OGH 11Os25/81

OGH11Os25/811.4.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.April 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Robl als Schriftführer in der Strafsache gegen Norbert A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. Oktober 1980, GZ 6 b Vr 7.025/80-62, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhärung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bernhauser und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Stäger zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem unter Punkt I 1 bezeichneten Schuldspruch (wegen Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB) und demzufolge auch im Strafausspruch, einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 31.März 1923 geborene Norbert A der Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (I 1 des Urteilssatzes), der Untreue nach dem § 153 Abs 1

und Abs 2, erster Fall, StGB (I 2 des Urteilssatzes) und des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt (I 3 des Urteilssatzes).

Ihm liegt nach dem Inhalt dieser Schuldsprüche zur Last, zu I 1: am 29. Juni 1976 in Väcklabruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Sparkasse der Stadt Schwanenstadt durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und seinen Zahlungswillen unter Benützung einer gefälschten Gehaltsbestätigung zur Auszahlung eines Kredites in der Höhe von 100.000 S verleitet zu haben, wodurch das genannte Geldinstitut nach Rückzahlung von insgesamt 6.780 S sowie Heranziehung einer Haftungsrücklage in der Höhe von 23.000 S um 70.220 S am Vermögen geschädigt wurde; zu I 2: am 22.Dezember 1978 und am 27.Dezember 1978 in Wien die ihm durch Rechtsgeschäft, nämlich durch Abschluß eines Scheckkartenvertrages, eingeräumte Befugnis, die Österreichische Creditinstitut AG zu verpflichten, durch das Ausstellen und Begeben von vier ungedeckten Schecks in der Höhe von je 2.500 S wissentlich mißbraucht und dadurch dem genannten Geldinstitut einen Vermögensnachteil in der Höhe von 10.000 S zugefügt zu haben; zu I 3: am 5.Mai 1980 in Wien und Niederösterreich ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den Michael B gehörenden PKW der Marke Toyota mit dem polizeilichen Kennzeichen N 644.827

ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen zu haben, indem er sich die Gewalt über das Fahrzeug durch widerrechtliche Aneignung des Fahrzeugschlüssels, sohin durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlungen, verschaffte.

Von dem weiteren Anklagevorwurf der etwa Ende 1978

begangenen Veruntreuung einer Rechenmaschine wurde der Angeklagte

gemäß dem § 259 Z 2 StPO freigesprochen.

Mit der auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Norbert A seine zu Punkt I 1 und 2 bezeichneten Schuldsprüche wegen der Vergehen des schweren Betruges und der Untreue. Der Schuldspruch wegen Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen (Punkt I 3 des Urteilssatzes) blieb unangefochten.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise, und zwar soweit sie sich gegen seinen Schuldspruch wegen Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (Punkt I 1 des Urteilssatzes) richtet, Berechtigung zu. Zutreffend verweist der Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge zunächst auf die im Ersturteil übergangenen Aussagen der Zeugen Christian C und Gert D in der Hauptverhandlung, aus denen hervorgeht, daß die M***Kreditvermittlungs GesmbH & Co KG in Väcklabruck, deren Dienste der Beschwerdeführer bei der Vermittlung des ihm von der Sparkasse der Stadt Schwanenstadt gewährten Darlehens von 100.000 S in Anspruch genommen hatte, von der an sie ausbezahlten Darlehenssumme neben einer Haftungsrücklage (in der Höhe von 23.000 S) und einer Kreditvermittlungsprovision auch eine Bürgschaftsprovision (in derzeit nicht bekannter Höhe) einbehielt und dem Beschwerdeführer nur den Restbetrag (der nach dessen Darstellung bloß 60.000 S betrug; vgl. S 474 d.A.) ausbezahlte (vgl. Zeuge Gert D, S 507 und 512 d.A.), ferner daß diese Kreditvermittlungsfirma für die 'Bezahlung der Gelder' (ersichtlich gemeint: für die Rückzahlung des gewährten Darlehens) haftet (Zeuge Christian C S 505 d.A.). Daran anknüpfend meint der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge, daß ihm angesichts der nach diesen Verfahrensergebnissen indizierten, im Ersturteil aber nicht getroffenen Feststellung über eine von der M*** Kreditvermittlungs GesmbH & Co KG im Zusammenhang mit diesem Kreditgeschäft übernommenen Verpflichtung als Bürge und Zahler im Urteilsfaktum I 1 Betrug nicht angelastet werden könnte. Entgegen der hier vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, bei einer Kreditaufnahme unter Beistellung eines Bürgen scheide Betrug von vornherein aus, kann zwar in einem solchen Fall eine Schädigung des Kreditgebers auch unter der Voraussetzung, daß ein tauglicher Bürge gestellt wird, nicht von vornherein ausgeschlossen werden, muß doch der Gläubiger beim Zahlungsverzug des Darlehensschuldners erst beim Bürgen Rückgriff nehmen, sodaß unter diesen Umständen allenfalls ein dem Täter anzulastender Verzögerungsschaden und sohin in diesem Umfang Betrug in Betracht kommen kann (vgl. Bertel, ÖJZ 1977, S 206 bis 208; ferner Kienapfel, Grundriß, BT II, RN 222 zu § 146

u. RN 91 zu § 147 StGB). Anderseits ist in einem solchen Fall aber auch ein an dem Bürgen begangener Betrug denkbar, soweit dieser nämlich über die Voraussetzungen zur Bürgschaftsübernahme getäuscht und dadurch nach dem Vorsatz des Täters (durch Inanspruchnahme aus der Bürgschaft) geschädigt werden sollte (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 43 zu § 146 StGB).

Das Ersturteil läßt, wie in der Beschwerde zutreffend gerügt wird, eine Feststellung darüber vermissen, ob die Firma M*** Kreditvermittlungs GesmbH & Co KG aus Anlaß der von ihr bei der Sparkasse der Stadt Schwanenstadt vermittelten Kreditgewährung an den Angeklagten tatsächlich die Bürgschaft für diesen Kredit übernahm, obgleich nach den vom Beschwerdeführer aufgezeigten, im Ersturteil aber unberücksichtigt gebliebenen Verfahrensergebnissen darüber Feststellungen zu treffen gewesen wären. Sollte nämlich tatsächlich eine solche (entgeltliche) Bürgschaftsübernahme durch diese Kreditvermittlungsfirma vorliegen und es sich bei diesem Unternehmen - auch nach den Vorstellungen des Beschwerdeführers - um einen tauglichen Bürgen gehandelt haben, wäre nach dem Vorgesagten unter der Annahme eines auch insoweit beim Angeklagten vorgelegenen Schädigungsvorsatzes in rechtlicher Beziehung unter Umständen Betrug an der Sparkasse der Stadt Schwanenstadt (bloß) in Ansehung eines (allenfalls vom Beschwerdeführer zumindest bedingt vorsätzlich gewollten) Verzögerungsschadens (dessen Vorliegen und dessen Höhe noch zu klären wäre), allenfalls aber auch Betrug an dem Bürgen (mit einer gleichfalls erst festzustellenden Schadenshöhe) in Betracht zu ziehen.

Da im Ersturteil zum Urteilsfaktum I 1 jene Tatsachenfeststellungen fehlen, die zu einer abschließenden rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts in den nach dem Vorgesagten in Betracht kommenden Richtungen erforderlich sind, war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten das Ersturteil in dem unter Punkt I 1 bezeichneten Schuldspruch des Angeklagten aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückzuverweisen.

Hingegen erweist sich die gegen seinen Schuldspruch wegen Vergehens der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2, erster Fall, StGB gerichtete Mängelrüge des Beschwerdeführers als nicht begründet. Mit dem Argument, es sei ihm die Möglichkeit zur Zufügung eines weit größeren Schadens (durch Ausstellung weiterer ungedeckter Schecks) offengestanden, vermag der Beschwerdeführer einen seinem Schuldspruch wegen Vergehens der Untreue anhaftenden Begründungsmangel in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1

StPO nicht darzutun, weil allein diese Möglichkeit der Annahme einer durch Scheckkartenmißbrauch (hier: durch Ausstellen von vier ungedeckten Schecks in der Höhe von je 2.500 S) begangenen Untreue keineswegs entgegensteht.

Der weitere Beschwerdeeinwand, es sei seine Verantwortung, damals auf seinem Konto den Eingang eines Geldbetrages von 5.000 DM erwartet zu haben, im Ersturteil unberücksichtigt geblieben, besteht nicht zu Recht, fand doch dieses Vorbringen des Angeklagten in der Hauptverhandlung, mit dem er ein auf Zufügung eines Vermögensnachteils abzielendes Vorhaben bei Ausstellung der vier seinem Schuldspruch wegen Vergehens der Untreue zugrundeliegenden Schecks zu bestreiten suchte, im Ersturteil eine ausführliche Erärterung (vgl. S 536 und 537 d.A.). Da sohin das Erstgericht auch diesen Teil seiner Verantwortung mit denkrichtiger und schlüssiger Begründung für widerlegt erachtete, liegt auch insoweit ein vom Beschwerdeführer behaupteter (formaler) Begründungsmangel des Ersturteils im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht vor. Mithin war über die Nichtigkeitsbeschwerde wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Mit seiner durch die Aufhebung des erstgerichtlichen Strafausspruches gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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