Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Riaz Mohammed Ahmed B wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich dieses Angeklagten aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen; mit seiner Berufung wird der genannte Angeklagte darauf verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ali Reza A wird zurückgewiesen; zur Entscheidung über seine Berufung wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde (unter anderem) Riaz Mohammed Ahmed B des Verbrechens nach § 12 Abs 1
SuchtgiftG. in der Erscheinungsform des Versuchs gemäß § 15 StGB. schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er am 25. Dezember 1980 in Wien vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider (von Ali Reza A aus der Schweiz eingeführte) 120 Gramm Heroin, also Suchtgift in einer solchen Menge, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, in Verkehr zu ersetzen suchte, indem er gemeinsam mit dem - (auch) deswegen zugleich verurteilten - Mitangeklagten A in seiner Wohnung (durch das Einlagern des Suchtgifts und das Bereitstellen einer Suchtgiftwaage zu dessen Portionierung zwecks weiteren Vertriebes) Anstalten traf, es (ebenfalls gemeinsam mit A auch selbst) in Verkehr zu bringen.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des genannten Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt insoweit Berechtigung zu, als er jene Feststellungen, nach denen er selbst (auch) beim Vertrieb des Suchtgifts mitzuwirken plante, als nur offenbar unzureichend begründet rügt.
Denn bei dem beweiswürdigenden Argument für die bekämpfte Konstatierung, daß ihm 'offenbar' die hiesige Suchtgiftszene, an die er durch seine Kenntnisse als Zeitungsverkäufer und Koch leicht habe herankommen können, bekannt gewesen sei, sodaß A und er 'offenbar' eine dahingehende Vereinbarung getroffen hätten (S. 205), handelt es sich, wie schon durch die zweimalige, jeweils ungerechtfertigte Verwendung des Wortes 'offenbar' deutlich wird (vgl. Mayerhofer/Rieder II/2, E. Nr. 116 zu § 281 Z. 5 StPO.), augenscheinlich um eine weder auf konkrete Verfahrensergebnisse gestützte noch durch allgemeine Lebenserfahrung (allein) gedeckte und darum rein willkürliche Annahme des Schöffengerichts; eine derartige Sachverhaltsermittlung ist auch nach den Grundsätzen einer freien Beweiswürdigung (S. 206), bei der die Richter ihre Überzeugung zwar nicht nach gesetzlichen Beweisregeln, aber doch aus der (gewissenhaften) Prüfung von (sämtlichen für und wider den Angeklagten vorgebrachten) Beweismitteln zu bilden haben (§ 258 Abs 2 StPO.), nicht zulässig (vgl. Mayerhofer/Rieder, a.a.0., E. Nr. 135, 137). Aus den vom Erstgericht in diesem Zusammenhang sonst noch angestellten (und mit der Mängelrüge gleichfalls angefochtenen) Überlegungen (S. 205 f.) jedoch mag wohl (mängelfrei) die Annahme abzuleiten sein, daß der Beschwerdeführer zu dem von A (als unmittelbarem Täter) unternommenen Versuch des In-Verkehr-Setzens von Suchtgift - das ist die Übertragung der Verfügungsgewalt daran an einen anderen mit dem Ergebnis, daß es ohne weiteres Zutun des Täters von Hand zu Hand wandern kann (SSt 48/46 u. a.) - dadurch einen (sonstigen) Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall StGB.) leistete, daß er ihm die Einlagerung des Heroins in seiner Wohnung gestattete und ihn damit (sowie allenfalls auch sonst noch) bei dessen Portionieren zum Zweck des weiteren Vertriebes unterstützen wollte; eine Schlußfolgerung darauf, daß er diesen Vertrieb als solchen ebenfalls selbst gemeinsam mit A besorgen wollte, lassen sie dagegen nicht zu.
Der aufgezeigte Begründungsmangel betrifft die Feststellung des konkreten Tatbeitrags des Beschwerdeführers in tatsachenmäßiger Beziehung (§ 260 Abs 1 Z. 1 StPO.) mit der Konsequenz, daß diese Beteiligung bei einer Gestaltung entsprechend den Urteilsfeststellungen als Versuch unmittelbarer Täterschaft (§ 15 StGB. i. V.m. § 12 Abs 1 SuchtgiftG.), entsprechend der Zielrichtung der (bezüglichen) Beschwerdeeinwände aber als (sonstiger) Tatbeitrag zum Versuch (§§ 12 dritter Fall, 15 StGB. i.V.m. § 12 Abs 1 SuchtgiftG.) zu beurteilen und zu würdigen wäre. Eben deshalb tangiert er - analog zur tatsachenmäßigen Relevanz der Täterschaftsformen im geschwornengerichtlichen Verfahren, in Ansehung deren das Gesetz (§ 314 StPO.) dem Täter ausdrücklich den Anspruch vermittelt, nur jenes Verhaltens schuldig erkannt zu werden, welches er wirklich gesetzt hat - den Ausspruch über eine für die Identität des Tat-Sachverhalts in bezug auf die Täterschaftsform maßgebende und darum (vgl. abermals § 314 StPO.) entscheidende Tatsache im Sinn des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO.; dementsprechend setzt ja - wie des Zusammenhangs wegen klargestellt sei - die Annahme einer (bloß) rechtlichen Irrelevanz einer insoweit unrichtigen Subsumtion (§ 281 Abs 1 Z. 10 StPO.) ein mängelfrei (oder doch unbekämpft) feststehendes und zur Beurteilung ausreichendes Tatsachen-Substrat voraus (vgl. JBl 1981, 108; 1979, 663; ÖJZ-LSK 1979/116;
Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 57 - 59 zu § 12; Kienapfel in StPdG VII, 73-75, insb. Anm. 65).
Da demnach hinsichtlich des Angeklagten B eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich ist, war in diesem Umfang nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO.), ohne daß es einer Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens bedarf. Der Angeklagte A, der mit dem angefochtenen Urteil des teils vollendeten und teils (ebenfalls) in der Erscheinungsform des Versuchs gemäß § 15 StGB. begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. schuldig erkannt wurde, hat dagegen zwar gleichfalls (rechtzeitig) die Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet, jedoch weder dabei noch in einer (fristgerechten) Ausführung dieses Rechtsmittels einen der im Gesetz angegebenen Nichtigkeitsgründe bezeichnet, sodaß letzteres in der nichtöffentlichen Sitzung sofort zurückzuweisen war (§§ 285 d Abs 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO.).
Da dies bereits Aufgabe des Erstgerichts gewesen wäre und die für
die Zuständigkeitsregelung in § 296 Abs 1 StPO. maßgebende ratio legis in bezug auf die Berufung des Angeklagten A wegen der vollständigen Erledigung der Rechtsmittel des Angeklagten B schon bei der nichtöffentlichen Beratung nicht wirksam wird, weil über jene Berufung nur nach einem ausschließlich darüber anzuordnenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung gesondert entschieden werden könnte, war insofern das weitere Rechtsmittelverfahren in sinngemäßer Anwendung teils des § 285 b Abs6 StPO. und teils des (durch § 219 StPO. bloß in erster Instanz in seiner Anwendbarkeit begrenzten) § 58 StPO. an das abgesehen vom Zusammentreffen zuständige Oberlandesgericht Wien abzugeben (vgl. EvBl 1980/151).
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