OGH 11Os17/81

OGH11Os17/811.4.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.April 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Robl als Schriftführers in der Strafsache gegen Christian A wegen des Verbrechens der versuchten Notzucht nach den §§ 15, 201 Abs 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengerichtes vom 26.November 1980, GZ. 11 Vr 324/80-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Koziel und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Dezember 1961 geborene (zuletzt beschäftigungslose) Hilfsarbeiter Christian A u.a. der Verbrechen der versuchten Notzucht nach den §§ 15, 201 Abs 1 StGB. und des Zwanges zur Unzucht nach dem § 203 Abs 1 StGB. schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß dem § 21 Abs 2 StGB. in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Nur den bezeichneten Teil des Schuldspruchs und die Einweisung gemäß dem § 21 Abs 2 StGB. bekämpft der Angeklagte der Sache nach mit seiner auf die Z. 4, 5, 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit er sich in Ausführung der Verfahrensrüge gegen die Abweisung seines Antrages wendet, zur Abwehr der vom öffentlichen Ankläger begehrten Maßnahme nach dem § 21 Abs 2 StGB. ein zweites medizinisches Sachverständigengutachten über seinen Geisteszustand einzuholen und zwar 'besonders zum Beweis dafür, daß seine Rehabilitation auch ohne Anstaltsaufenthalt möglich' sei (S. 243), bringt er den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO. nicht zur gesetzmäßigen Darstellung; denn es wurden anläßlich der Antragstellung in erster Instanz die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beiziehung eines zweiten Sachverständigen, nämlich Bedenken im Sinn der §§ 125, 126 StPO. gegen das erste Gutachten oder Schwierigkeiten der Begutachtung im Sinn des § 118 Abs 2

StPO. gar nicht behauptet. Die Frage der Rehabilitationsmöglichkeit außerhalb einer Anstalt ist für die Beurteilung, ob die Anlaßtaten unter dem Einfluß einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad begangen wurden, im übrigen ohne Belang. Unter Berufung auf den § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. erblickt der Beschwerdeführer einen inneren Widerspruch in der Feststellung des Erstgerichtes, daß er den Versuch der Notzucht an Veronika B nicht freiwillig beendete, sondern die Tat vollenden, aber er wolle es überhaupt oder wenigstens derzeit nicht. Selbst wenn der Täter irrig meint, der Vollendung der Tat stehe ein Hindernis entgegen, mangelt es an der Freiwilligkeit (Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2, RN. 2, 4 zu § 16). Da das Erstgericht ausdrücklich feststellte, der Beschwerdeführer habe von der Vollendung der Tat nicht freiwillig, sondern deshalb abgelassen, weil der auf der Straße stehende (von Veronika B als ihr Bruder ausgegebene und vom Beschwerdeführer - vgl. S. 15 - für elf- oder zwölfjährig gehaltene) Knabe trotz der Aufforderung, zu verschwinden, nicht wegging, liegen die Voraussetzungen der Strafaufhebung infolge Rücktritts vom Versuch nicht vor.

Der Sache nach ebenfalls keinen Begründungsmangel der Urteilsfeststellungen in Form eines Widerspruchs, sondern eine Rechtsrüge nach dem § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. ausführend bekämpft der Beschwerdeführer die - der rechtlichen Beurteilung zugehörige - Annahme des Gerichtes, er habe Veronika B dadurch, daß er sie am Hals erfaßte, ihr den Mund zuhielt, sie würgte, ein Stück von der Straße wegzerrte, zu Boden drückte und sich auf ihre Beine kniete, widerstandsunfähig gemacht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bejahte jedoch das Schöffengericht gerade im Sinn der im wesentlichen zutreffend zitierten Judikatur das Tatbestandsmerkmal der Widerstandsunfähigkeit zu Recht, ist doch nicht erkennen, wie die zur Tatzeit 15-jährige Veronika B in der vom Angeklagten geschaffenen Situation mit Aussicht auf Erfolg und ohne Eingehen einer unzumutbaren Gefahr für ihr Leben weiteren Widerstand hätte leisten können.

Auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. gestützt bringt der Beschwerdeführer schließlich vor, das Erstgericht habe zu Unrecht Realkonkurrenz zwischen den Verbrechen der versuchten Notzucht und des Zwanges zur Unzucht angenommen.

Insoweit wird die Rechtsrüge jedoch nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, weil das Schöffengericht ausdrücklich feststellte, daß die so qualifizierten Tathandlungen des Angeklagten auf getrennten Willensentschlüssen basierten (S. 268). Wenn die der (versuchten) Notzucht nachfolgenden selbständigen Unzuchtsakte aber auf einem gesonderten Willensentschluß des Täters beruhten, so liegt - wie das Erstgericht richtig erkannte - Realkonkurrenz zwischen Notzucht und Zwang zur Unzucht auch bei einem einheitlichen Tatgeschehen vor (vgl. die bei Leukauf-Steininger2, RN. 25 f. zu § 201 StGB. zitierte Judikatur). Die unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 201 Abs 1 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB.

eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten und ordnete gemäß dem § 21 Abs 2 StGB. die Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter an.

Bei der Strafbemessung wertete es die Deliktswiederholung, die Deliktshäufung, die einschlägigen Vorstrafen sowie den raschen Rückfall als erschwerend; als mildernd berücksichtigte es demgegenüber das nahezu vollständige reumütige Geständnis, das Alter unter 21 Jahren, die objektive Schadensgutmachung beim Betrug, daß es teilweise beim Versuch blieb sowie die höhergradige abnorme Persönlichkeit des Angeklagten.

Mit seiner Berufung begehrt Christian A die Herabsetzung des Strafausmaßes und bekämpft den Ausspruch nach dem § 21 Abs 2 StGB. Die Berufung ist nicht berechtigt.

Die ausgemessene Freiheitsstrafe wird der Schuld des Angeklagten, dem Gewicht seiner zahlreichen - während einer noch offenen Probezeit begangenen - Tathandlungen, aber auch seiner durch einschlägige Vorstrafen belasteten Täterpersönlichkeit durchaus gerecht. Für eine Strafmilderung besteht daher kein Anlaß. Das Erstgericht ging nach der Aktenlage, insbesonders in übereinstimmung mit dem gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachten, aber auch zutreffend davon aus, daß - unterbliebe die Anstaltsunterbringung - zu befürchten wäre, daß der Angeklagte abermals gleichartige Taten beginge. Die angeordnete Maßnahme erweist sich somit gleichfalls als geboten. Der Berufung des Angeklagten konnte daher in keinem Anfechtungspunkt ein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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