OGH 12Os2/81

OGH12Os2/815.3.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.März 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ludwig A wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1

StGB. und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. November 1980, GZ. 7 a Vr 8442/80-31, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Ludwig A, Rechtsanwalt Dr. Hubert Hasenauer, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.Mai 1942 geborene Autoverkäufer Ludwig A A) des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB. und B) des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 StGB. schuldig erkannt, weil er am 5. September 1980 in Wien ad A) versuchte, die Sicherheitswachebeamten Bezirksinspektor Erich B, Inspektor Josef C und Inspektor Johann D mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner (AS) Festnahme und überstellung (per Funkstreifenwagen) zum Bezirkspolizeikommissariat Landstraße zu hindern, indem er (wiederholt) den Genannten Schläge versetzte;

ad B) den zu A) genannten Inspektor Johann D während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben durch Versetzen eines Schlages gegen das Gesicht, wodurch D einen Bluterguß an der Schleimhaut der Oberlippe (rechts) erlitt, vorsätzlich am Körper verletzte.

Mit der ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich Ludwig A lediglich gegen den unter Punkt B) des Urteilssatzes ergangenen Schuldspruch wegen vorsätzlicher (schwerer) Körperverletzung (des Johann D) nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 StGB.

In Ausführung der beiden erstbezeichneten Nichtigkeitsgründe macht der Beschwerdeführer geltend, daß die Urteilsannahme, er habe im Falle des Sicherheitswachebeamten Johann D (auch) mit Verletzungsvorsatz gehandelt, einer einwandfreien Begründung entbehre. Diese Annahme sei insbesondere mit der auf Grund der Zeugenaussage des Johann D zu treffenden Feststellung unvereinbar, daß (auch) die von Ludwig A gegen D gerichteten Aggressionshandlungen in der erkennbaren Absicht vorgenommen worden seien, seine Festnahme bzw. die überstellung zum Kommissariat zu verhindern. Habe aber der Angeklagte lediglich diese überstellung verhindern wollen, so bleibe für die erfolgte Annahme eintätigen Zusammentreffens des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt (: unbekämpfter Schuldspruch laut Punkt A) des Urteilssatzes) mit dem Vergehen der vorsätzlichen (schweren) Körperverletzung (Punkt B) des Urteilssatzes) kein Raum. Aushilfsweise ventiliert der Beschwerdeführer schließlich in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. die Prüfung der gegen Inspektor D gerichteten Tathandlung des Angeklagten unter dem Gesichtspunkt einer fahrlässigen (leichten) Körperverletzung im Sinne des § 88 (Abs 1) StGB., wobei allerdings eine diesbezügliche abschließende Beurteilung mangels Feststellungen zu den Verletzungsfolgen sowie der damit allenfalls verbundenen Berufsunfähigkeit DS derzeit nicht möglich sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt in keiner Richtung hin Berechtigung zu:

Zunächst übersieht der Beschwerdeführer, daß das angefochtene Urteil ohnedies die von ihm mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. reklamierte Feststellung enthält, daß sein Vorsatz, abgesehen von dem urteilsmäßig konstatierten Verletzungsvorsatz gegenüber dem Inspektor Johann D, sowohl im Streifenwagen (wo Ludwig A zunächst dem rechts neben ihm auf der Rückbank sitzenden Inspektor D mit dem Handrücken ins Gesicht schlug und ihn dabei leicht an der Oberlippe verletzte und sodann weitere Schläge gegen den Fahrer und den Beifahrer des Funkstreifenwagens richtete), als auch nach dem Aussteigen (als er abermals begann, wild um sich zu schlagen) darauf gerichtet war, seine Festnahme und überstellung zu verhindern (sh. S. 166 unten und S. 167 oben d.A.). Daß das Erstgericht aber die gegen den Fahrer und Beifahrer gerichteten Tätlichkeiten des Angeklagten nicht - so wie im Falle des Inspektors D - zum Anlaß einer Prüfung in der Richtung (versuchter) vorsätzlicher Körperverletzung nahm, findet im (konstatierten) Fehlen jeglicher Verletzungen dieser beiden Beamten eine hinreichende Erklärung und bedurfte keiner näheren Erörterung im Urteil, zumal insoweit ein Anklagevorwurf nicht vorlag.

Im Falle des Inspektors Johann D hingegen ist die - schlüssige und lebensnahe - Urteilsannahme eines neben dem auf Hinderung der Amtshandlung gerichteten Vorsatzes des Angeklagten A bestandenen zusätzlichen Verletzungsvorsatzes (§ 5 Abs 1 StGB.) des Genannten durch den Hinweis des Erstgerichtes auf die u.a. als Feststellungsgrundlage dienenden Zeugenaussage des Johann D (S. 155 d. A.) und des Josef C (S. 156 d.A.), wonach der (einschlägig mehrfach vorbestrafte) Angeklagte mit der Hand seitlich aufgerieben und dem neben ihm im Fonds des Funkstreifenwagens sitzenden D auf die Lippe geschlagen hat, in Verbindung mit der tatsächlich eingetretenen Verletzung DS (sh. S. 63 d.A.), zureichend begründet und aktenmäßig gedeckt.

Angesichts dieser Urteilskonstatierungen zur inneren Tatseite des Angeklagten bleibt für die von ihm 'in eventu' mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. angestrebte Beurteilung in der Richtung einer bloß

fahrlässigen Körperverletzung kein Raum.

Idealkonkurrenz zwischen dem Tatbestand des § 269 Abs 1 StGB. und einem im Zuge der Widerstandsleistung verwirklichten Verletzungsdelikt ist möglich, sofern der Täter auch insoweit die erforderliche subjektive Tatseite

- beim Delikt der vorsätzlichen Körperverletzung Verletzungs-(oder Mißhandlungs-)vorsatz - erfüllt hat (vgl. Leukauf-Steininger, RN. 32 zu § 269 StGB.; Kienapfel, Grundriß BT. I RN. 363; RZ 1979/65; EvBl 1976/45, 120).

Da dies das Erstgericht vorliegend in Ansehung des vom Angeklagten im Funkstreifenwagen gegen Inspektor D geführten Schlages als erwiesen angenommen hat, ist der Schuldspruch zu Punkt B) des Urteilssatzes wegen des Vergehens nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 StGB.

auch frei von Rechtsirrtum.

Es war mithin der zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten der Erfolg zu versagen.

Ludwig A wurde nach §§ 269 Abs 1, 28 StGB.

und gemäß §§ 31, 40 StGB. unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10.Oktober 1980, GZ. 7 a E Vr 8589/80-8 (mit diesem Urteil wurde über den Angeklagten nach §§ 15, 108 Abs 1

StGB. eine viermonatige Freiheitsstrafe verhängt) zu einer Zusatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von einem Jahr verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen zweier Straftaten, die einschlägigen Vorstrafen und die Wiederholung des tätlichen Widerstandes (auch nach Verlassen des Streifenwagens), als mildernd, daß es beim Widerstand gegen die Staatsgewalt beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe.

Auch die Berufung ist nicht berechtigt.

Da der Angeklagte in alkoholisiertem Zustand schon mehrfach strafbare Handlungen begangen hat, kann seine Alkoholisierung zur Tatzeit im Sinne des § 35 StGB. nicht als mildernd gewertet werden. Daß keine dem Grad und den Folgen nach schwerere Verletzung des Zeugen erfolgte, kommt dem Angeklagten als Milderungsgrund nicht zugute, denn nach der Bestimmung des § 84 Abs 2 StGB. kommt in den dort genannten Fällen die strengere Strafdrohung des § 84 Abs 1 StGB. schon dann zur Anwendung, wenn nur eine leichte Folge im Sinne des § 83 StGB. eingetreten ist. Auch wenn man noch das teilweise Geständnis zu den übrigen vom Erstgericht zutreffend angenommenen Strafbemessungsgründen als weiteren Milderungsgrund wertet, ist die verhängte Zusatzfreiheitsstrafe mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des oftmals einschlägig vorbestraften Angeklagten, der immer wieder rasch rückfällig wurde, nicht überhöht.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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