OGH 12Os105/80

OGH12Os105/8017.9.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Winter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Reinhold A wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1, (§§ 15, 269 Abs. 1 1.Deliktsfall; 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4) StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 25. März 1980, GZ. 10 Vr 3476/79-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Johann Herndlhofer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt 2 des Schuldspruchs und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3

StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Der Angeklagte Reinhold A wird für das ihm weiterhin zur Last fallende Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 (§§ 15, 269 Abs. 1) StGB nach § 287 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 (sechs) Monaten verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung verwiesen.

Gemäß §§ 389, 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens 1. und 2. Instanz zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14. Februar 1952 geborene Tischlergeselle Reinhold A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1

StGB (mit Beziehung auf §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB) schuldig erkannt, weil er sich am 28. September 1979 in der Strafvollzugsanstalt Graz (als Strafgefangener), wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt hat und im Rausch 1. dadurch, daß er Inspektor Franz B Fußtritte und Faustschläge versetzte und gegenüber Inspektor C äußerte, in drei Monaten nach Haftentlassung könne sich Inspektor C auf etwas gefaßt machen, versucht hat, Beamte der Strafvollzugsanstalt Graz mit Gewalt und durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung, nämlich seiner Absonderung wegen Ordnungswidrigkeiten, zu hindern und 2. durch die zu 1. beschriebenen Tätlichkeiten einen Beamten, nämlich Inspektor Franz B, während der Vollziehung seiner Aufgaben durch Zufügung einer schmerzhaften Prellung des Daumens, verbunden mit Hautabschürfungen und der Notwendigkeit der Anlegung einer Daumenschiene, am Körper verletzt hat.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der nur teilweise Berechtigung zukommt.

Nicht im Recht ist der Beschwerdeführer zunächst, soweit er - gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO -

vorbringt, seine als Drohung gegen den Zeugen Inspektor C gewertete Äußerung, in drei Monaten werde er enthaftet und dann könne sich C auf etwas gefaßt machen, sei rechtsirrig als gefährliche Drohung angesehen worden, weil nicht mit einer Verletzung am Körper, an Freiheit, Ehre oder Vermögen gedroht worden sei, sondern es sich um eine völlig unbestimmte Äußerung gehandelt habe, die sich auch auf die Einbringung einer Beschwerde beziehen könne;

sie sei jedenfalls nicht geeignet, dem Bedrohten, zumal mit Rücksicht auf die Verhältnisse - Volltrunkenheit des Beschwerdeführers -, begründete Besorgnisse einzuflößen. Die Zeit bis zur Haftentlassung sei mit drei Monaten unrichtig angegeben worden, die Äußerung stelle sich insgesamt als sinnloses Gerede im Zustand voller Berauschung dar und sei strafrechtlich nicht relevant.

Diesem Vorbringen ist vorerst zu entgegnen, daß damit nur eine der Begehungshandlungen des § 269 Abs. 1

StGB, nämlich die Tatbegehung durch gefährliche Drohung, bekämpft wird, während der Beschwerdeführer inhaltlich des Schuldspruchs (in Ansehung der bezüglichen, im Zustand voller Berauschung begangenen mit Strafe bedrohten Handlung nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB) auch wegen der Gewaltanwendung gegen den Justizwachebeamten B schuldig gesprochen wurde. Wird aber bei einem alternativen Mischtatbestand, der - wie vorliegend § 269 Abs. 1 StGB - mehrere rechtlich gleichwertige (sohin vertauschbare) Begehungshandlungen aufzählt, eine dieser Begehungshandlungen angefochten, ohne daß deren Entfall die Annahme dieses Tatbestands hindern könnte, weil dieser eben wegen der (zu Recht angenommenen) anderen Begehungshandlung (hier: wegen der gegen einen Beamten angewendeten Gewalt) erfüllt ist, so fehlt es an der Rechtsmittellegitimation (vgl. Mayerhofer/Rieder, StPO, Nr. 21 zu § 282).

Abgesehen davon ist die Frage, welchen Sinn und welche Tragweite eine Äußerung hat, eine solche der Tatsachenfeststellung, wobei das Schöffengericht vorliegend angenommen hat, daß die inkriminierte, wenngleich nicht näher spezifizierte Äußerung jedenfalls die Androhung eines der in § 74 Z 5 StGB aufgezählten Übel für den Bedrohten enthielt. Davon ausgehend war aber diese Äußerung - rechtlich beurteilt - objektiv geeignet, beim Bedrohten begründete Besorgnisse hervorzurufen. Daß mit dieser Äußerung - wie der Beschwerdeführer vermeint - nicht die (bloße) Einbringung einer Beschwerde gegen den Beamten gemeint war, was der Beschwerdeführer im übrigen erstmals in seiner Rechtsmittelschrift behauptet, brauchte das Erstgericht schon darum nicht in den Kreis seiner Erwägungen einzubeziehen, weil hiefür ein Abwarten der Haftentlassung keineswegs erforderlich gewesen wäre. Ebenso unberechtigt ist aber auch der auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützte Einwand des Beschwerdeführers, er sei wegen seiner auch vom Erstgericht angenommenen vollen Berauschung gar nicht in der Lage gewesen, den nach § 269 StGB erforderlichen 'komplizierten Vorsatz' auf Gewaltanwendung und gefährliche Drohung sowie die hiedurch zu bewirkende Verhinderung einer Amtshandlung zu fassen, weshalb ihm nur das in Volltrunkenheit begangene Vergehen des tätlichen Angriffes auf einen Beamten nach § 270 StGB angelastet werden könne. Denn der Beschwerdeführer negiert dabei die Urteilskonstatierung, wonach er durch sein Verhalten seine Absonderung verhindern wollte, also mit entsprechendem Vorsatz gehandelt hat, sodaß die bezügliche Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist, und läßt im übrigen außeracht, daß es für die Rauschtat genügt, wenn sich die Handlungen des Berauschten als folgerichtige Betätigung eines auf die Herbeiführung eines bestimmten strafgesetzwidrigen Erfolges gerichteten Willens darstellen, was das Schöffengericht vorliegend zutreffend angenommen hat.

Im Ergebnis zu Recht wendet sich der Beschwerdeführer hingegen gegen den vom Erstgericht als verwirklicht angenommenen Grundtatbestand nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB, den es dem Beschwerdeführer zusätzlich zu jenem nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB angelastet hat. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs, wie er aus dem Urteilsspruch hervorgeht, wurde dem Beschwerdeführer das Vergehen der schweren Körperverletzung nach den eingangs angeführten Gesetzesstellen - begangen im Zustand voller Berauschung -

insoweit angelastet, als er durch die zu Punkt 1 beschriebenen, dem Beschwerdeführer als Tathandlung gemäß § 269 Abs. 1 StGB angelasteten Tätlichkeiten den Justizwachebeamten Franz B am Körper verletzt hat. Geht man - konform mit dem Schuldspruch, mit dem allerdings die Urteilsgründe nicht im Einklang stehen, weil daraus auch der Schluß gezogen werden könnte, daß die Verletzungen nach den Tätlichkeiten zur Verhinderung der Absonderung zugefügt wurden - davon aus, daß die Zufügung der Verletzungen im Zuge ausgeübter Gewalt beim Widerstand gegen die Staatsgewalt erfolgte, dann käme eine (zusätzliche) Haftung des Beschwerdeführers wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB nach ständiger Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn ein gesonderter Verletzungsvorsatz (oder Mißhandlungsvorsatz) festgestellt ist (vgl. ÖJZ-LSK 1976/280, ÖJZ-LSK 1975/201). Eine derartige Feststellung kann jedoch dem angefochtenen Urteil nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, und es sind nach der Aktenlage präzise Feststellungen in dieser Richtung auch in einem neuen Rechtsgang nicht zu erwarten. Mithin ist davon auszugehen, daß die zu den inkriminierten Verletzungen führenden Tätlichkeiten im Zuge der Gewaltanwendung beim Widerstand gegen die Staatsgewalt gesetzt wurden, ohne daß ein über den Vorsatz auf Verhinderung der Amtshandlung hinausgehender gesonderter Verletzungs-(bzw. Mißhandlungs-)vorsatz festgestellt ist, sodaß diese Verletzungen vom (Grund-)Tatbestand des § 269 Abs. 1 StGB (hier in der Erscheinungsform des Versuchs) miterfaßt sind.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung konnte der Oberste Gerichtshof von den vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründen ausgehen.

Das aus dem Spruch ersichtliche Strafausmaß ist tatschuldangemessen und entspricht auch der Täterpersönlichkeit des Angeklagten. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

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