OGH 12Os163/80

OGH12Os163/8011.12.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Dezember 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Verbrechens nach § 6 SGG., zum Teil als Beteiligter nach § 12 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.Mai 1980, GZ. 6 d Vr 2097/80-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Peter Philipp und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 9.November 1954 geborene Tapezierer Herbert A, der in den letzten Jahren keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen war, wurde mit dem angefochteten Urteil des Verbrechens nach § 6 Abs. 1 SGG., zum Teil als Beteiligter gemäß § 12 StGB. begangen, und des Vergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a und b FinStrG. als Beteiligter gemäß § 11 FinStrG. schuldig erkannt.

Ihm liegt zur Last, in Wien I. zu den strafbaren Handlungen des abgesondert verfolgten Rudolf B, der vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen aus der Türkei ausgeführt und in Spielfeld-Strass nach Österreich eingeführt hat, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, beigetragen und den Rudolf

B zur Ausführung dieser strafbaren Handlungen bestimmt zu haben, indem er ihm 1. im Juli 1977 einen PKW. zur Verfügung stellte, ihn aufforderte, mit diesem in die Türkei zu fahren, und ihn anwies, dort 30 kg Cannabisharz zu übernehmen, im PKW. zu verbergen und damit nach Wien zurückzufahren;

2. im September 1977 einen PKW. übergab, ihn aufforderte, damit in die Türkei zu fahren, und ihn anwies, dort neuerlich 30 kg Cannabisharz zu übernehmen und mittels PKW. nach Wien zu bringen, und in der Folge im Sinne einer vorher mit Rudolf B getroffenen Vereinbarung jeweils die 30 kg Cannabisharz übernahm;

II. vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr gesetzt zu haben, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit

von Menschen entstehen konnte, indem er 1. im Juli 1977 30 kg

Cannabisharz 2. im September 1977 weitere 30 kg Cannabisharz von

Rudolf B entgegennahm und in der Folge unbekannten Personen zwecks Weiterverbreitung übergab;

III. den Rudolf B durch die zu I/1 und 2 angeführten Tathandlungen bestimmt zu haben, eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich insgesamt 60 kg Cannabisharz, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht (dem Zollverfahren) zu entziehen, wobei die hinterzogenen Eingangsabgaben 596.000 S (Zoll) betrugen, und diese Taten als Mitglied einer Bande, der auch die abgesondert verfolgten Rudolf B, Joussef C und andere Mitglieder angehörten, die sich zum Schmuggeln verbunden hatten, begangen zu haben, wobei es ihm darauf angekommen ist, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Herbert A mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4, 5 und 9 lit. a - der Sache nach Z. 10 - des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Verfahrensmängel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes erblickt der Beschwerdeführer in der Ablehnung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge auf Einvernahme der Zeugin Maria B zum Beweis dafür, daß die Genannte im Zuge des Scheidungsverfahrens sämtliche Schulden (ihres damaligen Ehegatten Rudolf B) übernommen habe, auf Beischaffung des Reisepasses des Rudolf B zum Nachweis dafür, wie oft jener die türkische Grenze passiert hat, sowie auf Einvernahme des Zollwachebeamten Theodor D und der Gattin des Angeklagten Gabi A über den Inhalt des dem Gedächtnisprotokoll vom 13.Juli 1978 zugrundeliegenden Gesprächs (Seite 366 d.A.).

Die Abweisung dieser Beweisanträge wurde damit begründet, daß an der Aussage des Zeugen Rudolf B nicht der geringste Zweifel bestanden hat, B selbst die Geldschwierigkeiten als Motiv für die Suchtgifttransporte genannt hat, laut Feststellung der Erhebungsbeamten des LG. (Landesgendarmeriekommandos für) Kärnten zumindest das Ein- und Ausreisedatum anläßlich der ersten Schmuggelfahrt im Paß aufscheint und daß die Frage, ob und inwieweit Herbert A anläßlich seiner Vernehmung am 13.Juli 1978 ein Geständnis ablegen wollte, nicht eindeutig hätte geklärt werden können und daher auch bei der Beweiswürdigung unberücksichtigt geblieben ist (S. 367 und 380 d.A.).

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmängel sind nicht gegeben.

Eine Vernehmung der Gattin des Rudolf B war entbehrlich, zumal der Genannte seine Geldschwierigkeiten insbesondere mit dem Verlust der bisherigen Wohnung und dem Beziehen einer neuen Wohnung begründet hat (S. 93 und 354 d.A.).

Zu den beiden, den Gegenstand des Schuldspruchs bildenden Schmuggelfahrten wird in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, daß der voll geständig gewesene Rudolf B deswegen bereits gerichtlich verurteilt worden ist und auch nicht einzusehen wäre, warum B sich insoweit wahrheitswidrig selbst belastet haben sollte (Seite 377 d.A.). Zudem ergibt sich aus dem Akteninhalt, daß Rudolf B den Eintragungen im (neuen) Reisepaß L 0609489 zufolge (allein) in der Zeit vom 5.August 1977

bis 9.April 1978 - u.a. vom 9. bis 13.September 1977 - insgesamt sechsmal in der Türkei gewesen ist (S. 87 d.A.). Bei dieser Sachlage war die Beischaffung des ersten Reisepasses des Rudolf B nicht erforderlich. Das Beweisthema, wie oft B die türkische Grenze passiert hat, betrifft gar keinen entscheidungswesentlichen Punkt.

Daß Herbert A anläßlich seiner Vernehmung beim Zollamt Klagenfurt die Autotransporte in die Türkei mit dem Rauschgifthandel in Verbindung gebracht habe, wurde vom Erstgericht gar nicht angenommen. Inhaltlich der damals errichteten Niederschriften (S. 243 ff. und 259 ff. d.A.) hat er dies strikt in Abrede gestellt. Die Vernehmung der Zeugen Theodor D und Gabi A war somit entbehrlich. Die vom Beschwerdeführer überdies vermißte Vernehmung seiner Ehegattin auch über seinen Lebenswandel, seine Verdienstmöglichkeiten und seine Unterbringung war weder Gegenstand des Beweisantrages noch wäre daraus für die Lösung der Schuldfrage etwas zu gewinnen gewesen.

Durch die Abweisung der in Rede stehenden Anträge sind daher die Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt worden. Als Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. werden vom Beschwerdeführer Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen und Angabe nur offenbar unzureichender Gründe geltend gemacht.

Was zunächst die nach Meinung des Beschwerdeführers divergierenden Angaben des Zeugen Rudolf B über die Anzahl der von ihm unternommenen Fahrten in die Türkei anlangt, so kommt dem Umstand, wie oft B insgesamt - auch noch nach den allein Gegenstand des Schuldspruchs bildenden beiden Suchtgifttransporten - in der Türkei gewesen ist, für den vorliegenden Straffall entscheidungswesentliche Bedeutung nicht zu. Daß der Angeklagte A ebenfalls in der Türkei gewesen sei, hat der Zeuge lediglich einer bezüglichen Äußerung des Angeklagten entnommen (S. 362 d.A.).

Als Käufer der in Rede stehenden PKW. ist nicht der Angeklagte, sondern in einem Fall der Zeuge Rudolf B und im zweiten Fall die Gattin des Angeklagten aufgetreten. Daraus erklärt sich, daß der Angeklagte bei der Firma E, bei der das erste Fahrzeug gekauft worden war, unbekannt ist (vgl. S. 221-223, 271 und 360 d.A.). Die Suchtgifttransporte aber hat Rudolf B unumwunden zugegeben (S. 93 ff., 119 ff., 217 ff., 305, 356 und 358

d. A.).

Es sind daher auch die vom Angeklagten in diesem Zusammenhang

behaupteten Begründungsmängel nicht gegeben.

Für rechtsirrig im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. erachtet der Beschwerdeführer den Schuldspruch insofern, als ihm Begehung der strafbaren Handlungen als 'Mitglied einer Bande' (§ 6 Abs. 1 SGG.) bzw. als 'Mitglied einer Bande von mindestens drei Personen, die sich zum Schmuggeln verbunden haben, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds' (§ 38 Abs. 1 lit. b FinStrG.) zur Last gelegt wird, womit er der Sache nach nicht den angerufenen Nichtigkeitsgrund, sondern Nichtigkeit des bezüglichen Ausspruchs nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. geltend macht.

Doch auch die Rechtsrüge versagt.

Unter 'Bande' ist eine Verbindung von mindestens drei Personen zu verstehen, die sich zu dem Zweck zusammengeschlossen haben, daß Bandenmitglieder - allein oder gemeinsam - fortgesetzt Straftaten begehen, die im einzelnen noch unbestimmt sind (siehe Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, RN. 2 und 3 zu § 278). Mitglieder einer solchen Bande sind aber auch Personen, die erst später zur Bande stoßen oder nur fallweise, jedoch in Kenntnis des Umstandes, damit die Ziele der Bande zu fördern, im Rahmen der Bande an einzelnen Straftaten derselben mitwirken (EvBl. 1974/146; ÖJZ-LSK. 1979/46).

Bei der vom Erstgericht getroffenen Feststellung, daß der Angeklagte Herbert A 'als Mitglied einer Bande gehandelt' hat, 'deren Absicht darauf gerichtet war, sich durch die wiederkehrende Begehung des Suchtgifthandels und Suchtgiftschmuggels eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen' (S. 377 d.A.), handelt es sich um eine Schlußfolgerung (arg. 'Somit') aus den in den Entscheidungsgründen vorgenommenen Tatsachenfeststellungen, wonach der Angeklagte A den Rudolf B zu Suchtgifttransporten aus der Türkei angeworben hat, für die jener pro Fahrt 25.000 S erhalten sollte, und B mit dem an der Organisation von Rauschgifttransporten beteiligten Libanesen Joussef F bekannt gemacht hat, worauf Rudolf B zweimal im Auftrag des Angeklagten in die Türkei gefahren ist, wo nach Kontaktaufnahme mit dem libanesischen Staatsangehörigen Joussef C die beiden zur Hinfahrt benützten PKW. gegen Fahrzeuge ausgetauscht wurden, in denen je ca. 30 kg Cannabisharz versteckt waren, die von B sodann nach Österreich gebracht und in Wien dem Angeklagten A übergeben worden sind (S. 375-376 d.A.). Diese Feststellungen rechtfertigen aber durchaus die Annahme, daß die betreffenden Suchtgifttransporte von einer internationalen Suchtgifthändlerorganisation durchgeführt worden sind und daß dieser Umstand auch dem Angeklagten A bekannt gewesen ist, dessen enger Kontakt zu den Brüdern F in den Entscheidungsgründen hervorgehoben wird (S. 378 d.A.). Einer namentlichen Feststellung weiterer Bandenmitglieder hat es nicht bedurft, zumal es im Interesse einer derartigen Organisation liegt, daß die einzelnen Bandenmitglieder jeweils nur jene Personen kennen, mit denen sie unmittelbar zusammenarbeiten. Da sich somit auch die Rechtsrüge als nicht zielführend erweist, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert A zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 6 Abs. 1 SGG., 2. Strafsatz, 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 (vier) Jahren, nach § 6 Abs. 4 SGG. zu einer Wertersatzstrafe von 400.000 S, im Nichteinbringungsfall zu 8 (acht) Monaten Ersatzfreiheitsstrafe und nach §§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 1 FinStrG. zu einer Geldstrafe von 500.000 S, im Nichteinbringungsfall zu 10

(zehn) Monaten Ersatzfreiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe, die große Suchtgiftmenge, die Begehung mehrerer Delikte, sowie den Umstand, daß der Angeklagte als Anstifter und Mitorganisator beteiligt war, als mildernd die Unbescholtenheit zum Faktum III.

des Urteilssatzes.

Bei der Bemessung der Wertersatzstrafe gemäß § 6 Abs. 4 SGG. für die nichtergriffene Suchtgiftmenge von 60 kg Cannabisharz wurde für die Bandenmitglieder (mindestens 4) der entsprechende Betrag ausgespart und der ortsübliche Preis zu Grunde gelegt.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine schuldangemessene Herabsetzung der Freiheits-, Geld- und Wertersatzstrafen an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Den Ausführungen des Angeklagten, daß Heroin (noch) wesentlich gefährlicher als Cannabisharz ist, kann zwar grundsätzlich zugestimmt werden, dennoch ist bei der großen Menge des eingeführten Suchtgiftes (60 kg Cannabisharz), das geeignet ist, eine sehr große Zahl von Haschischzigaretten herzustellen, wodurch zahlreiche Personen der Sucht zugeführt werden können und der Tatsache, daß der Angeklagte eine führende Rolle (zumindest im Inland) bei der Einfuhr und Verteilung des Suchtgiftes hatte, ist die Freiheitsstrafe nicht zu hoch.

Auch die Wertersatzstrafe von 400.000 S wurde vom Erstgericht im Sinne der Grundsätze des § 6 Abs. 4 SGG.

zutreffend festgesetzt.

Bei einem wertbestimmenden Betrag von 596.000 S (hinterzogene Eingangsabgaben, Zoll) und der gewerbsmäßigen Begehung ist die nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1

lit. a FinStrG. bemessene Geldstrafe schuldangemessen. Die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen sind ebenfalls nicht überhöht. Es war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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