OGH 11Os35/81

OGH11Os35/8122.4.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.April 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Robl als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens des versuchten schweren Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. November 1980, GZ 1 a Vr 9.159/80-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hintersteininger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Strasser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17.Mai 1943 geborene Geschäftsführer Josef A des Vergehens des versuchten schweren Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB schuldig erkannt. Den Urteilsfeststellungen nach nahm der Angeklagte am 10.Juli 1980 mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung im Kaufhaus 'C***' in Vösendorf eine Fotokamera der Marke Olympus im Wert von 5.390 S aus einer Vitrine an sich, versteckte sie unter seiner Jacke und wollte sodann, ohne den Kaufpreis zu bezahlen, das Geschäftslokal verlassen. Einem weiblichen Detektiv des Kaufhauses war jedoch auf Grund der Größe des Fotoapparates aufgefallen, daß der Angeklagte etwas unter seiner Jacke verbarg. Gemeinsam mit zwei Kollegen folgte sie dem Angeklagten durch das Kaufhaus, hielt ihn an, nachdem er es mit der Beute durch den sogenannten Informationsausgang verlassen hatte, und ersuchte ihn, ihr in das Büro zu folgen, weil er eines im Kaufhaus verübten Diebstahls verdächtig sei. Der Angeklagte war zunächst damit einverstanden, weigerte sich aber dann vorübergehend, ging allerdings, als er die Aussichtslosigkeit seiner Weigerung erkannte, zum Büro des Kaufhauses mit. Vor Erreichen des Büros versuchte der Angeklagte zu flüchten, was jedoch von den drei Angestellten des Kaufhauses verhindert wurde. Auch ein weiterer, im Büroraum unternommener Fluchtversuch des Angeklagten wurde vereitelt. Über Aufforderung begab sich der Angeklagte in eine Ecke des Büroraums, wo die Kamera, die er unter der linken Achsel verborgen hielt, zu Boden fiel. Auf den Vorhalt des Diebstahls behauptete er zunächst, die Kamera müsse schon vorher dort gelegen sein. Als er die Unglaubwürdigkeit dieser Behauptung einsah, erbot er sich, den Fotoapparat zu bezahlen. Die Kaufhausangestellten lehnten dies ab und verständigten die Gendarmerie. Nach deren Intervention kaufte der Angeklagte, der ca. 10.000 S Bargeld bei sich hatte, einen anderen Fotoapparat. Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Das gesamte Beschwerdevorbringen beschränkt sich auf das Thema des vom Rechtsmittelwerber für sich in Anspruch genommenen Strafaufhebungsgrundes der tätigen Reue nach dem § 167 StGB. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob das festgestellte Tatverhalten des Beschwerdeführers, wie das Erstgericht annahm und wovon auch die Beschwerde ausgeht, im Deliktsstadium des Versuches verblieb. Ist dies zu bejahen, dann erübrigen sich weitere Erörterungen zum vorerwähnten Strafaufhebungsgrund, weil eine Anwendung dieser Gesetzesbestimmung - entgegen dem Einwand der Rechtsrüge - nach herrschender Rechtsprechung und Lehre auf bloß versuchte Straftaten der Natur der Sache nach ausgeschlossen ist. Für solche kommt, bei einer allfälligen Schadensgutmachung unter den Voraussetzungen des § 16 StGB nur strafaufhebender Rücktritt vom Versuch - wie im angefochtenen Urteil erörtert - in Betracht (vgl. 12 Os 182/77, 12 Os 26/79; Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN. 4 zu § 167; Rittler2, II, S 137; Nowakowski, S 108).

Zutreffend erblickte das Erstgericht das entscheidende Kriterium für die rechtliche Annahme eines Versuches des Diebstahls darin, daß der Berechtigte den Gewahrsam an der Sache noch nicht verloren hatte, weil er, was die Beschwerde übersieht, durch seine Angestellten, die den Angeklagten wegen des zwar durch seine Jacke verhüllten, aber nach den besonderen Umständen für sie (wenn auch eingeschränkt) wahrnehmbar gebliebenen und somit noch nicht verborgenen (vgl. LSK 1976/127, 1977/9

u. a.) Gegenstandes verfolgten und ihn wenige Meter außerhalb des Kaufhauses stellen konnten, in die Lage versetzt war, die Verbringung der Sache aus seiner (des Berechtigten) Machtsphäre mit Erfolg zu verhindern (vgl. zuletzt Steininger, RZ 1981, S 24 f). Da somit dem Angeklagten die Sachwegnahme nicht gelungen war, und es ihm deshalb, entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung an der Möglichkeit einer Wiedererstattung des Diebsgutes im Sinn des § 167 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB mangelte, ist allen weiteren, die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen dieses Strafaufhebungsgrundes (nämlich die Rechtzeitigkeit, Freiwilligkeit und Vollständigkeit einer Schadensgutmachung und die Frage der Relevanz ihrer Ablehnung durch die Angestellten des Berechtigten), betreffenden Beschwerdeausführungen der Boden entzogen. Auf sie war daher nicht weiter einzugehen.

Aus diesen Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 128 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten. Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend die zahlreichend einschlägigen Vorstrafen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Strafschärfung bei Rückfall nach dem § 39 StGB, als mildernd das Geständnis und den Umstand, daß die Tat beim Versuch blieb. Nur das Strafausmaß bekämpft der Angeklagte mit seiner Berufung, der keine Berechtigung zukommt.

Zwar wurde in erster Instanz übersehen, auch den Umstand als mildernd zu werten, daß die Wertgrenze von 5.000 S nur geringfügig überschritten ist. Doch kann selbst unter diesem Aspekt das gefundene Strafmaß mit Rücksicht auf das sehr getrübte Vorleben des Angeklagten, welches auch gegen die vom Berufungswerber behauptete Tatbegehung aus Unbesonnenheit spricht, nicht als überhöht empfunden werden.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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