Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Die Berufung wegen Schuld wird zurückgewiesen.
Der Berufung wegen Strafe wird Folge gegeben und die über den Angeklagten Friedrich A verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt.
Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Friedrich A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 28.Juni 1957 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Hilfsarbeiter Friedrich A und der am 23.April 1950 geborene Hilfsarbeiter Alois B des Verbrechens der Erpressung nach dem § 144 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil sie am 18. Dezember 1979 in Neufurth in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB.) in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Alois C durch gefährliche Drohung mit einer freiheitsentziehenden Maßnahme, nämlich die Äußerung: 'Wennst uns nicht einen Tausender gibst, bringen wird dich ins Narrenhaus', zur Übergabe von 300 S Bargeld, sohin zu einer Handlung nötigten, die ihn an seinem Vermögen schädigte.
Nur der Angeklagte Friedrich A wendet sich gegen dieses Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 10 (der Sache nach 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Beschwerdeführer in Ausführung seiner den erstgenannten Nichtigkeitsgrund relevierenden Mängelrüge dem Erstgericht vorwirft, es habe sich nicht in hinreichender Weise mit der Aussage des Zeugen Alois C in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt, versucht er bloß, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise nach Art einer Schuldberufung die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen, welches eben diese Aussage mit hinreichender, weder den Denkgesetzen noch der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechender Begründung in einem Punkt für unglaubwürdig erachtete (S. 124/125). Insoweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Feststellung des Erstgerichtes, der Zeuge C müßte mit einer Einweisung in das Landeskrankenhaus Mauer rechnen, wenn er in schwer alkoholisiertem Zustand angetroffen wird (in welchem er sich zur Tatzeit befand), als aktenwidrig bezeichnet, verkennt er den Begriff der 'Aktenwidrigkeit'. Diese liegt nur dann vor, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird. Dies ist vorliegend in bezug auf die zitierte Urteilsfeststellung nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich dabei um eine allgemeinen Erfahrungssätzen entsprechende Schlußfolgerung tatsächlicher Art, welche das Erstgericht aus den festgestellten persönlichen Verhältnissen des Erpressungsopfers zur Tatzeit - insbesondere auch aus der durch die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers im Vorverfahren (S. 20, 44) gedeckten Konstatierung (S. 123), beiden Angeklagten sei aus wiederholten Äußerungen des C wie auch aus dessen Wunsch, bei B übernachten zu wollen, bekannt gewesen, daß er in alkoholisiertem Zustand Angst hatte, in das Landeskrankenhaus Mauer (wo er freiwillig als 'Nachtkliniker' schlief) zurückzukehren - in einer die Grundsätze der Logik nicht verletzenden Weise ableitete und die sohin der Anfechtung unter dem relevierten Nichtigkeitsgrund entzogen ist. Mit seinem formal an die Spitze der Ausführungen zur Mängelrüge gestellten Vorbringen, das angefochtene Urteil sei insoweit 'unvollständig begründet', als das Erstgericht nicht festgestellt habe, ob er oder sein Mitangeklagter Alois B die inkriminierte drohende Äußerung gemacht habe, macht der Beschwerdeführer in Wahrheit zunächst der Sache nach - ersichtlich von der irrigen Rechtsansicht ausgehend, dieser Frage komme entscheidungswesentliche Bedeutung zu - das Vorliegen eines Feststellungsmangels im Sinne des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO.
geltend, den er aber deshalb nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt, weil er den Umstand mit Stillschweigen übergeht, daß das Erstgericht sehr wohl eine derartige Feststellung - nämlich daß er die Äußerung machte (S. 123, 7.Zeile von oben) - getroffen hat. Soweit der Beschwerdeführer aber - ausgehend vom Vorliegen der erwähnten Feststellung tatsächlich einen Begründungsmangel im Sinne des von ihm angezogenen Nichtigkeitsgrundes relevierend - dem Erstgericht zum Vorwurf macht, sich nicht mit der Aussage des Zeugen Alois C vor dem Untersuchungsrichter (S. 61) auseinandergesetzt zu haben, wonach B die inkriminierte Drohung geäußert habe, so ist ihm zu erwidern, daß die - im vorliegenden Verfahren von beiden Angeklagten sowie dem Zeugen C unterschiedlich beantwortete (vgl. S. 20, 24, 26, 41, 45, 48, 112, 113, 114 und 115) - Frage, wer von den beiden Angeklagten gegenüber Alois C die Forderung nach Geld erhob, widrigenfalls er ins Narrenhaus gebracht würde, gar keine rechtliche Bedeutung zukommt. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes (S. 122, 123) verabredeten nämlich beide Angeklagte die gemeinsame Begehung der Tat (das 'Ausnehmen' des Alois C) noch in jenem Gasthaus, in welchem sie C begegnet waren, folgten diesem auch gemeinsam, und es ging schließlich die inkriminierte Äußerung dahin, daß beide Angeklagte den Genannten ins Narrenhaus bringen würden, wenn er ihnen nicht einen 'Tausender' gäbe. Daraus erhellt, daß jedenfalls ein Angeklagter die Drohung entsprechend dem gemeinsamen Tatvorsatz auch im Namen des am Tatort zugleich anwesenden anderen Angeklagten aussprach. Damit setzten aber beide Angeklagte im bewußten und gewollten Zusammenwirken Ausführungshandlungen in bezug auf das ihnen angelastete Verbrechen und traten folglich beide als unmittelbare Täter (Mittäter) in Erscheinung. Liegt aber Mittäterschaft vor, dann hat jeder der Mittäter den gesamten eingetretenen Erfolg innerhalb der Grenzen des gemeinsamen Willensentschlusses zu verantworten, wobei es auf Art und Umfang der einzelnen Tatbeiträge nicht ankommt. Nur die Nichtbefassung mit Beweisergebnissen, welche einen entscheidungswesentlichen Umstand betreffen, macht aber ein Urteil nichtig im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.
Der Mängelrüge kann daher kein Erfolg beschieden sein. Mit seiner der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. anrufenden Rechtsrüge bestreitet der Beschwerdeführer die objektive Eignung der inkriminierten Drohung, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten Übels begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z. 5 StGB.), indem er ausführt, daß sich Alois C damals ohnehin bereits im 'Narrenhaus' (Landeskrankenhaus Mauer) aufhielt und im übrigen der Bedrohte die Drohung selbst gar nicht ernst nahm.
Diese Rechtsansicht des Beschwerdeführers kann nicht geteilt werden. Die Ankündigung, jemanden ins 'Narrenhaus' zu 'bringen', kann füglich nur als Drohung verstanden werden, gegen seinen Willen seine Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt zu veranlassen. Bei Prüfung der Rechtsfrage, ob eine solche Drohung im konkreten Fall die im § 74 Z. 5
StGB. vorausgesetzte Eignung aufweist, spricht der Umstand, daß sich C, der chronischer Alkoholiker ist, im Landeskrankenhaus Mauer als sogenannter 'Nachtkliniker' (das ist eine Person, welche in der Anstalt nur nächtigt, sie aber tagsüber verläßt und einer Arbeit nachgeht) freiwillig einer 'Antabuskur' (S. 59), sohin einer Alkoholentziehungskur, unterzog, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers keineswegs gegen eine Beurteilung als Drohung. Eine Person in der Lage des Zeugen C mußte nämlich zufolge ihrer erheblichen Alkoholisierung zum Zeitpunkt der Tat und des daraus erhellenden eklatanten, nachweislichen und gerade eben durch die beiden Angeklagten bezeugbaren Bruches der freiwillig übernommenen Kurverpflichtungen Bedenken haben. Nach den begründeten Feststellungen des Erstgerichtes hatte C auch tatsächlich Angst, im alkoholisierten Zustand in sein Nachtquartier im Landeskrankenhaus Mauer gebracht zu werden, wobei er sogar versuchte, beim Angeklagten B nächtigen zu dürfen. Die Annahme des Erstgerichtes, daß in dieser Angst seine Besorgnis zum Ausdruck kam, bei Kenntnisnahme der offensichtlichen Unfähigkeit zur Durchführung einer wirksamen Kur in Freiheit seitens der Krankenhausleitung könnte man ihn zwecks Entwöhnung dauernd in einer geschlossenen Anstalt anhalten, ist durchaus lebensnah, wobei es hier allein auf seine subjektive Erwartung und gar nicht darauf ankommt, ob für eine solche Anhaltung die objektiven Voraussetzungen gegeben waren, bzw. speziell die Angeklagten sie hätten herbeiführen können. Zu Recht wertete das Erstgericht sohin die inkriminierte, gegenüber einer Person von der persönlichen Beschaffenheit des Zeugen Alois C geäußerte Drohung nach Lage des Falles als 'gefährliche Drohung' im Sinne des § 75 Z. 4
und damit auch des § 144 Abs. 1 StGB. Wenn der Beschwerdeführer behauptet, C habe die Drohung nicht ernst genommen, so steht er damit einerseits nicht auf dem Boden der Feststellungen des Erstgerichtes, welches seiner in diesem Sinne in der Hauptverhandlung abgelegten Zeugenaussage als einer selbstbeschönigenden Darstellung eines Alkoholikers keinen Glauben schenkte und in tatsächlicher Hinsicht davon ausging, daß er hiedurch durchaus beeindruckt und zur Herausgabe von Geld an die Angeklagten veranlaßt wurde (S. 124); andererseits ist ihm zu entgegnen, daß es letztlich für die rechtliche Beurteilung der in Rede stehenden Tat gar nicht darauf ankommt, ob er subjektiv Angst vor einer Verwirklichung der Drohung hatte, sondern allein darauf, daß diese objektiv geeignet war, bei einem solcherart Bedrohten unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse die vom Gesetz vorausgesetzten begründeten Besorgnisse zu erwecken. Insoweit der Beschwerdeführer schließlich die Ernstlichkeit seines Vorsatzes bestreitet, den Zeugen C durch die geäußerte Drohung zur Übergabe von Bargeld zu nötigen, bringt er den von ihm relevierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er damit von urteilsfremden Prämissen ausgeht, nicht aber von den Urteilsfeststellungen, denen zufolge beide Angeklagte den Plan faßten, Alois C 'auszunehmen', und ihn dadurch verwirklichten, daß sie den Genannten unter Äußerung der inkriminierten Drohung zur Herausgabe von Geld aufforderten, welches sie daraufhin von ihm ja auch tatsächlich erhielten. Auch der Rechtsrüge kommt demnach keine Berechtigung zu. Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten A nach dem § 144 Abs. 1 StGB. eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten. Hiebei wertete es die einschlägigen Vorstrafen und die Begehung der Straftat während der Probezeit nach einer bedingten Entlassung als erschwerend, hingegen berücksichtigte es das Geständnis als mildernd.
Mit seiner Berufung (wegen Strafe) strebt der Angeklagte Friedrich A unter Hinweis auf sein Geständnis, die Schadensgutmachung und seine Alkoholisierung die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Dieses Rechtsmittel ist berechtigt.
Dem Berufungswerber kommen tatsächlich die Schadensgutmachung (durch Beschlagnahme des abgenötigten Geldbetrags, siehe dazu S. 33) und - wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 35 StGB. - die Alkoholisierung als zusätzliche Milderungsgründe zugute. Auf der Basis dieser korrigierten Strafzumessungsgründe und der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Normen (§ 32 StGB.) erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten für angemessen. In diesem Sinne war der Berufung (wegen Strafe) ein Erfolg zuzuerkennen.
Hingegen war die Berufung wegen Schuld zurückzuweisen, weil ein solches Rechtsmittel (u.a.) gegen schöffengerichtliche Urteile im Gesetz nicht vorgesehen ist.
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