OGH 12Os21/80

OGH12Os21/8021.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mohr als Schriftführer in der Strafsache gegen Günter A und andere wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Roland B gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 16. Mai 1979, GZ 23 Vr 43/79-15, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kausel und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Roland B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderen der am 30. Jänner 1964 geborene, sohin jugendliche Roland B des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1

und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB schuldig erkannt, weil er und der Mitangeklagte, ebenfalls jugendliche Günter A am 19. November 1978 in Innsbruck in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) eine fremde bewegliche Sache in einem 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich eine Fotokamera Marke Minolta mit einem Superweitwinkelobjektiv im Wert von insgesamt 6.500 S dem Rudolf C mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (Punkt A/ des Urteilssatzes).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Roland B bekämpft dieses Urteil mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Das Erstgericht nahm auf Grund der mit den Angaben des Mitangeklagten Günter A übereinstimmenden Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung als erwiesen an, daß beide Angeklagten, nachdem A erklärt hatte, man könnte in der auf einer Bank in einem Tischtennisraum abgestellten Sporttasche nachsehen, ob sie etwas Brauchbares enthalte, sich zu dieser Tasche begaben, A die Tasche öffnete, ihr, während der Beschwerdeführer in unmittelbarer Nähe stehen blieb, eine Fotokamera samt Zubehör entnahm und unter seine Jacke steckte, worauf beide Angeklagten sofort den Raum und das Haus verließen, auf dem Weg zu einem Tanzlokal über das Verstecken der Diebsbeute berieten und schließlich dem späteren Hehler Markus D über deren Herkunft erzählten (S 87/88 d. A). Weiters nahm das Erstgericht - abermals gestützt auf die Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung - als erwiesen an, daß dieser bereits in dem Zeitpunkt, als er sich mit A zur Tasche begab, daran dachte, A wolle aus der Tasche etwas stehlen (S 89 d. A), womit er einverstanden war und worin er A durch sein Verhalten bestärkte (S 90 d. A).

Soweit das Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, mit dem behauptet wird, die zur objektiven und subjektiven Tatseite getroffenen Urteilsfeststellungen, wonach der Beschwerdeführer dadurch, daß er in Kenntnis des Diebstahlsvorsatzes des A sich ebenfalls zum Standort der Tasche begab, in konkludenter Weise sein Einverständnis mit dem Diebstahl bekundet und u. a. hiedurch A in dessen Tatentschluß bestärkt habe, seien 'mit den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht in Einklang zu bringen', als Geltendmachung formaler Begründungsmängel zur Tatfrage gedeutet werden kann, geht die Rüge fehl.

Denn die bekämpften Annahmen sind logisch-schlüssig und im Einklang mit der Lebenserfahrung aus der, wie bereits erwähnt, in Ansehung des Tatgeschehens auch mit den Angaben des Mitangeklagten übereinstimmenden Verantwortung des Beschwerdeführers selbst abgeleitet und daher mängelfrei begründet.

Aber auch alle übrigen, auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten, sachlich jedoch - zumal der Beschwerdeführer seinen Freispruch und nicht eine Unterstellung seines Verhaltens unter den (subsidiären) Tatbestand der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 286 Abs. 1 StGB anstrebt - eine Nichtigkeit nach der Z 9

lit. a der eingangs zitierten Gesetzesstelle, teils auch im Sinne des Vorliegens von Feststellungsmängeln, relevierenden Beschwerdeeinwendungen sind nicht stichhältig.

Beteiligung am Diebstahl in der Qualifikation des Gesellschaftsdiebstahles nach § 127 Abs. 2 Z 1 StGB (und damit vorliegend auch der weiteren Qualifikation nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB) setzt nämlich, der Beschwerdeauffassung zuwider, in subjektiver Hinsicht weder eine der Tat vorangegangene Verabredung der Gesellschaftstäter noch einen auf gemeinsame Ausführung des Diebstahls (als unmittelbarer Täter) und auf eigene Bereicherung gerichteten Vorsatz des Beteiligten voraus. Im Falle eines räumlichen Naheverhältnisses bei Begehung der Tat durch den unmittelbaren Täter, wie dies gegenständlich festgestellt wurde, genügt vielmehr der im Einverständnis mit der Tatverübung des unmittelbaren Täters zum Ausdruck kommende Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) des Beteiligten, daß der Vermögensvorteil dem Komplizen zukommen soll, sowie ein (am Tatort oder in dessen Nähe) vorsätzlich geleisteter sonstiger Tatbeitrag im Sinn des dritten Falles des § 12 StGB, welcher auch in einem Bestärken des Tatentschlusses, also in einer intellektuellen (psychischen) Beihilfe zugunsten des unmittelbaren Täters gelegen sein kann (vgl. Leukauf-Steininger2 RN 33, 37 zu § 12, RN 74 bis 77, 79 zu § 127 StGB). Eine solche Beteiligung des Beschwerdeführers hat das Schöffengericht aber (mängelfrei) konstatiert.

Der - im übrigen das vom Erstgericht als weitere Komponente des Bestärkens des Tatentschlusses gewertete Verweilen des Beschwerdeführers in unmittelbarer Nähe des Tatortes zur Tatzeit übergehende - Einwand des Beschwerdeführers, er sei bloß mit dem Haupttäter A mitgegangen, jedoch 'ohne jegliche Gefühlsregung, d. h. ohne jeglichen Vorsatz im Sinne der subjektiven Tatseite', negiert die anderslautenden erstgerichtlichen Feststellungen, sodaß die Beschwerde insofern, weil sie nicht den Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz vergleicht, den der Sache nach geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung bringt.

Durch die Feststellung über das Bestärken des Tatentschlusses des unmittelbaren Täters, also über dessen intellektuelle Förderung, ist aber auch die kausale Beziehung des Beitrages des Beschwerdeführers zur (Haupt-)Tat klargestellt, weshalb der insoweit in der Richtung eines Feststellungsmangels erhobene Vorwurf ebenfalls versagt. Letztlich liegt, entgegen dem Beschwerdevorbringen, auch in der vom Erstgericht weiters als erwiesen angenommenen Hilfeleistung durch Absprache über das Verstecken der Diebsbeute am Weg vom Tatort zu einem Tanzlokal, also noch ehe die Beute in Sicherheit gebracht und damit der Diebstahl materiell vollendet worden war, ein ausreichender kausaler Tatbeitrag im Sinn des dritten Falles des § 12 StGB (vgl. Leukauf-Steininger2 RN 46 zu § 12, RN 77 zu § 127 StGB), welcher die strafrechtliche Haftung des Beschwerdeführers nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB begründet.

Da dem Ersturteil sohin weder eine formelle Nichtigkeit nach der Z 5, noch eine materielle nach der Z 10 (9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO anhaftet, war der zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Erfolg zu versagen.

Das Erstgericht schob beim Angeklagten Roland B gemäß § 13 JGG den Ausspruch und die Vollstreckung der zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig auf.

Dagegen richtet sich die Berufung des genannten Angeklagten, mit

welcher er die Erteilung einer Ermahnung anstrebt.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes ist es in Ansehung des Angeklagten Roland B aus spezialpräventiven Gründen geboten, nicht bloß eine Ermahnung auszusprechen, sondern im Sinne des § 13 JGG den Ausspruch einer zu verhängenden Strafe für eine entsprechende Probezeit aufzuschieben, um solcherart den jugendlichen Rechtsbrecher, der schon im strafunmündigen Alter sich an fremdem Eigentum vergriffen hat (s. S 87 d. A), von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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