Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen in den Schuldsprüchen zu II.) und III.) unberührt bleibt, im Punkt I.) des Schuldspruches sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Gerhard A wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Mönchhof und an anderen Orten mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, die Weineinkäufer nachgenannter Firmen durch Täuschung über Tatsachen, und zwar dadurch, daß er ihnen 'Auslesewein' als 'Beerenauslese' verkaufte, zu einer Handlung, nämlich zum Ankauf dieses Weines verleitet, die die genannten Firmen insgesamt um zumindest S 991.380,-- sowie unbekannte Weinhändler und Weinkonsumenten in der Höhe von S 4,300.000,-- an ihrem Vermögen schädigte, wobei der Schaden jeweils S 100.000,--
übersteige;
1.) am 21. Juni 1978
a) durch Verkauf von 23.688 Litern Auslesewein an die Firma Sabinus B, b) durch Verkauf von 25.005 Litern Auslesewein an die Firma Hubert C;
2.) am 10. Juli 1978 durch Verkauf von 50.445 Litern Auslesewein an die Firma Hubert C, und habe hiedurch das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147
Abs. 3 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Für den verbleibenden Teil des Schuldspruchs (Vergehen des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs. 1 StGB und der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB) wird er nach § 295 StGB unter Anwendung der §§ 28, 37
Abs. 1 StGB sowie unter Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes Neusiedl/See vom 9.4.1979, GZ U 891/78, gemäß §§ 31, 40 StGB zu einer Zusatzgeldstrafe von 340
Tagessätzen verurteilt.
Die Höhe des Tagessatzes wird mit 600 S bestimmt.
Gemäß § 19 Abs. 3 StGB wird für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 170 Tagen festgesetzt. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. Dezember 1938 geborene Angestellte (Geschäftsführer und Gesellschafter der Julius A Gesellschaft mbH) Gerhard A zu I.) des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB, zu II.) des Vergehens des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs. 1 StGB und zu III.) des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB schuldig erkannt, weil er in Mönchhof und an anderen Orten I./ die Einkäufer der nachgenannten Firmen über die Beschaffenheit des ihnen verkauften ('Auslese'-)Weines als vorgebliche 'Beerenauslese' täuschte und dadurch diese Firmen im Betrage von S 991.380,-- sowie unbekannte Weinhändler und Konsumenten in unbekannter (ebenfalls S 100.000,-- übersteigender) Höhe geschädigt hat und zwar am 21. Juni 1978 durch Verkauf von 23.688 Litern an die Firma Sabinus B sowie von 25.005 Litern an die Firma Hubert C und am 10. Juli 1978 durch Verkauf von weiteren 50.445 Litern an die Firma Hubert C;
II./ den behördlich in Beschlag genommenen Wein durch die zu I./ beschriebenen Verkäufe der Verstrickung entzogen hat;
III./ hiedurch Beweismittel, die zur Verwendung in einem (gerichtlichen oder) verwaltungsbehördlichen Verfahren bestimmt waren, mit dem Vorsatz unterdrückt hat, zu verhindern, daß diese Beweismittel im Verfahren gebraucht werden.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Gerhard A mit einer auf die Z 5, 9 lit. a und 10 StPO des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Hinsichtlich des Schuldspruches wegen schweren Betruges wendet er sich vor allem gegen die Annahme des Erstgerichtes, er habe mit dem Vorsatz gehandelt, seine Vertragspartner, die Firma Sabinus B und Hubert C, sowie die von diesen belieferten unbekannten Weinhändler und Konsumenten am Vermögen zu schädigen. Der Beschwerdeführer macht geltend, daß der von ihm ausgelieferte Wein den Anforderungen entsprochen und das für den Export erforderliche österreichische Weingütesiegel erhalten habe, sodaß die Genannten für den von ihnen bezahlten Preis ein entsprechendes Äquivalent erhalten hätten. Die möglicherweise dem Weingesetz widersprechende Erzielung der erforderlichen Qualität des Weines durch Vermischung könne allenfalls Gewährleistungsansprüche der Vertragspartner begründen, seine Tat aber nicht zum Betrug machen.
Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu. Denn von den drei Elementen des Tatbildes des Betruges - Täuschung über Tatsachen und hiedurch bewirkte Bereicherung auf Seiten des Täters sowie Schädigung eines anderen am Vermögen - ist zumindest das letztgenannte nicht erfüllt, sodaß auf das Vorliegen der beiden anderen Elemente nicht weiter eingegangen werden muß. Feststeht, daß der Angeklagte durch die falsche Bezeichnung des verkauften Weines ('Beerenauslese' anstatt richtig 'Auslesewein') die Abnehmer (Großhändler, Händler bzw Endverbraucher) über Tatsachen getäuscht hat, wobei diese Täuschung wohl auch für den Ankauf des Weines (durch Händler und Endverbraucher) ursächlich gewesen ist. Feststeht weiters, daß der unter dieser Falschbezeichnung verkaufte Wein durch die beigegebenen Zusätze den Geschmack einer 'Beerenauslese' erhalten hat, also geschmacklich einer 'Beerenauslese' entsprochen hat, sodaß für diesen Wein auch die Bewilligung zur Verwendung des Weingütesiegels erteilt wurde (S 376 d.A).
Entscheidend ist daher, ob durch den Verkauf dieses Weines unter der falschen Bezeichnung 'Beerenauslese' - die für sich allein eine Verwaltungsübertretung nach § 51 Abs. 3 lit. a WeinG darstellt - andere Personen (Händler, Endverbraucher) an ihrem Vermögen geschädigt wurden, weil sie für den bezahlten Preis entweder ein überhaupt wertloses oder jedenfalls ein minderwertiges Produkt erhielten. Das Erstgericht nimmt eine solche Schädigung zunächst (und wohl vor allem) in Ansehung der Händler an (S 382, 383 d.A), wozu es ausführt, daß die Händler bei Kenntnis der tatsächlichen Zusammensetzung des Weines einen geringeren Kaufpreis bezahlt hätten, somit eine minderwertige Ware zu einem höheren Preis gekauft haben, 'was sich letztlich nach der Konsumation durch den Letztverbraucher umsatzmindernd auswirken' könne (S 383 d.A). Nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung haben aber die Händler, wie die Generalprokuratur zutreffend erkannt hat, keinen Vermögensschaden erlitten, denn sie haben den Wein - ausgehend vom bezahlten Einkaufspreis - an die Endverbraucher weiterverkauft und dabei den auf der Grundlage dieses Einkaufspreises ermittelten Detailverkaufspreis erhalten. Daher haben sie jedenfalls keinen unmittelbaren Schaden aus der Täuschung erlitten. Daß sich der Umstand, einen falsch bezeichneten Wein verkauft zu haben, später, nach Aufdeckung der Falschbezeichnung, allenfalls für sie umsatzvermindernd auswirken kann, weil die Konsumenten das Vertrauen zu diesen Händlern verlieren, muß außer Betracht bleiben, weil es allein auf den unmittelbar aus der infolge der Täuschung bewirkten Vermögensverfügung entstandenen Vermögensschaden, nicht aber auf bloß mittelbar bewirkte (Folge-)Schäden ankommt. Ein Vermögensschaden iS § 146 StGB könnte daher vorliegend nur bei den Endverbrauchern (Konsumenten) eingetreten sein. Richtig ist, daß geschädigt ist, wer für die Hingabe eines wirtschaftlichen Wertes kein entsprechendes Äquivalent erhält. Nun kommt es, wie das Erstgericht zutreffend ausführt, dem Weinkonsumenten im wesentlichen auf den Geschmack des Weines, den er kauft und konsumiert, an. Vorliegend erhielt der Konsument für den von ihm bezahlten Preis zwar nicht einen 'Beerenauslesewein' im Sinne des Weingesetzes, aber doch einen Wein, der jedenfalls geschmacklich annähernd einer 'Beerenauslese' entsprach.
Daß dies der Fall war, ergibt sich schon daraus, daß auch die Weingütesiegelkommission den (durch Zusätze verbesserten) Wein - entsprechend seinen Kostmerkmalen - als 'Beerenauslese' anerkannte und deshalb die Bewilligung zur Verwendung des Weingütesiegels erteilte. Wenn das Erstgericht dazu ausführt, es lasse sich nicht mehr feststellen, in welchem Maße der 'Auslesewein' durch die erwähnten Zusätze verbessert wurde, aber jedenfalls eine Qualitätsverbesserung vorhanden war (S 383, 384 d.A), so ist diese Auffassung deshalb nicht schlüssig, weil jedenfalls die Weingütesiegelkommission geschmacklich keinen Unterschied zwischen dem vorliegenden Wein und einer Beerenauslese im Sinne des Weingesetzes feststellen konnte. Das spricht dafür, daß der vorliegende Wein qualitätsmäßig der 'echten' Beerenauslese wohl entsprochen haben muß. Von einer meßbar geringwertigeren Qualität des in Rede stehenden Weines kann demnach im gegebenen Fall nicht gesprochen werden. Dazu kommt, daß die Minderwertigkeit eines Produkts nicht ausschließlich objektiv beurteilt werden kann, wenn es auf die individuellen Verhältnisse der Käufer ankommt. Gerade beim Ankauf von Wein ist für die Bedürfnisse des Endverbrauchers in erster Linie die Qualität, nicht aber die Bezeichnung wesentlich. Das ist ja auch der Grund dafür, daß die bloße Falschbezeichnung eines Weines lediglich verwaltungsbehördlich strafbar ist (während etwa die Verfälschung gerichtlich strafbar ist). Kommt es aber dem Konsumenten auf die Qualität, nicht aber auf die Bezeichnung an, dann schließt diese individuelle Komponente des Wertmaßstabes im Regelfall die Annahme eines relevanten Schadens aus (vgl hiezu Lackner in Leipziger Kommentar10, RN 190 zu § 263 dStGB; für die Berücksichtigung opferbezogener Schadensfaktoren auch Kienapfel BT II RN 160 ff, 182 ff, 186 zu § 146 StGB). Daß es den Endverbrauchern des inkriminierten Weines nicht auf dessen Qualität, sondern auf dessen Bezeichnung angekommen wäre, hat das Erstgericht nicht festgestellt und konnte es dies bei der gegebenen Beweislage auch nicht feststellen. Deshalb hat es ja auch eine ziffernmäßige Feststellung eines bei den Konsumenten eingetretenen Schadens nicht getroffen (S 384 d.A). Da somit bei richtiger rechtlicher Beurteilung durch die festgestellte Handlungsweise des Beschwerdeführers ein Vermögensschaden weder eintrat noch eintreten konnte und demnach eine gerichtlich strafbare Handlung überhaupt nicht vorliegt - bei Beurteilung nach dem Weingesetz ist nur die Verwaltungsübertretung nach § 51 Abs. 3 lit. a WeinG gege- ben -, erweist sich der Schuldspruch wegen Verbrechens des Betruges mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9
lit. a StPO behaftet.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Schuldspruch zu II./ wegen des Vergehens des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs. 1 StGB beschränken sich auf den - unzutreffenden - Hinweis, 'im Falle eines Freispruchs (von der Betrugsanklage) werde folgerichtig zu prüfen sein, ob dann immer noch diese (weiteren) Schuldsprüche, denen laut Seite 17 des Urteils jedwede ausreichende Begründung fehle, aufrecht bleiben können, welche Frage wohl ganz offensichtlich zu verneinen sein werde'. Mit diesen allgemeinen Ausführungen wird kein Nichtigkeitsgrund zur Darstellung gebracht, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch zu II./ (Verstrickungsbruch) nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Gegen den Schuldspruch zu III./ (Unterdrückung eines Beweismittels) bringt der Beschwerdeführer außer diesem Einwand im Rahmen der Mängelrüge nach § 281 Abs. 1 Z 5
StPO noch vor, daß die Feststellung des Erstgerichtes, er habe auch den Vorsatz gehabt, durch das Wegbringen der beschlagnahmten Weine zu verhindern, daß diese als Beweismittel im Verfahren gebraucht werden, unbegründet sei.
Der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider bedurfte jedoch besagte Feststellung keiner weiteren Begründung, weil sich aus dem Verhalten des Angeklagten, der zum Zeitpunkt des Verkaufes der Weine - wie auch der Beschwerdeführer nicht bestreitet - von dem gegen ihn anhängigen verwaltungsbehördlichen Verfahren Kenntnis hatte, notwendig ergibt, daß er zumindest mit - zur Erfüllung des Tatbildes nach § 295 StGB hinreichendem - bedingtem Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) handelte, durch das Wegbringen der beschlagnahmten Weine deren Verwendung als Beweismittel im Verfahren (vgl § 28 Abs. 1 lit. b WeinG) zu verhindern. Die auf Grund des Gesamtverhaltens und der Verantwortung des Beschwerdeführers in freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 258 StPO) getroffene Feststellung über die subjektive Tatseite ist einer über die ohnedies gegebene hinausreichende Begründung gar nicht zugänglich, sodaß die vom Beschwerdeführer insoweit behauptete Mangelhaftigkeit des Urteils nicht gegeben ist.
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil, welches im Schuldspruch zu II und III aufrecht bleibt, im Punkt I. desselben und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und in der Sache selbst wie im Spruche zu erkennen. Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Bei Neubemessung der für die Vergehen des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB (Punkt II. und III. des Schuldspruches) neu zu bemessenden Strafe nahm der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen sowie eine Vorstrafe an, wertete hingegen als mildernd ein gewisses Teilgeständnis.
Da vorliegend keine höhere als eine sechsmonatige Freiheitsstrafe zu verhängen gewesen wäre, konnte gemäß § 37 Abs. 1 StGB mit einer Geldstrafe das Auslangen gefunden werden, da es nach Lage des Falles nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Neusiedl/See vom 9. April 1979 (rechtskräftig am 6. Mai 1979) zu AZ U 891/78 war unter Berücksichtigung der angeführten Strafzumessungsgründe, dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten sowie dem erfolgten Eingriff in die Rechtsordnung trotz wiederholten entsprechenden Belehrungen eine Geldstrafe von 340 (in Worten: dreihundertvierzig) Tagessätzen angemessen.
Unter Berücksichtigung eines Monatsnettoeinkommens von S 20.000,--, eines Grundbesitzes von 36 ha Weingärten sowie einer 20 %igen Beteiligung an der Fa. A Ges.
m. b.H. entspricht die Höhe des Tagessatzes von S 600,-- den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten, welchem auch nach seiner Vermögenslage ein Eingriff in die Substanz zumutbar ist. Die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe gründet sich auf § 19 Abs. 3 StGB.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)