Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard B wird verworfen.
Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs 1 StPO. das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen der Angeklagten Hannelore A (Punkt II/1) und des Angeklagten Gerhard B (Punkt II/2) wegen des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 Abs 1 StGB. sowie demzufolge in den Strafaussprüchen (ausschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:
Die Angeklagten Hannelore A und Gerhard B werden von der Anklage, sie haben, und zwar 1. Hannelore A am 17.Oktober 1980 der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Hietzing, die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich das Vergehen des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB., dadurch wissentlich vorgetäuscht, daß sie eine Anzeige des Inhaltes erstattete, ein unbekannter Täter habe ihr, während sie auf dem Weg zur Bank an einer Straßenkreuzung auf das Freizeichen der Verkehrsampel wartete, zwei Nylonsäckchen, in denen sich 79.000
S Bargeld und Schecks im Wert von 3.620 S befanden, weggenommen, und
2. Gerhard B etwa am 13.Oktober 1980 Hannelore A zu der unter Punkt 1. angeführten strafbaren Handlung aufgefordert und sie hiedurch dazu bestimmt, und sie haben hiedurch das Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 Abs 1 StGB., Gerhard B als Bestimmungstäter nach dem zweiten Fall des § 12 StGB., begangen, gemäß dem § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen. Für das ihnen nach dem unberührt bleibenden Teil des Urteils weiterhin zur Last liegende Vergehen des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, Hannelore A auch Z. 3, 128 Abs 1 Z. 4 StGB. werden die Angeklagten gemäß dem § 128 Abs 1 StGB. wie folgt verurteilt:
Hannelore A zu einer Freiheitsstrafe von 9 (neun) Monaten, Gerhard B, unter Anwendung des § 39 StGB., zu einer Freiheitsstrafe von 3 1/2 (dreieinhalb) Jahren.
Gemäß dem § 43 Abs 1 StGB. wird Hannelore A die Strafe für eine Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft des Angeklagten Gerhard B nach dem § 38 StGB. wird aus dem Ersturteil übernommen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Gerhard B auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO. hat dieser Angeklagte auch die von ihm verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Hannelore A und Gerhard B des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, Hannelore A auch nach dem § 127 Abs 2 Z. 3 StGB., sowie des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 Abs 1 StGB., Gerhard B als Bestimmungstäter im Sinn des zweiten Falls des § 12 StGB., schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.
Den Urteilsannahmen zufolge eigneten sich die beiden Angeklagten am 17. Oktober 1980 in Gesellschaft als Beteiligte einen Geldbetrag von 80.201,80 S und Schecks über insgesamt 3.620 S, welche von Hannelore A im Auftrag ihres Dienstgebers, der Firma C, in eine Filiale der Bank für Arbeit und Wirtschaft-AG. hätten gebracht werden sollen, mit Bereicherungsvorsatz zu (Punkt I des Schuldspruches); die zu dieser Tat (etwa) bereits am 13.Oktober 1980 vom Angeklagten Gerhard B bestimmte Angeklagte Hannelore A täuschte hierauf in einer noch am Tage der Diebstahlsverübung beim Bezirkspolizeikommissariat Hietzing erstatteten Anzeige wissentlich vor, es seien ihr am 17.Oktober 1980 auf dem Weg zur Bank zwei Nylonsäckchen mit 79.000 S Bargeld und Schecks im Gegenwert von 3.620 S von einem unbekannten Täter weggenommen worden (Punkt II/1 und 2 des Schuldspruches). Dieses Urteil wird lediglich vom Angeklagten Gerhard B mit einer ausdrücklich auf die Z. 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit Berufung angefochten. In Ansehung der Angeklagten Hannelore A erwuchs es in Rechtskraft.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard B:
Entgegen dem aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund zunächst eine Unvollständigkeit der Begründung rügenden Beschwerdeeinwand hatte sich das Erstgericht mit der Aussage des Zeugen Albert D, wonach der Angeklagte B diesem gegenüber erklärt habe, er mache bei der Tat nicht mit, nicht zu befassen, weil der Zeuge über die dieser Äußerung zeitlich nachfolgenden Geschehnisse, insbesonders über die Tatausführung selbst nicht informiert war (S. 151 bis 154 d.A.).
Die vom Schöffengericht für die Annahme der Tatbeteiligung des Angeklagten B gegebene Begründung ist entgegen dem weiteren Beschwerdevorwurf durchaus zureichend und auch sonst mängelfrei; legt es doch im Einklang mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung eingehend und überzeugend dar, aus welchen Gründen es das Geständnis des Beschwerdeführers vor der Sicherheitsbehörde und dem Untersuchungsrichter und die, auch den Beschwerdeführer belastenden, Geständnisse der Angeklagten Hannelore A sowohl vor der Sicherheitsbehörde und dem Untersuchungsrichter als auch in der Hauptverhandlung für wahr hielt und nicht die - eine Tatbeteiligung des Beschwerdeführers bestreitenden zwischenzeitigen, in der Hauptverhandlung jedoch widerrufenen - Angaben der Angeklagten A in einem Schreiben an den Vorsitzenden (ON. 19, S. 123) sowie die Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung, in welcher er die Beteiligung an den beiden Taten leugnete und sich sinngemäß lediglich einer Hehlerei schuldig bekannte. Mit der der erstgerichtlichen Begründung entgegengehaltenen Erwägung, die Angeklagte A hätte sich bei einem Widerruf ihrer den Beschwerdeführer entlastenden Angaben in dem erwähnten Schreiben, vor dessen Absendung sie mit dem Verteidiger Kontakt aufgenommen gehabt habe, der Verfolgung wegen Verleumdung ausgesetzt, sucht die Beschwerde lediglich eine denkmögliche Alternative neben den folgerichtig gezogenen Schlußfolgerungen des Schöffengerichtes aufzuzeigen, worin aber, gleich dem Hinweis der Beschwerde auf den Inhalt eines in der Hauptverhandlung verlesenen Aktenvermerkes des Verteidigers vom 16.Dezember 1980 (S. 146 d.A.), wonach der Beschwerdeführer mitgeteilt habe, die Angeklagte A würde ein 'dementsprechendes' (gemeint wohl, ein den Beschwerdeführer entlastendes) Geständnis ablegen, lediglich ein unzulässiger und daher unbeachtlicher Angriff auf die freie schöffengerichtliche Beweiswürdigung gelegen ist.
Ebenso unbeachtlich, weil eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Neuerung (§ 288 Abs 2 Z. 3 StPO.) darstellend, ist die sich auf den Inhalt eines erst der Rechtsmittelschrift beigelegten Schreibens der Angeklagten A an den Angeklagten B vom 8.Jänner 1981 beziehende Argumentation der Beschwerde, wonach der Umstand, daß die Angeklagte A sich in diesem Schreiben, 'nach allem was sie dem Beschwerdeführer angetan' habe, entschuldigte (ON. 24, S. 179), ein Indiz für die Richtigkeit ihres seinerzeitigen Schreibens an den Vorsitzenden (ON. 19, S. 123) bedeute.
Was den von der Mängelrüge unter Bezugnahme auf die verneinende Beantwortung der vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung an die Angeklagte A gestellten Frage, ob er wußte, daß sie das Geld genommen habe (ON. 21, S. 144 f.), letztlich behaupteten inneren Widerspruch des Urteils anlangt, so liegt weder ein solcher, noch eine insofern der Sache nach eingewendete Unvollständigkeit der Begründung vor.
Eine der relevierten Aussage der Angeklagten A entsprechende Tatsachenfeststellung geht aus den erstgerichtlichen Gründen gar nicht hervor; von einem mit sich selbst im Widerspruch stehenden und deshalb Nichtigkeit nach der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. bewirkenden Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen kann daher keine Rede sein.
Einer besonderen Erärterung der erwähnten, von der Beschwerde aus dem Zusammenhang gelösten Angabe der Angeklagten A hinwieder bedurfte es im Urteil deswegen nicht, weil es sich hiebei angesichts des übrigen Inhalts der den Beschwerdeführer eindeutig belastenden Verantwortung der Angeklagten A offenkundig um nichts anderes handelte als einen durch die unmittelbare Befragung seitens des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung ausgelösten, neuerlichen Versuch einer in der Folge wieder nicht mehr aufrechterhaltenen (ON. 21, S. 146 d.A.: '..... der Angeklagte hat mich gebeten, ich soll das schreiben, damit er rechtzeitig herauskommt aus dem Gefängnis. Sonst war kein weiterer Grund .....') wahrheitswidrigen Entlastung des Beschwerdeführers, mit dem sich das zur Abfassung seiner Entscheidungsgründe in gedrängter Darstellung und unter Vermeidung überflüssiger Weitläufigkeiten verpflichtete Gericht (§ 270 Abs 2 Z. 5 StPO.) bei der gegebenen Beweislage nicht eigens befassen mußte.
Erweist sich somit die Mängelrüge des Angeklagten B als nicht berechtigt, so gelangt seine - sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. -
die Subsumtion der Diebstahlstat unter das Tatbild der Hehlerei nach dem § 164 (Abs 1 Z. 2) Abs 2 StGB. anstrebende Rechtsrüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie nicht an den im Urteil getroffenen Feststellungen über die Beteiligung des Beschwerdeführers an der Diebstahlsausführung festhält. Die teils unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B war daher zu verwerfen.
Zur Maßnahme nach dem § 290 Abs 1 StPO.:
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon, daß die Schuldsprüche zu den Punkten II/1 und 2 des Urteilssatzes wegen des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 Abs 1 StGB., und zwar auch zum Nachteil der Angeklagten A, welche kein Rechtsmittel ergriff, mit Nichtigkeit nach der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. behaftet sind.
Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ll Os 159/80 = LSK 1981/62), auf deren nähere Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen sei, setzt § 298 Abs 1 StGB. u.a. voraus, daß eine mit (gerichtlicher) Strafe bedrohte Handlung vorgetäuscht wurde, was nur dann zutrifft, wenn die in Rede stehende Straftat überhaupt nicht begangen wurde, also erfunden ist, nicht aber, wenn unwesentliche Tatumstände verändert werden oder eine unbekannte Person fälschlich als Täter einer tatsächlich verübten Straftat vorgeschoben wird (a.M. noch SSt 47/19).
Gerade eine solche nicht den Merkmalen des Tatbildes nach dem § 298 Abs 1 StGB. entsprechende, faktisch bloße Verschweigung der Täter des tatsächlich von den Angeklagten selbst begangenen Diebstahls lag aber in der fälschlichen, gegen einen unbekannten Täter erstatteten Anzeige an die Sicherheitsbehörde, wie sie im Punkt II des Schuldspruches den beiden Angeklagten angelastet wird. Somit wurde dieses Verhalten der Angeklagten durch das Erstgericht dem Tatbild des § 298 Abs 1 StGB. rechtsirrtümlich unterstellt. Da es als bloße Selbstbegünstigung, auch keinem anderen Tatbild einer gerichtlich strafbaren Handlung entspricht, waren die Angeklagten rechtsrichtig von der Anklage nach dem § 298 Abs 1 StGB. freizusprechen.
Der Teilfreispruch erforderte nach dem § 128 Abs 1
StGB. eine Neubemessung der Strafen.
Hiebei wertete der Oberste Gerichtshof bei Hannelore A keinen Umstand, bei Gerhard B den raschen Rückfall, die Verleitung seiner Mittäterin sowie die - über die Rückfallsqualifikation hinausgehenden - einschlägigen Vorstrafen als erschwerend. Als mildernd fanden demgegenüber bei Gerhard B kein Umstand, bei Hannelore A die bisherige Unbescholtenheit, das Alter unter 21 Jahren, ihr volles und reumütiges Geständnis sowie der Umstand Berücksichtigung, daß sie sich offensichtlich nur unter dem Einfluß des Mitangeklagten zu der Tat hinreissen ließ.
Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe entspricht bei Hannelore A eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von neun Monaten dem Handlungs- und Erfolgsunwert der von ihr zu verantwortenden Tat. Die bedingte Strafnachsicht war bei ihr - abgesehen von der sachlichen Rechtfertigung -
schon wegen des Verschlechterungsverbotes zu gewähren. Bei Gerhard B wurde vom Strafschärfungsrecht des § 39 StGB. Gebrauch gemacht. Der 15-mal, überwiegend wegen Delikten gegen fremdes Eigentum vorbestrafte, im Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Tat 32-jährige Angeklagte wurde zuletzt mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19.Oktober 1977, AZ. 15 Vr 1867/77, wegen Diebstahls und versuchter Täuschung zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt; ferner wurde seine Einweisung in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet. Die Freiheitsstrafe verbüßte er bis zum 4.Jänner 1980. Am 11.September 1974 war Gerhard B bereits vom Amtsgericht Darmstadt (BRD.), AZ. 3 Ls 93/74, wegen Gefangenenmeuterei und schwerem Diebstahl zu einem Jahr Freiheitsstrafe und am 16.Februar 1977 vom Landesgericht Salzburg zum AZ. 15 Vr 2934/76 wegen Unterschlagung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Diese Strafen verbüßte der Angeklagte bis zum 27.März 1976 bzw. bis zum 31.März 1978. Vor allem im Hinblick auf die Wirkungslosigkeit dieser Abstrafungen wird eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von dreieinhalb Jahren dem Unrechtsgehalt der nunmehrigen Tat und der Schwere der Schuld des Gerhard B gerecht.
Mit seiner Berufung war der genannte Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Ausspruch über die Anrechnung seiner Vorhaft war aus dem Ersturteil zu übernehmen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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