Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 24-jährige Hilfsarbeiter Otto Heinrich A des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB (Punkt 1. des Schuldspruchs), des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs. 1 StGB (Punkt 2. des Schuldspruchs), des Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht als Beteiligter nach §§ 12 erster Fall (richtig: zweiter Fall), 15, 288
Abs. 1 StGB (Punkt 3. des Schuldspruchs) und des Vergehens der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach §§ 12 erster Fall (richtig: zweiter Fall), 289 StGB (Punkt 4. des Schuldspruchs) schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs hat er in Wien 1. am 17. April 1979 Isabella B mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, indem er ihr ein Messer vorhielt und ihr Ohrfeigen versetzte, wobei er ihr erklärte, wenn sie nicht liegen bleibe, werde er sie abstechen, und ihr weiters den Pullover, die Hose und den Büstenhalter herunterriß, zum außerehelichen Beischlaf genötigt;
2. am 5. Juni 1979 Renate C durch gefährliche Drohung, indem er ihr ein Messer an den Hals ansetzte und ihr drohte, er werde sie umbringen, und sie sodann an den nackten Brüsten sowie an den entblößten Körperteilen in der Nähe ihres Geschlechtsteils abgriff, zur Unzucht genötigt;
3. im Juni 1979 versucht, Margarete D dazu zu bestimmen, vor Gericht als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch auszusagen, indem er sie aufforderte, vor Gericht auszusagen, sie hätte ihn am 17. April 1979 um ca. 16.30 Uhr in Begleitung einer Frau aus dem Gasthaus E gehen gesehen;
4. in der Zeit zwischen 5. Juni und 11. Juli 1979
Silvia F dazu bestimmt, vor der Verwaltungsbehörde, nämlich vor Beamten des Bezirkspolizeikommissariats Favoriten, als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache durch die Behauptung, der Angeklagte sei am 5. Juni 1979 in der Zeit von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr bei ihr in der Wohnung gewesen, falsch auszusagen. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes wirft die Beschwerde dem Ersturteil in Ansehung der Schuldsprüche zu den Punkten 1. und 2. des Urteilssatzes eine unvollständige Begründung vor; dies jedoch zu Unrecht.
Soweit die Beschwerde eine unvollständige Begründung des Schuldspruchs wegen Nötigung zum Beischlaf (Punkt 1. des Urteilssatzes) zunächst darin erblickt, daß sich das Erstgericht nicht mit der Divergenz in den Aussagen des Zeugen G vor der Verwaltungsbehörde und vor Gericht über den Zeitpunkt des Verlassens des Gasthauses E durch den Angeklagten befaßt habe, so liegt insoweit - entgegen dem Beschwerdevorbringen - ein Widerspruch gar nicht vor. Nach den übereinstimmenden Angaben des genannten Zeugen sowohl vor der Polizei als auch vor dem Untersuchungsrichter hatten der Angeklagte und die Zeugin B das Gasthaus gemeinsam um 14 Uhr verlassen (S 42 unten, 86 d. A).
Bei der im Protokoll über die Zeugenvernehmung vor dem Untersuchungsrichter (und nicht, wie in der Beschwerde behauptet, vor der Verwaltungsbehörde) aufscheinenden Zeitangabe von 15.15 Uhr (statt 14.15 Uhr) für den äußerst möglichen Endtermin der Anwesenheit der Genannten im Gasthaus handelt es sich aber, wie sich eindeutig aus den davor und darnach protokollierten Sätzen ergibt (S 86 d. A) und worauf G in der Hauptverhandlung zutreffend hingewiesen hat (S 250 d. A), um einen Schreibfehler.
Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen bedurfte es in den Urteilsgründen keiner Erörterung jener in der Beschwerde erwähnten - an sich nebensächlichen und überdies willkürlich aus dem Zusammenhang gerissenen - Details, wie der vom Zeugen G teilweise abweichend beantworteten Frage, ob der Angeklagte im Gasthaus (nur) gestanden oder (auch) gesessen ist (vgl. S 43, 145 f, 254 d. A) und welche Kleidung er damals getragen hat (S 148 f, 254 d. A), ferner des Widerspruchs zwischen der Angabe des Zeugen Johann B, 'das Bett' bzw. 'die Betten' seien zerwühlt gewesen (S 248 d. A), zum Polizeibericht, wonach lediglich das Leintuch eines Betts zerwühlt gewesen sei (S 14 d. A), weiters des Umstands, daß das zu den Nötigungshandlungen verwendete Messer nicht aufgefunden wurde, sowie schließlich der (angeblich) widersprüchlichen Angaben der Zeugin C, wonach sie sich am 5. Juni 1979 vormittags mit dem Angeklagten in ihrer Wohnung aufgehalten habe (S 169, 171 d. A) bzw. wonach sie zwischendurch mit dem Angeklagten einkaufen gewesen sei (S 189 d. A).
Denn das Erstgericht hat, gestützt auf eine Fülle von Indizien, eingehend dargelegt, aus welchen Gründen es im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) zur Überzeugung von der Richtigkeit nicht nur der Aussagen der Opfer der beiden Nötigungen, sondern auch der Angaben des Zeugen G über die Identifizierung des Angeklagten und über den Zeitraum, innerhalb welchen sich der Angeklagte in einem Gasthaus aufgehalten hat, gelangt ist und insbesondere auch das vom Angeklagten behauptete Alibi als widerlegt angesehen hat, womit es seiner Begründungspflicht in hinreichendem Maße entsprochen hat, wobei es zufolge der Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO nicht verhalten war, im Urteil zu jedem Vorbringen Stellung zu nehmen und alle im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände detailliert zu erörtern. Es genügt vielmehr, daß der Gerichtshof in den Entscheidungsgründen in gedrängter Kürze und unter Vermeidung jedweder überflüssiger Weitläufigkeit jene entscheidenden Umstände bezeichnet, die er als erwiesen annimmt, und die Gründe nennt, die ihn von der Richtigkeit dieser Annahmen überzeugen. Dieser Verpflichtung ist das Erstgericht nachgekommen, weshalb dem Ersturteil die behaupteten Begründungsmängel nicht anhaften. Davon abgesehen ist in den erwähnten Angaben der Zeugen Johann B und Renate C ein entscheidender Widerspruch gar nicht zu erblicken, während hingegen die Beschwerde zur Aktenlage in Widerspruch steht, wenn sie im gegebenen Zusammenhang aus dem Polizeibericht S 14 d. A zitiert, es seien 'sonst keine Anzeichen einer gewaltsamen Auseinandersetzung bzw. Nötigung in der Wohnung gesehen worden', weil sie dabei nämlich die von den erhebenden Beamten getroffene Konstatierung, daß am Kopfende der Betten ein in der Mitte zerrissener Büstenhalter aufgefunden wurde, übergeht.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat sich das Erstgericht aber auch mit der Verantwortung des Angeklagten, es handle sich bei der Anzeige der Zeugin B um einen Racheakt, auseinandergesetzt (S 272 f. d. A). Wenn es dabei die bezügliche Einlassung des Beschwerdeführers als jeglicher Grundlage entbehrende Unterstellung wertete, so hat es damit einen Akt freier Beweiswürdigung gesetzt, der im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden nicht bekämpft werden kann. Die Mängelrüge versagt demnach zur Gänze.
Mit den Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 9
lit. a des § 281 Abs. 1 StPO, mit welchen der Beschwerdeführer in Ansehung der Schuldsprüche zu den Punkten 1. bis 3. des Urteilssatzes jeweils die subjektive Tatseite und zu den beiden ersten Punkten auch das Vorliegen einer Willensbeugung bestreitet, weil sich aus den Feststellungen 'nicht mit der erforderlichen Sicherheit ergebe, daß die Zeuginnen B und C diese Handlungen nicht auch freiwillig vorgenommen hätten', hält die Beschwerde nicht am Urteilssachverhalt fest und bringt daher den materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Denn das Erstgericht hat unmißverständlich nicht nur die Beugung des entgegenstehenden Willens der Opfer und den darauf gerichteten Tätervorsatz und in den Schuldspruchfakten 1. und 2. festgestellt (S 264 f, 268 f. d. A), sondern zum Schuldspruchfaktum 3. auch das ebenso vorsätzliche, für die Bestimmungstäterschaft essentielle, wenn auch letztlich erfolglose, Initiieren (Leukauf-Steininger2, RN 19 zu § 12
StGB) einer individuell bestimmten, von der Zeugin Margarete D vor Gericht abzulegenden falschen Beweisaussage (S 267 f. d. A), womit auch der in diesem Zusammenhang zum Schuldspruchfaktum 3. behauptete Feststellungsmangel in Ansehung der subjektiven Tatseite nicht vorliegt.
Soweit die Rechtsrüge letztlich die Subsumtion des dem Punkt 4. des Schuldspruches zugrundeliegenden Tatverhaltens mit dem Einwand bekämpft, es fehle an der für das Tatbild der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach § 289 StGB erforderlichen förmlichen Vernehmung der Zeugin Silvia F vor dem Bezirkspolizeikommissariat Favoriten, übersieht sie zunächst, daß dem Beschwerdeführer insofern Bestimmungstäterschaft (§ 12 zweiter Fall StGB) zur Last liegt, für welche es genügt, daß der - isoliert zuzurechnende (§ 13 StGB) - Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) des Bestimmenden auf die Herbeiführung eines in groben Umrissen in seiner Vorstellung vorhandenen, der Art nach den objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des betreffenden Deliktes entsprechenden Verhaltens eines anderen - vorliegend einer bei der förmlichen Vernehmung zur Sache erfolgenden falschen Beweisaussage - gerichtet ist (Leukauf-Steininger2, RN 26 bis 30 zu § 12 StGB). Diesen Vorsatz des Beschwerdeführers hat das Erstgericht ersichtlich als erwiesen angenommen (S 270 d. A), weshalb es insoweit ebenfalls an einer gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge mangelt.
Davon abgesehen stellte - entgegen den Beschwerdeausführungen - die vom Beschwerdeführer veranlaßte Vernehmung der Zeugin Silvia F am 11. Juli 1979 durch den Oberpolizeirat H des Bezirkspolizeikommissariates Favoriten, wie sich aus der betreffenden Niederschrift ergibt (S 188 d. A), eine förmliche Zeugenvernehmung zur Sache dar. Denn im Sinne des § 289 StGB entspricht dem Begriff der Förmlichkeit der Zeugenvernehmung, welcher keineswegs die Ermahnung des Zeugen zur Wahrheit voraussetzt, jede sich auf die Sache (und nicht bloß auf die persönlichen Verhältnisse des Befragten) beziehende, durch einen Organwalter einer Verwaltungsbehörde vorgenommene, nicht bloß informative Befragung eines Zeugen (Leukauf-Steininger2, RN 14 bis 16 zu § 288, RN 2 bis 5 zu § 289 StGB). Diese - vom Vorsatz des Beschwerdeführers umfaßten - Formerfordernisse treffen vorliegend zu.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die Begebung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art sowie den Umstand, daß der Angeklagte schon zweimal wegen Verbrechens der Verleumdung, somit wegen strafbarer Handlungen gegen die Rechtspflege, verurteilt worden ist, als mildernd hingegen, daß es - allerdings ohne Zutun des Angeklagten -
im Punkt 3. des Schuldspruchs beim Versuch geblieben ist. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe unter Anwendung des § 41 StGB sowie die Gewährung bedingter Strafnachsicht.
Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Von einer Tatbegehung aus Unbesonnenheit kann vorliegend - entgegen dem Berufungsvorbringen - ebensowenig die Rede sein wie davon, daß der Berufungswerber die ihm angelasteten Straftaten unter Umständen begangen habe, die einem Schuldausschließungsgrund nahekommen. Die triebhafte Veranlagung des Berufungswerbers, auf die er sich beruft, stellt bei Sexualdeliktem im Regelfall keinen Milderungsgrund dar; sie erhöht vielmehr gerade die Gefährlichkeit des Täters. Soweit sich der Berufungswerber schließlich auf eine Enthemmung durch Alkohol beruft, so fehlt es an den Voraussetzungen des § 35 StGB, sodaß auch dieser Umstand nicht mildernd sein kann. So gesehen hat daher das Erstgericht die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt.
Sie wurden aber nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes auch zutreffend gewürdigt, denn das vom Erstgericht nach §§ 28, 202 Abs. 1 StGB gefundene Strafausmaß von 3 Jahren Freiheitsstrafe entspricht sowohl dem hohen Schuld- und Unrechtsgehalt der abgeurteilten strafbaren Handlungen als auch der kriminellen Täterpersönlichkeit des Angeklagten. Eine Reduzierung der Strafe kam somit nicht in Betracht.
Angesichts der Höhe der verhängten Strafe erübrigt sich ein Eingehen auf das (weitere) Begehren des Berufungswerbers, die Strafe bedingt nachzusehen, weil eine solche Nachsicht schon wegen der Strafhöhe ausgeschlossen ist.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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