OGH 12Os10/81

OGH12Os10/817.5.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Mai 1981 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hartmann in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Bernardini, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Garai als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A und andere wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Gerhard A und Ernst B sowie die Berufung des Angeklagten Rudolf C gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Dezember 1980, GZ 5 d Vr 11.152/79-47, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten Rudolf C und Anhörung der Ausführungen des Verteidigers der Angeklagten Gerhard A und Ernst B, Rechtsanwalt Dr. Oehlzand, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird Folge gegeben und es werden die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt:

beim Angeklagten Gerhard A auf 20 (zwanzig) Monate, beim Angeklagten Ernst B auf 2 (zwei) Jahre, beim Angeklagten Rudolf C auf 18 (achtzehn) Monate.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 27-jährige beschäftigungslose Gerhard A, der 29-jährige beschäftigungslose Ernst B und der 24-jährige beschäftigungslose Rudolf C des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am 16. August 1980

in den frühen Morgenstunden in Wien in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) versuchten, einem Verfügungsberechtigten des 'D' in der Rosentalgasse im 14. Bezirk fremde bewegliche Sachen mit Bereicherungsvorsatz durch Einbruch wegzunehmen, indem sie mittels einer Eisenstange das Dach des Schutzhauses zu durchbrechen suchten. Hiefür wurden die Angeklagten nach § 129 StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar Gerhard A zu 3 (drei) Jahren, Ernst B zu 3 1/2 (dreieinhalb) Jahren und Rudolf C zu 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren. Dieses Urteil bekämpfen die Angeklagten Gerhard A und Ernst B mit Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung, wogegen der Angeklagte Rudolf C nur Berufung ergriffen hat.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A:

Der Angeklagte A stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde ziffernmäßig auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO, wobei er vorbringt, seine vom Erstgericht festgestellte globale Äußerung, einen 'Bruch' durchführen zu wollen, sei - mangels eines bestimmten Einbruchsobjektes, auf das sie sich bezogen habe - zu Unrecht als 'Anstiftung' bzw 'Bestimmung' zu dem in Rede stehenden Einbruchsversuch gewertet und damit auch zu Unrecht als Erschwerungsgrund berücksichtigt worden; richtigerweise hätte dieser erschwerende Umstand nicht herangezogen werden dürfen, womit er eine mildere Strafe zu erwarten gehabt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesem Vorbringen wird indessen, zumal der Beschwerdeführer nicht als Bestimmungstäter, sondern als Gesellschaftsdieb schuldig erkannt wurde, weder der angeführte Nichtigkeitsgrund noch ein anderer der im § 281 Abs. 1

StPO genannten Nichtigkeitsgründe - insbesondere auch nicht jener der Z 11 der zitierten Gesetzesstelle, der nur strafsatzändernde Erschwerungsgründe betrifft (Mayerhofer/

Rieder StPO Nr 1 bis 3 und 67 bis 69 zu § 281 Z 11 und Nr 20 zu § 280) - zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, sondern lediglich die Heranziehung eines bei Ausmessung der Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens zu berücksichtigenden besonderen Erschwerungsgrundes (§ 33 Z 4 StGB) bekämpft, mithin der Sache nach ein Berufungsgrund geltend gemacht, auf den bei Erledigung der gleichzeitig ergriffenen Berufung einzugehen sein wird.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B:

Der Angeklagte B rügt - unter ziffernmäßiger Anrufung der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. b (der Sache nach lit. a) StPO - das Fehlen von Feststellungen über die Art und Beschaffenheit der tatgegenständlichen Eisenstange und die Beschaffenheit des Daches bzw eines allfälligen Zwischenbodens des 'D', weil diese Feststellungen ergeben hätten, daß ein absolut untauglicher und demnach strafloser Versuch gemäß § 15 Abs. 3 StGB vorlag; denn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens hätte der geplante Einbruch innerhalb der dem Beschwerdeführer (und seinen Komplizen) zur Verfügung stehenden Zeit und auf die vorgesehene Art und Weise, nämlich mittels einer Eisenstange durch ein Dach in ein Haus einzudringen, unmöglich durchgeführt werden können. Der behauptete Feststellungsmangel liegt jedoch nicht vor. Von einem (absolut) untauglichen Versuch im Sinne des § 15 Abs. 3 StGB kann nämlich nur geprochen werden, wenn die Vollendung der betreffenden Tat auf die vorgesehene Art auch bei einer generalisierenden Betrachtungsweise, also unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles, geradezu denkunmöglich ist, somit unter keinen wie immer gearteten Umständen erwartet werden kann. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers hat aber das Erstgericht die von den Angeklagten verwendete Eisenstange als durchaus taugliches Mittel, um damit den geplanten Einbruch in das Schutzhaus auf die vorgesehene Art begehen zu können, gewertet (vgl S 196 d.A: 'taugliches' Einbruchswerkzeug), womit es der Sache nach insgesamt (zutreffend) die (zumindest relative) Tauglichkeit des urteilsgegenständlichen Einbruchsversuches bejahte. Denn es kann nicht gesagt werden, daß es geradezu denkunmöglich wäre, mit einer Eisenstange ein Dach zu durchbrechen und auf diese Weise in das Innere eines Gebäudes zu gelangen, um dort Sachen zu stehlen, weshalb weitere Konstatierungen über die Beschaffenheit der Eisenstange ebenso entbehrlich waren wie solche über die Beschaffenheit des Daches des Schutzhauses und das allfällige Vorhandensein eines Zwischenbodens zwischen diesem und dem Hausinneren. Auch zeitmäßig war die Tatbegehung auf die geplante Art und Weise bei generalisierender Betrachtung durchaus möglich, stand doch den Angeklagten, die nach den Urteilsannahmen gegen 3.00 Uhr morgens zum Tatort gelangten, jedenfalls die Zeit bis zum Morgengrauen zur Tatvollendung zur Verfügung, mithin ein durchaus hinreichender Zeitraum, sodaß auch Zeitmangel keine näheren Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 StGB indizierte.

Nur der Vollständigkeit halber sei der Beschwerdeführer darauf verwiesen, daß (bereits) der von ihm und seinen Komplizen - vor dem (durch das Einschreiten der Polizei verhinderten) Unterfangen, durch das Dach in das Innere des Schutzhauses zu gelangen - unternommene Versuch, durch Aufbrechen der Eingangstüre und eines Fensters den geplanten Einbruchsdiebstahl durchzuführen (vgl S 196 d.A in Verbindung mit S 31, 33 und 188 d.A), einen strafbaren weil bloß relativ untauglichen Versuch darstellt. Denn auch von diesem Versuch kann nicht gesagt werden, daß es geradezu denkunmöglich ist, auf die bezeichnete Art und Weise den geplanten Einbruchsdiebstahl zu vollenden.

Auch der Angeklagte B vermag somit keine dem angefochtenen Urteil anhaftende Nichtigkeit aufzuzeigen.

Sohin waren beide Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.

Zu den Berufungen:

Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung beim Angeklagten Gerhard A als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen und daß er der Urheber der Straftat gewesen ist, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis und daß es beim Versuch geblieben ist;

beim Angeklagten Ernst B als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, als mildernd hingegen ebenfalls das reumütige Geständnis und daß es beim Versuch geblieben ist;

beim Angeklagten Rudolf C als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, als mildernd gleichfalls das reumütige Geständnis und daß es beim Versuch geblieben ist. Mit ihren Berufungen streben alle drei Angeklagten die Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen an.

Den Berufungen kommt Berechtigung zu.

Wenngleich die von den Berufungswerbern ins Treffen geführten weiteren Milderungsgründe nicht vorliegen, sondern vielmehr bei allen Angeklagten das Vorliegen zweier Diebstahlsqualifikationen (Gesellschaftsdiebstahl und Einbruchsdiebstahl) und beim Angeklagten B der rasche Rückfall als weitere Erschwerungsgründe hinzukommen, sind die vom Erstgericht über die Angeklagten verhängten Strafen dennoch überhöht, weil das objektive Gewicht der beabsichtigten Rechtsgutbeeinträchtigung und damit der Unrechtsgehalt der (lediglich beim Versuch gebliebenen) Tat im gegebenen Fall verhältnismäßig gering ist. Nur aus diesem Grund waren daher die Strafen - trotz der beträchtlichen kriminellen Vorbelastung der drei Angeklagten - tatschuldangemessen zu reduzieren. Dabei wurde berücksichtigt, daß der Angeklagte A - seinen eigenen Angaben zufolge (vgl S 29 in ON 20 sowie S 187 d.A) - der Urheber der Straftat war und der Angeklagte B sehr rasch rückfällig geworden ist, weshalb die über diese Angeklagten verhängten Strafen etwas höher auszumessen waren als die vom Angeklagten C verwirkte Strafe. Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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