OGH 9Os46/81

OGH9Os46/8116.6.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juni 1981 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie der Richteramtsanwärterin Dr. Reissig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef Ernst A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 2. Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 19. Jänner 1981, GZ 23 Vr 771/80-40, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, nach Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, und der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Oehlzand zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung des im Schuldspruch umschriebenen Sachverhaltes als Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall und 15 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch sowie in den Aussprüchen über die Anrechnung der Vorhaft und über die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter nach § 23 StGB aufgehoben und im Umfang dieser Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

'Josef Ernst A hat durch das im unberührt gebliebenen Schuldspruch umschriebene Verhalten das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB begangen und wird hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Jahren verurteilt.

Gemäß § 38 Abs 1 StGB wird die erlittene Vorhaft vom 1. April 1980, 19,25 Uhr, bis 19. Jänner 1981, 16,45 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Gemäß § 23 StGB wird die Unterbringung des Josef Ernst A in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.'

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18. Februar 1931 geborene Gelegenheitsarbeiter Josef Ernst A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147

Abs 3, 148 erster Fall und 15 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit von Ende Jänner 1980 bis 1. April 1980 in Linz in mehreren Angriffen mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, die Anna B durch Täuschung über Tatsachen, nämlich seine Rückzahlungswilligkeit, zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung von Darlehen über den Gesamtbetrag von S 108.500,-- verleitete und zur Gewährung eines weiteren Darlehens von S 40.000,-- zu verleiten versuchte, welche die Genannte am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten, wobei er durch die Tat einen S 100.000,-- übersteigenden Schaden herbeiführte und die Angriffe in der Absicht beging, sich durch deren wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft Linz mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10

des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in deren Ausführung sie bemängelt, daß das Erstgericht das inkriminierte Verhalten des Angeklagten bloß der Qualifikation des § 148 erster Fall StGB unterstellte, nicht aber jener des zweiten Falles dieser Gesetzesstelle.

Ihr kommt Berechtigung zu.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes übergab Anna B dem Angeklagten auf Grund dessen immer von neuem unter verschiedenen Vorwänden gestellten Darlehensforderungen zunächst eine Summe von S 20.000,-- in Teilbeträgen, deren einzelne Höhe nicht mehr festgestellt werden kann, und dann weitere Darlehen von S 6.500,--, S 10.000,--, S 5.000,--, S 10.000,--, S 12.000,--, S 10.000,--, S 10.000,-- und S 25.000,--, insgesamt also S 108.500,--. Als er gegen Ende März 1980 neuerlich bei ihr erschien und ihr ein weiteres Darlehen von S 40.000,--

herauszulocken versuchte, wurde er auf Grund einer inzwischen vom Sohn der Geschädigten - der seinerseits durch den Bewährungshelfer des Angeklagten über die Vorgänge unterrichtet worden war - bei der Polizei erstatteten Anzeige verhaftet (S 201 bis 203). Ungeachtet des Umstandes, daß demnach alle vom Angeklagten gesetzten Betrugshandlungen - ausgenommen die Herauslockung der ersterwähnten insgesamt S 20.000,--, hinsichtlich welcher nicht geklärt werden konnte, in wie hohen Teilbeträgen sie erfolgte, und jene des weiteren Darlehensbetrages von S 5.000,-- - schon jeweils für sich allein schwere Betrugshandlungen im Sinne des § 147 Abs 2 StGB darstellten, hat das Erstgericht in subjektiver Hinsicht als erwiesen angenommen, daß die nach dem Urteilsspruch bestandene Absicht des Angeklagten, sich durch die wiederholte (richtig: wiederkehrende) Begehung der betrügerischen Angriffe eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB) erst bei den ab dem 20. März 1980 erfolgten Geldübergaben - es handelt sich demnach nach der im Urteil als Feststellungsgrundlage bezogenen (S 206) Seite 13 des Aktes um die Darlehenszuzählungen vom 20. März 1980 (S 12.000,--), 25. März 1980 (S 10.000,--) und 28. März 1980 (S 10.000,--), ferner um die Ende März 1980 versuchte Herauslockung von S 40.000,-- - auch die Absicht einschloß, bei den einzelnen Betrugshandlungen Beträge in der Höhe von jeweils über S 5.000,-- zu erlangen.

Ersichtlich ausgehend von der Rechtsmeinung, bei Vorliegen einer Mehrzahl von Betrugshandlungen setze die Anwendung des § 148 zweiter Fall StGB voraus, daß alle (unter den in § 70 StGB umschriebenen subjektiven Aspekten begangenen) Einzeltaten zumindest vom bedingten Vorsatz des Täters getragen sein müssen, jeweils einen S 5.000,-- übersteigenden Schaden zu verursachen - was hier nicht zutreffe - beurteilte das Erstgericht das von ihm festgestellte deliktische Verhalten des Angeklagten bloß als Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB.

Diese Auffassung ist rechtsirrig.

Die Anwendung des § 148 zweiter Fall StGB setzt nach dem klaren Wortlaut dieser Gesetzesstelle bloß voraus, daß jemand (zumindest) einen schweren Betrug in der Absicht begeht, sich durch dessen wiederkehrende Begehung - also durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen (§ 147 StGB) - eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Da nach den getroffenen Feststellungen der Angeklagte jedenfalls in der Zeit zwischen 20. März 1980 und dem Ende dieses Monates in objektiver Hinsicht nicht bloß einen, sondern sogar mehrere schwere, nämlich jeweils für sich allein nach § 147 Abs 2 StGB qualifizierte, Betrugshandlungen setzte und ab dem erstgenannten Zeitpunkt auch seine Absicht der gewerbsmäßigen Tatverübung auf die Begehung schwerer Betrügereien im Sinne des § 147 Abs 2

StGB gerichtet war, sind alle im Gesetz umschriebenen Voraussetzungen für die Beurteilung des inkriminierten Sachverhaltes als Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB gegeben. Ob daneben auch noch Betrugshandlungen verübt wurden, bei denen der Schaden im Einzelfall S 5.000,-- nicht überschritt, bzw bei denen dies zwar der Fall war, die Absicht des Angeklagten aber (noch) nicht auf die wiederkehrende Begehung solcher Betrügereien gerichtet war, ist in diesem Zusammenhang, entsprechend dem Erfordernis einer einheitlichen rechtlichen Beurteilung aller gemäß dem § 56 Abs 1 StPO gemeinsam abgeurteilten Taten, belanglos (vgl zur parallel gelagerten Bestimmung des § 130 StGB 9 Os 144/77 sowie Leukauf-Steininger, Komm2, RN 15 zu § 130, S 889).

Aus den angeführten Gründen war der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben und in Ansehung des Schuldspruches wie aus dem Spruch ersichtlich vorzugehen.

Bei der sohin erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wurden - im wesentlichen - die im Ersturteil angeführten Strafzumessungsgründe übernommen. Erschwerend waren sohin die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, der überaus rasche Rückfall und der Umstand, daß der Angeklagte rücksichtslos das Alter und die Leichtgläubigkeit einer Person nutzte, die er schon einmal um ihre Ersparnisse gebracht hatte. Als mildernd wurde hingegen angenommen, daß es in einem Fall bloß beim Versuch geblieben ist. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen - von denen (wegen der Annahme der Gewerbsmäßigkeit) die Vorstrafen und der Rückfall nicht besonders schwer wiegen - erachtete auch der Oberste Gerichtshof die schon vom Erstgericht verhängte Strafe als schuldangemessen, zumal sie auch dem Unrechtsgehalt der vom Angeklagten verübten Taten entspricht.

Im Hinblick auf das bisherige kriminelle Vorleben des Angeklagten und dessen vom Sachverständigen Dr. C bekundeten Hang zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen (Betrügereien) war unter Berücksichtigung der sonst vom Erstgericht hiezu mängelfrei getroffenen Feststellungen auch die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt gemäß § 23 StGB anzuordnen.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft gründet sich auf § 38 StGB; die übrigen Entscheidungen sind in den bezogenen Gesetzesstellen begründet.

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