OGH 11Os128/80

OGH11Os128/8024.9.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Winter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hans Friedrich A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 18.April 1980, GZ. 4 b Vr 10.759/79-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Mayerhofer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18.November 1939 geborene Kaufmann Hans Friedrich A des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147

Abs. 3 StGB. schuldig erkannt, weil er in der Zeit von März bis Dezember 1979 in Wien und Stillfried mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, mehrere Personen durch die Vorspiegelung, er werde übernommene oder durch Realisierung von Schecks erlangte Geldbeträge an Bausparkassen weiterleiten, durch Täuschung über Tatsachen zur Ausfolgung von Schecks und Geldbeträgen und sohin zu Handlungen verleitete, die sie an ihrem Vermögen um insgesamt 938.600 S schädigten. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen von einem Hinweis darauf, daß der Angeklagte im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit nicht alle ihm übergebenen Gelder von Kunden widmungswidrig verwendet habe - was aber insofern nicht von Bedeutung ist, als sich der Schuldvorwurf ausdrücklich nur auf einen Teil seiner Geschäfte bezieht (vgl. S. 208, 209) -, beschränkt sich das Beschwerdevorbringen zur Mängelrüge auf die Behauptung, die Feststellung des Erstgerichtes, der Angeklagte habe nie die Absicht verfolgt, bei der Übergabe der Gelder vereinbarungsgemäß zu handeln (gemeint wohl: er habe bei der Übernahme der Gelder nie die Absicht gehabt, vereinbarungsgemäß zu handeln; vgl. S. 209), sei unvollständig begründet. Damit wird aber der geltendgemachte formale Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, weil die Tatumstände, die diesen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, weder ausdrücklich noch durch deutliche Hinweise angeführt sind (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III2, Nr. 3, 3 a und 3 b zu § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.).

Mit seiner Rechtsrüge hingegen bekämpft der Beschwerdeführer die Beurteilung der ihm angelasteten Straftaten als Betrug. Er vertritt die Rechtsansicht, es liege Veruntreuung vor, weil die später geschädigten Kunden nicht seine Vertragspartner, sondern die Partner jener Firmen gewesen seien, für die er auf Provisionsbasis tätig wurde, es seien ihm folglich wirtschaftlich weiterhin zum Vermögen der Übergeber gehörige Gelder mit der Zweckwidmung der Weiterleitung übergeben worden.

Selbst wenn dem Angeklagten ungeachtet des Umstandes, daß der seiner Meinung nach anzuwendende Strafrahmen des § 133 Abs. 2, zweiter Strafsatz, StGB. jenem des zur Anwendung gelangten § 147 Abs. 3 StGB. entspricht, ein rechtliches Interesse an der begehrten Unterstellung seiner Taten unter ein anderes, sohin aber gleich strenges Strafgesetz zugebilligt wird, ist er mit seiner Rüge nicht im Recht.

Daß Sachen, die einem anderen übergeben werden, entweder überhaupt oder doch zunächst weiterhin wirtschaftlich zum Vermögen des Übergebers gehören sollen - wie vorliegend bis zur Erfüllung der Zweckwidmung jene Geldbeträge, die dem Angeklagten treuhändig zur Einzahlung bei Bausparkassen zukamen -, schließt die Annahme einer betrügerischen Herauslockung nicht von vornherein aus, wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt: Denn für die Abgrenzung zwischen Betrug und Veruntreuung entscheidet, daß beim erstgenannten Delikt der Täter eine Täuschungshandlung verübt, durch die der Getäuschte selbst ('Selbstschädigungsdelikt') zur Vornahme jener - ihn letztlich schädigenden - Vermögensverfügung veranlaßt wird, die er ohne diese Täuschung nicht vorgenommen hätte. Solcherart stellt sich aber bei Betrachtung des gesamten Geschehnisablaufes eben diese - vom Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz getragene - Täuschungshandlung als das für den Taterfolg entscheidende kriminelle Verhalten des Täters dar, wobei in Fällen der vorliegenden Art die widmungswidrige Verwendung (Zueignung) des Erhaltenen bloß als Realisierung jenes Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes anzusehen ist, mit dem der Täter die Sache schon in seine Verfügungsgewalt brachte. Übergibt jemand hingegen eine Sache, die wirtschaftlich weiter in seinem Vermögen verbleiben soll, einem zu diesem Zeitpunkt zu rechtmäßigem Vorgehen gewillten Übernehmer - der ihn folglich auch nicht über den für die Überlassung der faktischen Verfügungsgewalt entscheidenden Umstand eben dieses Wollens täuscht -, setzt das kriminelle Verhalten erst damit ein, daß der Übernehmer sich das ihm anvertraute Gut mit (nunmehr gefaßtem) Bereicherungsvorsatz zueignet; in diesem Fall verwirklicht er das Tatbild der Veruntreuung (vgl. hiezu auch EvBl. 1971/302; a.M. Bertel im 'Wiener Kommentar', RN. 52 und 53 zu § 133 StGB., der für seine Ansicht vornehmlich Aspekte der Beweisbarkeit anführt).

Soweit sich der Beschwerdeführer in Ausführung seiner Rechtsrüge ersichtlich auf die Entscheidung SSt. 36/37 stützt, ist ihm zu erwidern, daß hieraus für seinen Standpunkt deshalb nichts zu gewinnen ist, weil dieses Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes bloß festhält, daß im Fall der Zurverfügungstellung eines Geldbetrages mit bestimmter Zweckwidmung bei widmungswidriger Verwendung eine Tatunterstellung unter § 133 StGB.

von vornherein nur dann in Betracht kommt, wenn nach der getroffenen Vereinbarung das Geld wirtschaftlich weiterhin zum Vermögen des Übergebers gehören sollte. Daß aber nicht auch hier die Tat bei Vorliegen der Tatbildmerkmale des § 146 StGB. als Betrug beurteilt werden könne, ist daraus nicht abzuleiten.

Das Erstgericht beurteilte demgemäß die strafbaren Handlungen des Angeklagten entgegen der in der Anklageschrift verfochtenen Meinung der Anklagebehörde (vgl. ON. 26) rechtsrichtig als Betrug (und zwar im Hinblick auf den 100.000 S übersteigenden Schaden als Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB.) und nicht als Veruntreuung.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 147 Abs. 3 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Tatwiederholung und eine die Qualifikationsgrenze des § 147 Abs. 3 StGB. deutlich übersteigende Schadenshöhe, hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, der mit dem Verhalten des Angeklagten in auffallendem Widerspruch steht, und das reumütige Geständnis, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug, als mildernd. Der gegen den Strafausspruch erhobenen Berufung, mit welcher der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt Berechtigung nicht zu.

Das Erstgericht stellte nämlich die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig fest und unterzog sie einer zutreffenden Würdigung, wobei insbesondere auch der die Opfer treffende empfindliche Schaden, mithin die Sozialschädlichkeit der Taten, entsprechende Berücksichtigung fand.

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers stellt die bloße Bereitschaft zur Schadensgutmachung (durch Anerkenntnis von Privatbeteiligtenansprüchen) keinen Milderungsgrund dar. Nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen ist auch die vom Berufungswerber vorgetragene Annahme, er habe die Taten infolge besonders verlockender Gelegenheit begangen, nicht gerechtfertigt. Gegen diese Annahme spricht auch nicht der vom Berufungswerber aufgezeigte Umstand, daß er eine erhebliche Anzahl von ihm übergebenen Fällen ordnungsgemäß abgewickelt habe, wobei diese Erledigungen - wie bereits an anderer Stelle angeführt - gar nicht Gegenstand des Strafverfahrens sind.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

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