OGH 10Os113/80

OGH10Os113/8023.7.1980

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Faseth, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schubert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Otto A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1, Abs. 2 zweiter Fall StGB. und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Mai 1980, GZ. 5 c Vr 7768/79-31, den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Otto A (I.) des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1, Abs. 2

zweiter Fall StGB. und (II.) des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1, Abs. 2 erster Fall StGB. schuldig erkannt.

Als Veruntreuung liegt ihm zur Last, daß er sich in der Zeit zwischen dem 15.Mai und dem 10.August 1979 in Wien in wiederholten Angriffen ein ihm anvertrautes Gut im Wert von mehr als 100.000 S, und zwar ihm in seiner Eigenschaft als Angestellter und Handlungsbevollmächtigter der Firma Max B Ges.m.b.H. & Co. KG., Internationale Spedition, von deren Kunden übergebene Schecks über insgesamt 2,510.714,91 S, mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er die Schecks und nach deren Einlösung das entsprechende Bargeld nicht an die Gesellschaft ablieferte, sondern für eigene Zwecke verwendete.

Nur diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, die jedoch eine dem Gesetz entsprechende Ausführung vermissen läßt. Denn der Beschwerdeführer stützt seine Rechtsrüge sinngemäß auf die Annahme, die ihm insoweit angelasteten Tathandlungen seien nach den Urteilsfeststellungen ihrer Art nach durch die ihm im Rahmen seiner Handlungsvollmacht erteilte Befugnis, über das Vermögen der Gesellschaft zu verfügen, gedeckt gewesen; daraus versucht er abzuleiten, daß er den Mißbrauch dieser Befugnis nicht als Veruntreuung nach § 133 (Abs. 1, Abs. 2 zweiter Fall) StGB., sondern - gleichwie sein Tatverhalten gemäß Punkt II. des Urteilssatzes - als Untreue im Sinn des § 153 (Abs. 1, Abs. 2 zweiter Fall) StGB. zu verantworten habe.

Rechtliche Beurteilung

In der Tat ist dem Angeklagten zwar darin beizupflichten, daß Untreue (§ 153 StGB.) ein Mißbrauch rechtlich eingeräumter Vertretungsmacht, Veruntreuung (§ 133 StGB.) dagegen ein widerrechtliches Ausnützen bloß faktisch bestehender Zugriffsmöglichkeiten ist (ÖJZ-LSK. 1976/365).

Feststellungen, nach denen er auf Grund seiner Handlungsvollmacht zu 'Verfügungen', mithin zu (schon begrifflich) ein Mindestmaß an (allenfalls beschränktem) Machthaber-Ermessen voraussetzenden (vgl. 10 Os 148/79), den Vermögensbestand der Gesellschaft verändernden (rechtlichen) Dispositionen (nicht nur beim Verkauf, sondern auch) in bezug auf Gesellschaftsforderungen und -eingänge befugt gewesen wäre (vgl. §§ 54, 56 HGB.), hat aber das Erstgericht gar nicht getroffen. Im Einklang mit der Aktenlage, wonach ihm (in diesem Belang nicht anders als etwa einem Vertreter mit Inkassoberechtigung) beim Einkassieren von Forderungen keine Dispositionsbefugnis (wie etwa zu Stundungen - vgl. EvBl. 1979/97) eingeräumt, sondern eine ganz bestimmte Verwendungspflicht in Ansehung der ihm übergebenen Werte, und zwar deren Weiterleitung innerhalb der Gesellschaft an die verfügungsberechtigten Organe, auferlegt war (vgl. S. 6, 7, 131, 168), nahm es vielmehr als erwiesen an, daß er die Schecks (nicht unter 'Mißbrauch' einer Befugnis zu bezüglichen 'Verfügungen' im vorerwähnten Sinn, die er nach dem Gesagten gar nicht besaß, sondern) bloß 'unter Ausnützung seiner Vertrauensstellung' (S. 273) - die ihm den (nicht einmal der Art nach durch eine rechtliche 'Verfügungs'-Macht gedeckten, also rein faktischen) Zugriff darauf ermöglichte - vereinnahmte und sodann widmungswidrig verwendete (vgl. insbes. Leukauf-Steininger, StGB.2, RN. 34 zu § 153).

Indem er sohin nicht den im Urteil festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleicht, bringt der Beschwerdeführer folglich den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war (§§ 285 d Abs. 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO.).

Da dies bereits Aufgabe des Erstgerichts gewesen wäre, wird der Akt in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs. 6

StPO. dem zur Entscheidung über die Berufung zuständigen Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

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