Spruch:
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, gemäß § 290 Abs. 1 StPO. im Schuldspruch laut Punkt 1
des Urteilssatzes und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB.) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang A des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB. und des Vergehens nach § 36 Abs. 1
lit. a WaffG. schuldig erkannt.
Das erstbezeichnete Verbrechen liegt ihm zur Last, weil er am 20. Dezember 1979 in Wien dem Suleyman B durch einen gezielten Pistolenschuß aus einer Entfernung von fünf bis zehn Metern eine an sich schwere und mit einer länger als vierundzwanzig Tage dauernden Gesundheitsschädigung verbundene Körperverletzung, nämlich einen Durchschuß der linken Brustkorbhälfte mit Perforation des linken Lungenunterlappens, absichtlich zufügte.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der (nur) gegen diesen Schuldspruch erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Urteil zum Nachteil des Beschwerdeführers insoweit mit einer dahin nicht geltend gemachten Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.
(in bezug auf §§ 83, 84 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB.) behaftet ist, als es keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite des § 87 Abs. 1 StGB. enthält.
Der bloße Gebrauch des Wortes 'Absicht' in diesem Zusammenhang (S. 466, 467, 468) ist nicht mehr als eine substanzlose Verwendung des maßgebenden verbum legale, dem ein zur rechtlichen Beurteilung des Tätervorsatzes in Abgrenzung zu anderen Vorsatzarten geeignetes Tatsachen-
-Substrat nicht zu entnehmen ist (vgl. RZ. 1979/92 u.a.); außerdem bezieht sich der besagte Ausdruck in den hier in Betracht kommenden Passagen des Urteils überhaupt (jeweils) nur auf das Treffen des Opfers (mit dem Schuß) oder auf die Herbeiführung einer Verletzung schlechthin, nicht aber auch auf die qualifikationsrelevante Schwere der betreffenden Verletzung. Ebensowenig zielführend ist (für sich allein) die Feststellung, der Angeklagte habe B schwer verletzen 'wollen' (S. 463, ähnlich S. 466, 469), weil im Gesetz bekanntlich alle Varianten des Vorsatzes als das Verwirklichen-'Wollen' des einem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhalts umschrieben werden (RZ. 1977/69 u.a.). Schon damit bleibt es unklar, ob das Schöffengericht, welches an keiner einzigen Stelle der umfangreichen Urteilsbegründung den Willensfaktor im Tätervorsatz unmißverständlich (vgl. etwa EvBl.
1976/242, Leukauf-Steininger, StGB.2, RN. 5 zu § 5, oder Foregger-
Serini, StGB.2, Anm. II zu § 5) beschrieben hat, mit seinen darauf
bezogenen Aussprüchen wirklich auf die Feststellung eines Vorhabens
des Angeklagten abzielte, welches in rechtlicher Hinsicht als
Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.) zu beurteilen ist. Vollends zweifelhaft
wird dies indessen durch jene (mehrfachen) Argumente für die Annahme
einer bezüglichen 'Absicht', der Angeklagte müsse 'damit gerechnet
haben, den Verfolgten auch zu treffen, was er ... auch wollte' (S.
466), er habe (über Vorhalt) zugeben müssen, 'daß er damit rechnen
mußte, ... eine Person zu treffen' (S. 467 f.), und er 'mußte ... um
die Auswirkungen des Schusses wissen und diese auch gewollt haben' (S. 469), nach denen zum Teil sogar die Möglichkeit einer bloßen Fahrlässigkeit offen bliebe (vgl. etwa ÖJZ-LSK. 1978/142), jedenfalls aber nicht angenommen werden kann, daß sich das Erstgericht über den Unterschied zwischen Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.) und bedingtem Vorsatz (§ 5 Abs. 1, zweiter Halbsatz, StGB.) im klaren war. Daß andere Urteilsfeststellungen - wie etwa die, wonach sich der Angeklagte entschlossen habe, B mit einem Schuß niederzustrecken (S. 475) - die Annahme eines in bezug auf die Herbeiführung einer schweren Körperverletzung des Opfers absichtlichen (§ 5 Abs. 2 StGB.) Handelns nahelegen, vermag den aufgezeigten, ins Auge springenden Feststellungsmangel zur subjektiven Tatseite des § 87 Abs. 1 StGB. nicht zu beheben. Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. war daher, ohne daß es einer Erörterung des (darauf nicht Bezug nehmenden) Beschwerdevorbringens bedurfte, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 285 e StPO. (i.d.F. BGBl. 1980/28) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung von Amts wegen wie im Spruch zu erkennen; mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung war der Angeklagte darauf zu verweisen.
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