Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8.Mai 1963 geborene Hilfsarbeiter Helmut A von der Anklage, am 24.Juni 1979 in Fischamend eine verfälschte Urkunde, nämlich den Führerschein der Hermine B im Rechtsverkehr zum Beweis seiner Identität gebraucht und hiedurch das Vergehen nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB. begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.
Laut Anklageschrift hat Helmut A am 18.Juni 1979
anläßlich eines Besuchs bei Kurt C den - mit einem Lichtbild des letzteren versehenen - Führerschein der Hermine B, einer Tante des Kurt C, heimlich an sich genommen und darin sein eigenes Lichtbild angebracht.
Den derart verfälschten Ausweis führte er in einem Ausweisetui mit sich. Am 24.Juni 1979 wurde Helmut A mit seinem Moped im Ortsgebiet von Fischamend von einer Gendarmeriestreife angehalten und zur Vorweisung der Fahrzeugpapiere sowie eines Lichtbildausweises aufgefordert. In der Hoffnung, daß die von ihm vorgenommene Verfälschung bei oberflächlicher Betrachtung nicht auffallen werde, habe er den Beamten außer dem Zulassungsschein auch den verfälschten Führerschein der Hermine B übergeben.
Demgegenüber stellte das Gericht fest, daß Helmut A nur deshalb den mit dem Lichtbild des Kurt C versehenen Führerschein genommen und darin sein eigenes Paßbild angebracht hat, um damit bei seinen Freunden renommieren zu können. Es sei dem Angeklagten auch nicht nachzuweisen, daß er sich den Gendarmeriebeamten gegenüber gerade mit dem zusammen mit anderen Papieren in seinem Ausweisetui verwahrt gewesenen verfälschten Führerschein habe ausweisen wollen. Gegen das freisprechende Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO., der Sache nach nur auf den letzteren Grund, gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Darin wird dem Erstgericht vorgeworfen, Feststellungen unterlassen zu haben, die, wenn dem Angeklagten schon ein Vorsatz zum Gebrauch des verfälschten Ausweises im Rechtsverkehr nicht nachzuweisen war, doch eine umfassende rechtliche Beurteilung des Gegenstand der Anklage bildenden Sachverhalts in Richtung des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB. und allenfalls auch in Richtung dauernder Sachentziehung (§ 135 StGB.) oder Hehlerei (§§ 164, 165 StGB.) ermöglicht haben würden. Sofern die Beschwerdeführerin vermeint, daß es einer Prüfung der Handlungsweise des Angeklagten unter dem Gesichtspunkt des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. bedurft hätte, ist ihr zu erwidern:
Rechtliche Beurteilung
Dieses Vergehens macht sich schuldig, wer eine Urkunde, über die er nicht oder nicht allein verfügen darf, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt, wenn er mit dem Vorsatz handelt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde. Als 'Unterdrücken' ist dabei jede vorsätzliche Handlung anzusehen, welche die Urkunde zwar unversehrt erhält, den Berechtigten aber um die Möglichkeit bringt, sich ihrer zu bedienen (LSK. 1976/221).
Daraus folgt, daß § 229 StGB. die Verfügbarkeit der Urkunde für den Berechtigten schützt (10 Os 155/79 S. 13). Das ist aber nur sinnvoll, solang die Urkunde noch den Gedankeninhalt verkörpert, der ihr bei der Errichtung einverleibt wurde. Ist das nicht mehr der Fall, so kann ja der Berechtigte, wenn ihm die Urkunde gleichwohl verfügbar wäre, das Recht, das Rechtsverhältnis oder die Tatsache, die mit der Urkunde bewiesen werden sollten, doch nicht beweisen. Diese Überlegung zeigt, daß Gegenstand des Tatbestands der Urkundenunterdrückung nur eine nicht verfälschte (für den Errichtungszweck - § 74 Z. 7 StGB. - noch verwendbare) Urkunde sein kann (s. abermals 10 Os 155/79 S. 17).
Zu den in der Nichtigkeitsbeschwerde weiters aufgeworfenen Fragen einer dauernden Sachentziehung bzw. der Hehlerei ist zu bemerken, daß Objekt der dauernden Sachentziehung nach § 135 StGB. eine 'fremde bewegliche Sache' und dieser Bestimmung der - im Gesetz gleich umschriebene -
identische Sachbegriff des § 127 StGB. zugrundezulegen ist (siehe ZVR. 1980 Nr. 243 = diesbezüglich LSK. 1980/104;
vgl. schon früher LSK. 1977/284 und EBRV. 1971 S. 283 rechts). Beweis- und Legitimationsurkunden wie Führerscheine haben aber keinen Sach- oder Tauschwert und können daher nicht Gegenstände des Diebstahls, der dauernden Sachentziehung (siehe abermals ZVR. 1980 Nr. 243) oder sonstiger strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen und somit auch nicht Objekte der Hehlerei sein. Die in jeder Hinsicht unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde mußte verworfen werden.
Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß nach der Auffassung des Obersten Gerichtshofs durch die Straflosigkeit der Unterdrückung verfälschter Urkunden keine empfindliche Strafbarkeitslücke entsteht. Ein solches Verhalten würde, wenn der Vorsatz eines Gebrauchs des Falsifikats im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache hinzuträte, nach § 223 Abs. 2 StGB. (allenfalls § 224 StGB.) strafbar, was rechtspolitisch ausreicht.
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