Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Michael A des in der Zeit vom 12. Oktober bis zum 20. Oktober 1980 in Graz begangenen Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 und 2, 15 StGB (Punkt I.) des Schuldspruches), des am selben Ort und zur selben Zeit verübten Vergehens der Zuhälterei nach § 216 StGB (Punkt II.) des Schuldspruches) und des durch die im Zuge der vorgenannten Erpressung aus vorgenommenen Tätlichkeiten verwirklichten Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Punkt III.) des Schuldspruches) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte lediglich im Schuldspruch wegen des Vergehens der Zuhälterei mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Das Erstgericht traf im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen:
Der Angeklagte, welcher selbst keiner Beschäftigung nachging, lebte seit Anfang August 1980 mit der Prostituierten Irene B zusammen, welche den gemeinsamen Lebensunterhalt aus ihren Einkünften aus gewerbsmäßiger Unzucht finanzierte. Weil der Angeklagte in Deutschland eine Geldstrafe von, umgerechnet, S 21.000,-- zu bezahlen hatte, verlangte er diesen Betrag von B. Da sie sich weigerte, drückte er ihr am 12. Oktober 1980 derart mit den Fingern in die Augen, daß sie eine zeitlang nichts zu sehen vermochte, machte in der Folge mit einem Feuerzeug eine Nähnadel an der Spitze heiß und drohte B, ihr die Augen 'herauszuholen', wenn sie ihm das Geld nicht gebe, würgte sie, drohte dabei, ihr mit den bloßen Händen den Kehlkopf herauszureißen, das Kiefer einzudrücken, und schließlich, sie so zu mißhandeln, daß sie sich nur im Rollstuhl fortbewegen könne. Hiedurch zwang er B, die sich weiterhin weigerte, und die er deshalb ferner an den Haaren zog und ins Gesicht schlug, 'gegen ihren Willen gegen das von ihr gebilligte Ausmaß der Prostitution nachzugehen', um das verlangte Geld aufzubringen. Tatsächlich lieferte B unter dem Druck der Mißhandlungen und Drohungen dem Angeklagten am 14. Oktober 1980 einen Betrag von S 3.400,-- und am 15. Oktober 1980 einen solchen von S 1.800,-- ab. Der Angeklagte verlangte von B ferner, ihm täglich S 500,-- abzuführen, bis sie den Gesamtbetrag von S 21.000,-- (also einen Restbetrag von S 15.800,--) aufgebracht haben würde. Durch die Drohungen und Mißhandlungen war B, welche entgegen einem ihr bereits am 12. Oktober 1980 von Beamten der Polizeidirektion Graz erteilten Rat zunächst vermeint hatte, die Sache noch gütlich regeln zu können, und erst am 21. Oktober 1980 Anzeige erstattete, zumindest in der Zeit vom 12. bis zum 20. Oktober 1980 in einen qualvollen Zustand versetzt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Angeklagte unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, der Sache nach vor allem als Feststellungsmangel, solcherart das Ausbeutungsmoment des Tatbildes der Zuhälterei betretend, das Unterbleiben der Feststellung, die Zeugin B habe nach ihren Angaben freiwillig für ihn gesorgt, rügt, übersieht er, daß die betreffenden Aussagen der Zeugin (S 102 f, 106 d.A) nicht den vom Schuldspruch erfaßten Tatzeitraum (12. Oktober bis 20. Oktober 1980) betreffen, sondern die Zeit davor, nämlich ca 8 bis 14 Tage im Mai 1980, sowie etwa die Monate August und September 1980. Die Beschwerde läßt ferner außer acht, daß insbesondere die am 14. und am 15. Oktober 1980 in Ansehung eines Gesamtbetrages von S 5.200,-- gelungene und in der Folge darüberhinaus versuchte, Abnötigung ersichtlich eines Großteiles des Verdienstes der Zeugin sowie die weitere zum Zwecke der Ablieferung der zur Zahlung der Geldstrafe von S 21.000,-- benötigten Einkünfte erfolgte, Nötigung zur Ausübung der Prostitution über ein dem Willen des Opfers entsprechendes Ausmaß hinaus, ohne Rücksicht auf die Frage der Freiwilligkeit der Befriedigung von Lebensbedürfnissen, wie noch später auszuführen sein wird, (auch) den Tatbestandsvoraussetzungen der Zuhälterei nach dem § 216 StGB entspricht. Ob B vor dem Tatzeitraum freiwillig für den Unterhalt des Angeklagten aufgekommen war, ist aber bedeutungslos, weshalb die bezüglichen Angaben der Zeugin keine entscheidungswesentliche Tatsache betreffen. Die Nichterörterung des erwähnten Teiles der Aussage der Zeugin verwirklicht daher nicht den Begründungsmangel einer Unvollständigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO). Ebenso bewirkt das Unterbleiben einer entsprechenden - für das inkriminierte Verhalten gar nicht entscheidenden - Tatsachenfeststellung auch keine materielle Nichtigkeit im Sinne der Z 9 lit a oder 10 des § 281 Abs 1 StPO.
Entgegen dem weiteren in der Mängelrüge erhobenen Einwand findet die Feststellung der im erwähnten Tatzeitraum erfolgten Nötigung zur Ausübung der Prostitution, über ein von B gebilligtes Ausmaß hinaus, in deren Aussage als Zeugin ihre Deckung. Denn in dem von Drohungen und Mißhandlungen begleiteten Verlangen nach Ausübung der Prostitution und nach täglicher Abführung zunächst des gesamten Verdienstes aus der Prostitution und später eines ausschließlich der Bezahlung des Restes der Geldstrafe von S 15.800,-- dienenden Betrages von S 500,-- (vgl S 23 - 29, 104 f d.A) ist, nach den Denkgesetzen und allgemeiner Erfahrung nichts anderes als eine, dem Nötigungsbegriff entsprechende, Veranlassung der Zeugin B zur, ihrem ursprünglichen Willen entgegengesetzten, vermehrten und täglichen Ausübung der Prostitution (sogar durch einen längeren Zeitraum) zu verstehen.
Ein den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO verwirklichender formaler Begründungsmangel liegt daher nicht vor.
Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a, sachlich der Z 10, des § 281 Abs 1 StPO ficht der Angeklagte die rechtliche Unterstellung seines von Punkt I des Schuldspruches wegen Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Erpressung nach den §§ 144, 145 Abs 1 Z 1 und 2, 15 StGB umfaßten Verhaltens auch unter das Tatbild des Vergehens der Zuhälterei nach dem § 216 StGB im wesentlichen mit dem Einwand an, es fehle an den Tatbildmerkmalen einerseits der Unterhaltsgewinnung und andererseits der Ausbeutung. Auch hierin kann der Beschwerde nicht gefolgt werden. Das (Versuchs-)Delikt der Zuhälterei begeht, wer seinen Unterhalt ganz oder zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht einer anderen Person durch deren Ausbeutung zu gewinnen sucht.
Nicht entscheidend ist zunächst, ob nach dem Willen des Täters die aus der gewerbsmäßigen Unzucht zu gewinnende Zuwendung spezifisch der Deckung seiner Lebensbedürfnisse im engeren Sinn dienen soll. Der Begriff des Unterhalts im Sinne des § 216 StGB ist wesentlich weiter gefaßt als jener des Familien- oder Schadenersatzrechtes aber auch als jener des allgemeinen Sprachgebrauches. Er umfaßt nicht nur die Gesamtheit der Aufwendungen, mit denen der Täter, seinen Gewohnheiten entsprechend, seine Lebensbedürfnisse befriedigt, wozu auch Luxusausgaben zählen (Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 5 zu § 216 StGB), sondern darüberhinaus jedweden Aufwand, zu welchem der Täter, aus welchem Titel immer, verpflichtet ist (vgl in Ansehung der Zahlung von Unterhaltsschulden, Leukauf-Steininger aaO) und für den er, würde er ihn nicht aus den Einkünften aus gewerbsmäßiger Prostitution finanzieren, andere Mittel, die der Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse dienen, einsetzen müßte. So gesehen fällt auch vorliegend die vom Angeklagten versuchte und ihm teils schon gelungene Finanzierung der Bezahlung seiner Geldstrafen aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Zeugin B unter den Unterhaltsbegriff des Zuhältereitatbestandes.
Die weiteren sich gegen die Annahme der Ausbeutung wendenden Beschwerdeausführungen schließlich verkennen, ungeachtet der an sich richtigen Wiedergabe einschlägiger Kommentarstellen (Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 6, 7 zu § 216 StGB), einerseits, soweit sie einwenden, der Beschwerdeführer habe die Prostituierte nicht gleichsam als Arbeitssklavin gehalten und bloß als ständige Einnahmequelle alimentiert, insofern das Wesen des erwähnten Gesetzesbegriffes und weichen andererseits, soweit sie die Annahme einer, wie schon vorstehend dargelegt wurde, aber nicht für den Tatzeitraum zutreffenden, Freiwilligkeit der Deckung des Unterhaltes durch die Zeugin B reklamieren, vom festgestellten Sachverhalt ab. Auf die letzterwähnte Einwendung erübrigt sich daher eine weitere Erwiderung.
Unter dem Ausbeutungsbegriff im Sinne der Zuhälterei nach § 216 StGB ist, wie von Rechtsprechung und Lehre wiederholt klargestellt wurde, das, im Tätervorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) gelegene, rücksichtslose und sich gegen vitale Interessen des Opfers richtende Ausnützen desselben zu verstehen, das beispielsweise im Falle der Nötigung zur gewerbsmäßigen Unzucht in einem bestimmten Ausmaß oder im Fall der Abnahme (zumindest) des überwiegenden Teiles des Verdienstes gegeben ist. Eben dies trifft nach den vorliegenden Feststellungen zu, wonach B vom Angeklagten zum Zwecke der Aufbringung der Mittel zur Bezahlung der Geldstrafe zur Ausübung der Prostitution über das von ihr gebilligte Ausmaß hinaus sowie am 14. und 15. Oktober 1980 zur übergabe ersichtlich wenigstens des überwiegenden Verdienstes zu dieser Zeit genötigt wurde. Daß umgekehrt der Zuhälter die Prostituierte zur Erhaltung einer ständigen Einnahmequelle selbst alimentiert, ist, der Beschwerde zuwider, keineswegs erforderlich. Ein solches Täterverhalten entspricht, falls der Täter der Prostituierten gleichzeitig den ganzen oder überwiegenden Verdienst abnimmt, nur beispielsweise dem Ausbeutungsbegriff, ist diesem aber, wie die oben erläuterten Kriterien zeigen, keineswegs immmanent. Da sohin auch die Rechtsrüge versagt, war die zur Gänze unbegründete und zum Teil auch nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 145 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend fünf einschlägige Vorstrafen, die lange Dauer der begangenen Taten und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen an, wertete hingegen als mildernd den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist. Die Berufung des Angeklagten, welche Strafmilderung, allenfalls die bedingte Nachsicht der auf ein 'Minimum' zu reduzierenden Freiheitsstrafe anstrebt, ist unbegründet.
Selbst wenn man von der Annahme ausgeht, daß nur drei der Vorstrafen einschlägiger Natur sind (Seite 78 der Akten), kommt noch als erschwerend hinzu, daß der Strafsatz des § 145 StGB in zweifacher Begehungsform (Z 1 und 2) vorliegt. Da somit die erschwerenden Umstände den einzigen Milderungsgrund des Versuches nicht nur der Zahl, sondern auch dem Gewichte nach bei weitem überwiegen und schon aus der Art der Begehung der Delikte und dem Milieu, in welchem sich der Angeklagte bewegt hat, eine ungünstige Zukunftsprognose abgeleitet werden muß, sind die Voraussetzungen der vom Berufungswerber offenbar angestrebten Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41
StGB nicht gegeben. Die an der Untergrenze des Strafrahmens ohnedies ausgemessene Freiheitsstrafe entspricht vielmehr dem Unrechts- und Schuldgehalt der Straftaten und den allgemeinen Bestimmungen für die Strafzumessung nach § 32 StGB.
Es war daher insgesamt wie im Spruche zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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