OGH 13Os172/80

OGH13Os172/8011.12.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Dezember 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Reissner als Schriftführers in der Strafsache gegen Gerlinde A wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB. und einer weiteren strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 8. August 1980, GZ. 20 U 465/80-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Gerlinde A wegen §§ 133 Abs. 1, 198 Abs. 1 StGB., AZ. 20 U 465/80 des Jugendgerichtshofs Wien, verletzt das Urteil dieses Gerichtshofs vom 8.August 1980, GZ. 20 U 465/80- 22, soweit damit Gerlinde A des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 StGB.

auch 1. für den Zeitraum vom 13.Mai 1973 bis 11.Februar 1976 und vom 21. März 1976 bis 20.April 1976 sowie 2.

für den Zeitraum vom 20.Juli 1980 bis 7.August 1980 schuldig erkannt wurde, das Gesetz zu 1. in dem sich aus den Bestimmungen der §§ 489 bis 491 StPO. ergebenden Verbot der neuerlichen Verfolgung wegen einer bereits (wenn auch noch nicht rechtskräftig) abgeurteilten Tat und zu 2. in der Bestimmung des § 198 Abs. 1 StGB.

Es werden dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, die Angeklagte habe das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 StGB. auch in der Zeit vom 13.Mai 1973 bis 11.Februar 1976, vom 21.März 1976 bis 20.April 1976

und vom 20.Juli 1980 bis 7.August 1980 begangen, und demgemäß auch im Strafausspruch, sowie alle darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen, insbesondere auch die Strafvollzugsanordnung (in ON. 23) aufgehoben, und es wird gemäß den §§ 288 Abs. 2 Z. 3, 292 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Gerlinde A wird von der gegen sie erhobenen Anklage, sie habe auch in der Zeit vom 13.Mai 1973 bis 11.Februar 1976, vom 21.März 1976 bis 20.April 1976 und vom 20.Juli 1980 bis 7.August 1980 ihre im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Sohn Rupert B gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre, gemäß dem § 259 Z. 3

StPO. freigesprochen.

Für die ihr nach dem aufrecht bleibenden Teil des Urteils weiterhin zur Last fallenden Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 StGB.

und der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB. wird Gerlinde A nach dem § 198 Abs. 1 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Wochen verurteilt.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 8.August 1980, GZ. 20 U 465/80-22, wurde die am 15.Oktober 1952 geborene Arbeiterin Gerlinde A der Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 StGB. und der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt und (unter Vorhaftanrechnung) zu vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Zum erstgenannten Schuldspruch wurde ihr angelastet, sie habe in der Zeit vom 13.Mai 1973 bis 7. August 1980 (mit Ausnahme der Haftzeiten vom 12.Februar bis 20. März 1976) dadurch, daß sie für ihren am 23.November 1970 geborenen Sohn Rupert B keinerlei Unterhaltszahlungen leistete, ihre im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß dessen Unterhalt ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre.

Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft; das Protokoll über die Hauptverhandlung und die Ausfertigung des Urteils wurden durch einen Vermerk gemäß dem § 458 Abs. 2 StPO ersetzt.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Mit dem Urteil des Bezirksgerichts Linz-Land vom 20.April 1976, GZ. 4 U 206/76-9, war Gerlinde A nämlich bereits des an ihrem minderjährigen Sohn Rupert B begangenen Vergehens nach dem § 198 Abs. 1 StGB.

bezüglich des Zeitraums vom 12.März 1973 bis 20.April 1976 (mit Ausnahme der Haftzeiten vom 10.Februar bis 1.April 1976) schuldig erkannt und zu drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zufolge dieses Urteils, dessen Rechtskraft allerdings erst am 21. August 1980

eintrat, war aber eine neuerliche Verfolgung der Beschuldigten wegen derselben Tat, mithin wegen der ihr angelasteten Verletzung der Unterhaltspflicht in Ansehung des Deliktszeitraums bis 20.April 1976 unzulässig, weil insoweit ab dem Zeitpunkt der Urteilsfällung durch das Bezirksgericht Linz-Land ein (vorerst temporäres) Verfolgungshindernis bestand (vgl. dazu u.a. EvBl. 1980/186 = LSK. 1980/79).

Überdies befand sich die Beschuldigte im Verfahren zu 20 U 465/80 des Jugendgerichtshofs Wien - wie auch im Ausspruch über die Vorhaftanrechnung zum Ausdruck kommt -

seit dem 20.Juli 1980 in Haft, sodaß ihr ab diesem Zeitpunkt eine Nichterfüllung der Unterhaltspflicht nicht zum Vorwurf gemacht werden kann.

Das eingangs zitierte Urteil des Jugendgerichtshofs Wien verletzt sohin im aufgezeigten Umfang das Gesetz zum Nachteil der Beschuldigten.

Bei der vorzunehmenden Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend: die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen und das Zusammentreffen von zwei Vergehen, hingegen wurde das Geständnis als mildernd berücksichtigt. Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe und der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Normen (§ 32 StGB.) erscheint eine zehnwöchige Freiheitsstrafe angemessen.

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