OGH 10Os68/80

OGH10Os68/803.6.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Bart als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahles durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1, 129

Z. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12.März 1980, GZ. 5 c Vr 11.286/79-37, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Lackner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14.August 1929 geborene, zuletzt beschäftigungslose Bäcker Herbert A des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 27.Dezember 1979 in Wien dem Giuseppe B Parmesankäse im Wert von rund 75 S mit Bereicherungsvorsatz wegzunehmen versuchte, indem er in die Pizzeria des Genannten unter Benützung einer (durch Zertrümmern der Glasscheibe der Eingangstür) bereits vorhandenen (ca. 60 cm über dem Boden beginnenden, etwa 1 m großen, jedoch durch spitze Glasreste noch verengten) §ffnung einstieg.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit seiner auf die Z. 9 lit. c, der Sache nach aber auf die Z. 5, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde im wesentlichen mit der Argumentation, die Qualifikation nach § 129 Z. 1 StGB. könne nur dem 'unmittelbaren Täter' (Einbrecher), nicht jedoch (auch) dem (unabhängig davon allfälligen späteren, mit Diebstahlsvorsatz handelnden) Benützer der von einem (vorangegangenen) Einbruch stammenden §ffnung angelastet werden. Das bedeute weiters, daß ihm angesichts der beabsichtigten Entziehung einer (bloß) geringwertigen Sache (überdies nur) zur Befriedigung eines Gelüstes lediglich das Vergehen der versuchten Entwendung angelastet werden könne, für dessen Ahndung es jedoch schon an der erforderlichen Verfolgungsermächtigung des Verletzten mangle.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beschwerdeführer der Sache nach aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund - wegen angeblicher Begründungsmängel - bekämpften Urteilsannahmen, er habe sich in den Morgenstunden des 27.Dezember 1979 schon in vorgefaßter 'Diebstahlsabsicht' in die Lerchenfelderstraße begeben und dort in der Pizzeria des Giuseppe B auch nach Geld Nachschau gehalten, betreffen keine entscheidungswesentlichen Umstände. Denn inhaltlich des Urteilsspruches wird dem Angeklagten - letztlich - nur der versuchte (Einsteig-) Diebstahl von Parmesankäse im Werte von etwa 75 S zur Last gelegt, dessen diebische Ansichnahme, nach dem Eindringen in die Pizzeria (um dort 'was zum Essen' zu suchen), der Angeklagte selbst nie in Abrede gestellt hat (S. 20; 85, 87).

Aber auch die im Vordergrund stehenden Rechtsrügen gehen fehl, weil für die Annahme eines Einsteigens in einen abgeschlossenen Raum gemäß § 129 Z. 1 StGB. das Benützen einer zum Zutritt nicht bestimmten §ffnung, die ein Eintreten (Hineingelangen) ohne nennenswerte Veränderung der gewöhnlichen Körperhaltung nicht gestattet, genügt (LSK. 1976/299, 1977/41; Leukauf-Steininger2, RN. 12 und 13 zu § 129 StGB.); von wem die durch den Täter solcherart benützte §ffnung geschaffen wurde - nach den Urteilsfeststellungen (möglicherweise) nicht von A selbst, sondern von anderen, unbekannt gebliebenen Tätern - ist dagegen - der Meinung des Beschwerdeführers zuwider - irrelevant, eine Schaffung durch den Einsteigenden selbst (somit) nicht erforderlich.

Nach den eingangs wiedergegebenen Urteilskonstatierungen über das Ausmaß und die Beschaffenheit der §ffnung in der Glasscheibe der Eingangstüre zur Pizzeria, durch welche der mit Diebstahlsvorsatz handelnde Angeklagte (nur) unter wesentlicher Veränderung seiner Körperhaltung in das Lokal gelangte - er selbst bezeichnete seine damalige Bewegungsweise als 'Hineinkriechen', wobei sein Mantel beschädigt wurde (S. 87 oben; vgl. auch S. 20, 27/28); des weiteren mußte der Polizeibeamte Robert C bei der Stellung des Angeklagten am Tatort (zunächst) Teile der (zertrümmerten) Glasscheibe entfernen, um (gefahrlos) in das Lokal gelangen zu können (S. 43 f.) - waren aber die bezeichneten Kriterien eines (diebstahlsqualifizierenden) Einsteigens im Sinne des § 129 Z. 1 StGB. jedenfalls gegeben, sodaß die vom Beschwerdeführer angestrebte Beurteilung der Tat (bloß) als das Ermächtigungsdelikt der (versuchten) Entwendung gemäß §§ 15, 141 StGB. von vornherein ausscheidet. Die Wertung der Tat als Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch erfolgte mithin frei von Rechtsirrtum. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 129 StGB. zu neun Monaten Freiheitsstrafe. Bei der Strafzumessung wertete es die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, welche die Voraussetzungen des § 39 StGB.

erfüllen sowie den raschen Rückfall als erschwerend, hingegen das reumütige Geständnis, den geringen Wert des zu stehlen versuchten Gutes und den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist, als erschwerend.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Die reklamierten (weiteren) Milderungsgründe sind in Wahrheit nicht gegeben. Vom Vorliegen einer als mildernd wirkenden 'notstandsähnlichen Situation' kann schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Angeklagte eine Unterstützung der Sozialfürsorge (von 680 S wöchentlich) bezogen hat.

Die über den Berufungswerber bisher (wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen) verhängten Freiheitsstrafen betragen insgesamt mehr als 19 Jahre. Sie waren ersichtlich wirkungslos, da er erst am 18.September 1979 aus der Haft entlassen wurde und die nunmehrige Straftat (schon) am 27.Dezember 1979 verübte. Bei sachgerechter Abwägung der vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe zeigt sich, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe, trotz des geringen Wertes des Diebsguts, nicht zuletzt im Hinblick auf die Täterpersönlichkeit angemessen und demzufolge für eine Strafherabsetzung kein Anlaß gegeben ist.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte