände und der Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB. (nach dem Wortlaut des Urteilsspruches auch wegen Kenntnis der Einbruchsqualifikation wurde er jedoch auch nach § 164 Abs 3, erster und dritter Fall, StGB. schuldig gesprochen. Dieses Urteil wird vom Angeklagten A mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft, die sich jedoch nur gegen die Qualifikation nach § 164 Abs 3 StGB. richtet. Der Strafausspruch wird von diesem Angeklagten mit Berufung angefochten. Die Staatsanwaltschaft bekämpft mit ihrer Berufung den Strafausspruch, beide Angeklagte betreffend.
Als undeutlich und unvollständig begründet rügt der Beschwerdeführer die Urteilsannahme, ihm sei der Wert der Gegenstände bekannt gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.
Das Schöffengericht hat lediglich beim Angeklagten B ausreichend erörtert, warum er zur Überzeugung kam, daß dieser Angeklagte den Wert der verhehlten Gegenstände kannte (S. 278 d.A.). Für die Feststellung aber, daß auch dem Angeklagten A der Wert der Gegenstände bekannt war (S. 275 und 280 d.A.; dolus eventualis genügt; ÖJZ-LSK
1978/152, 1978/338), gibt das Erstgericht überhaupt keine Begründung.
Dieser Begründungsmangel betrifft einen für die Qualifikation der Hehlerei als das Verbrechen nach § 164 Abs 3
StGB. entscheidenden Umstand.
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben, das angefochtene Urteil im Ausspruch, daß der Wert der gestohlenen und verhehlten Sachen 100.000 S übersteigt, und in der rechtlichen Unterstellung der Tat als das Verbrechen der Verhehlung nach § 164 Abs 3 StGB., und somit auch im Strafausspruch hinsichtlich Kunce Nikolov A aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückzuverweisen. Im neuen Rechtsgang wird zu beachten sein, daß zwischen dem ersten und dritten Deliktsfall des § 164 Abs 3
StGB. Gesetzeskonkurrenz besteht, wenn der Wert der verhehlten Sache 100.000 S übersteigt, und die Sache aus einer Vortat stammt, für die (nur) infolge des Wertes der gestohlenen Sache eine 5 Jahre erreichende oder übersteigende Strafdrohung vorgesehen ist; in diesem Fall wird der dritte Deliktsfall durch den ersten Deliktsfall konsumiert, d.h. der höhere Schaden darf dem Täter nicht noch einmal nach der dritten Alternative des § 164 Abs 3
StGB. angelastet werden (Leukauf-Steininger RN. 34 und 35 zu § 164 StGB., EvBl. 1978/153).
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte A und die Staatsanwaltschaft, soweit sich die Berufung auf A bezieht, auf diese Entscheidung zu verweisen.
Eine aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde vorgenommene Überprüfung der Akten ergab keinen hinreichenden Anlaß zu einem amtswegigen Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO.
in Richtung der dem Mitangeklagten Helmuth B zur Last liegenden Verfehlungshandlungen auch unter § 164 Abs 3
3. Anwendungsfall StGB., weil die vom Erstgericht angewendete Strafbestimmung des § 164 Abs 3 StGB. angesichts des Vorliegens der dem 1. Deliktsfall des § 164 Abs 3
StGB. zu subsumierenden Wertqualifikation (Wert der verhehlten Sachen über 100.000 S; diese Feststellung wurde in Bezug auf B auch mängelfrei begründet), auch bei Wegfall der Qualifikation im Sinne des 3. Deliktsfalls dieser Gesetzesstelle weiterhin beim Angeklagten B zur Anwendung kommt und das Erstgericht bei der Strafbemessung auch nicht etwa die zweifache Erfüllung der Voraussetzungen des § 164 Abs 3 StGB. als Erschwerungsumstand gewertet hat. In sinngemäßer Anwendung des (durch § 219 StPO. bloß in erster Instanz in seiner Anwendbarkeit begrenzten) § 58 StPO. waren die Akten zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend den Angeklagten B an das zuständige Oberlandesgericht Wien abzugeben (EvBl. 1980/151).
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