Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28. März 1946 geborene Maurer Günther A des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127
Abs. 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 13. August 1979 in Wien versuchte, der Marianne B Bargeld und verwertbare Gegenstände durch Einbruch in ihre Wohnung mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er einerseits mehrmals seinen Körper gegen die versperrte Eingangstüre warf oder, sich mit dem Fuß an dem Stiegengeländer abstemmend, gegen diese drückte und andererseits mittels eines Nachschlüssels oder anderer Werkzeuge die Eingangstüre zu öffnen suchte. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 9
lit. a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund behauptet der Beschwerdeführer, er sei durch die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Vornahme eines Lokalaugenscheines und auf Vernehmung der Zeugin N. C (S 113 f) in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge versagt. Durch die Vornahme des Ortsaugenscheines wollte der Beschwerdeführer nachweisen, daß es nach den örtlichen Verhältnissen ausgeschlossen sei, sich mit den Füßen gegen das Stiegengeländer zu stützen und gleichzeitig mit den Händen und der Schulter gegen die Türe zu drücken, woraus wiederum abzuleiten gewesen wäre, daß die bezügliche Darstellung der Zeugen Andrea, Sabine und Regina D nicht den Tatsachen entsprechen könne. Er übersieht hiebei die auf Grund der - nicht in Zweifel gesetzten - Zeugenaussage der Marianne B getroffene Urteilsannahme, wonach - entsprechend der üblichen Bauweise in neueren Gemeindebauten - das Stiegengeländer von der gegenüberliegenden Stiegenhauswand nur etwa 1,20 m entfernt ist und demzufolge dessen Abstand zur schräg gegenüberliegenden Wohnungseingangstüre (S 119) ebenfalls nicht wesentlich mehr beträgt. Angesichts dieser, ihm bereits vorgelegenen, Verfahrensergebnisse konnte das Erstgericht die in Rede stehenden örtlichen Verhältnisse für hinreichend geklärt erachten, und zwar dahin, daß die von den genannten Zeuginnen wiedergegebenen Beobachtungen mit den Gegebenheiten am Tatort durchaus in Einklang zu bringen seien und von der beantragten Beweisaufnahme in dieser Beziehung für die Wahrheitsfindung nichts Wesentliches zu erwarten war.
Ferner sollte durch diesen Augenschein dargetan werden, daß nach physischen Verhältnissen des Beschwerdeführers und der Beschaffenheit der Wohnungseingangstüre deren Aufbrechen durch bloßes Entgegenstemmen unmöglich sei.
Dieses Beweisthema betrifft indes keinen für die Entscheidung wesentlichen Umstand, weil - wie noch zur Rechtsrüge näher auszuführen sein wird - die Frage, ob ein absolut untauglicher (und daher strafloser) oder ein bloß relativ untauglicher (und somit strafbarer) Versuch vorliegt, unter Anlegung eines abstrahierenden und generalisierenden Maßstabs losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalles zu beantworten ist. Daß eine Tatvollendung aber objektiv unter keinen Umständen möglich gewesen wäre, hätte der Ortsaugenschein nicht aufzeigen können.
Die Zeugin C sollte bestätigen, daß der Angeklagte mit ihr, bevor er an der Wohnungstüre der Marianne B klopfte, gesprochen und ihr mitgeteilt habe, er müsse seiner früheren Lebensgefährtin etwas (zurück-)geben.
In diesem Punkt kann sich der Angeklagte durch das Unterbleiben der Beweisaufnahme schon deshalb nicht beschwert erachten, weil das Erstgericht - insoweit seiner Verantwortung folgend - ohnedies nicht nur die Tatsache des erwähnten Gesprächs sondern auch dessen behaupteten Inhalt als erwiesen annahm (S 127, 135). Mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5
des § 281 Abs. 1 StPO bezeichnet der Beschwerdeführer das Urteil mehrfach als unzureichend und unvollständig sowie undeutlich begründet und mit einem inneren Widerspruch behaftet.
Die Mängelrüge schlägt nach keiner Richtung hin durch: Ihren Ausführungen zuwider findet die Konstatierung des Erstgerichtes, der Angeklagte habe mit Hilfe von - im einzelnen nicht spezifizierten - Nachschlüsseln oder zur Nachsperre vorgesehenen Werkzeugen, die er an einem Schlüsselbund getragen habe, versucht, an der Wohnungstüre der Marianne B das obere Türschloß mehrmals und das untere Schloß zumindest einmal zu öffnen, in den - vom Gericht hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Beweiskraft positiv beurteilten - Aussagen der Zeugen Andrea und Sabine D (S 105 ff, 109) ihre hinreichende Begründung. Die Urteilsannahme, der Angeklagte habe die größeren Scherben des eingedrückten Gucklochglases vom Tatort selbst entfernt (und Blutspuren, die durch eine dabei erlittene Schnittverletzung an den Fingern entstanden waren, von der Türe abgewischt), konnte das Erstgericht auf die Zeugenaussage der Marianne B stützen (S 100 unten). Im übrigen begründete das Schöffengericht aber seine Überzeugung, der Angeklagte habe in die Wohnung der Marianne B einbrechen und sich daraus Bargeld sowie verwertbare Gegenstände aneignen wollen, keineswegs nur damit, daß er bestrebt war, Spuren seiner Tat zu verwischen. Es legte vielmehr unter Verwertung aller wesentlichen Verfahrensergebnisse eingehend und schlüssig dar, warum es - entgegen der leugnenden Verantwortung des Angeklagten - den Diebstahlsvorsatz als erwiesen annahm. Soweit der Beschwerdeführer aus den Beweisergebnissen andere, für ihn günstigere Schlußfolgerungen ableiten will, bekämpft er daher nur in unzulässiger und folglich unbeachtlicher Weise die im Nichtigkeitsverfahren einer Überprüfung entzogene Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.
Schließlich vermag der Beschwerdeführer auch mit der Behauptung, das Erstgericht habe die Zeugenaussage des erhebenden Sicherheitswachebeamten Walter E unerörtert gelassen, keine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung in Ansehung eines entscheidungswesentlichen Umstands aufzuzeigen. Abgesehen davon, daß dieser Zeuge das Aufdrücken einer doppelwandigen Paneeltüre mit Holzboden, wie sie hier eine Rolle spielt, nur als 'etwas schwierig', nicht aber als geradezu unmöglich bezeichnete (S 97), kommt seinen Angaben für die rechtliche Beurteilung der Tat keine Bedeutung zu:
Von einem absolut untauglichen und daher straflosen Versuch (§ 15 Abs. 3 StGB) kann nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes lediglich dann gesprochen werden, wenn die Tatvollendung - wie bereits kurz angedeutet - objektiv unter keinen Umständen möglich war, ein Erfolgseintritt demnach auch bei generalisierender, von den Besonderheiten des Einzelfalles gänzlich losgelöster Betrachtungsweise nicht erwartet werden kann. Bloß relativ untauglich ist dagegen ein Versuch, wenn der Erfolgseintritt nur zufolge der Gegebenheiten des Einzelfalles unterblieben ist, das bei der Tat verwendete Mittel oder das Objekt, an dem die Tat begangen wird, also für die Herbeiführung des Erfolges zwar in abstracto geeignet ist, die Vollendung der Tat aber in concreto nicht möglich war.
Daß sich die Mittel, die der Angeklagte im vorliegenden Fall zur Verwirklichung seines Vorhabens, die Wohnungstüre der Marianne B aufzudrücken oder mittels Nachsperre zu öffnen, als unzulänglich erwiesen, entkleidet demnach die inkriminierte Handlungsweise nicht des (tatbildmäßigen) Charakters eines Einbruchsversuches (§§ 15, 129 Z 1 StGB).
Hiebei ist gleichgültig, ob die Vollendung des Einbruchsdiebstahls an den persönlichen Fähigkeiten des Angeklagten, an dem - im Hinblick auf sein Bestreben, Lärm zu vermeiden - zu geringen Ausmaß der Gewaltanwendung oder an der Beschaffenheit der Wohnungseingangstüre und ihrer Sperrvorrichtung scheiterte. Damit erledigt sich gleichzeitig der auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gestützte, nach dem Gesagten unzutreffende Beschwerdeeinwand, das Gericht habe angesichts dessen rechtsirrig strafbaren Versuch angenommen, daß es unmöglich gewesen sei, die Wohnungstüre der Marianne B durch Dagegenstemmen 'mit wenig Lärm und wenig Druck' aufzubrechen. Die Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten als bloß relativ untauglicher und daher strafbarer Versuch erweist sich vielmehr bei der gegebenen Sachlage als rechtlich einwandfrei.
Schließlich macht der Beschwerdeführer aus dem Grunde der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO geltend, es komme ihm freiwilliger Rücktritt vom Versuch gemäß § 16 Abs. 1
StGB zustatten, weil er von einem nach Ansicht des Gerichtes an sich durchführbaren und als solchen erkannten Vorhaben abgelassen habe. Damit bringt er den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen Ausführung nach dem Gesagten ein Festhalten an dem festgestellten Sachverhalt voraussetzt, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Denn nach den Urteilsfeststellungen gab der Angeklagte die weitere Ausführung der Tat auf, nachdem seine Bemühungen, in die Wohnung seiner früheren Lebensgefährtin durch Eindrücken der Türe oder durch Nachsperre einzudringen, mißlungen waren und er sich beim Zerschlagen des Gucklochglases an den Fingern verletzt hatte, und zwar deshalb, weil ihm ein Aufwand an Zeit und Kraft, welcher zwangsläufig mit größerer Lärmerzeugung verbunden gewesen wäre, zu risikoreich erschien (S 128, 137). Die Abstandnahme von der Vollendung des Einbruchs erfolgte demnach, - ausgehend von den im Urteil getroffenen Tatsachenannahmen - nicht freiwillig, sondern deshalb, weil sich der Angeklagte außerstande sah, diese Straftat ungestört planmäßig zu vollenden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. Dezember 1979, GZ. 3 b Vr 9017/79-14 - womit über ihn wegen des (in 2 Fällen verübten) Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128
Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB (Schadenssumme beim vollendeten Faktum etwa 5.100 S) und des Vergehens nach § 133 Abs. 1 StGB (Schadenssumme 1.500 S) gemäß §§ 28, 129 StGB eine zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe verhängt worden war - nach § 129 StGB zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von drei Monaten.
Der Berufung des Angeklagten, der jedenfalls eine Herabsetzung des Strafmaßes nach Möglichkeit aber sogar die gänzliche Abstandnahme von einer Zusatzstrafe anstrebt, kommt Berechtigung zu. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes wäre der Angeklagte bei gemeinsamer Aburteilung sämtlicher nach der Zeit ihrer Begehung im Verhältnis des § 31 StGB zueinander stehenden (in der nach dieser Gesetzesstelle berücksichtigten Entscheidung - einerseits - und nunmehr - andererseits - geahndeten) Straftaten ebenfalls zu keiner höheren als der im obangeführten vorangegangenen Urteil ausgesprochenen zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weshalb - entsprechend der Anordnung des § 40 StGB - in Stattgebung der begründeten Berufung von der Verhängung einer Zusatzstrafe überhaupt abzusehen war.
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