OGH 11Os53/80

OGH11Os53/8014.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleithner als Schriftführer in der Strafsache gegen Lothar A wegen des Verbrechens nach den §§ 15 StGB, 6 Abs. 1 SuchtgiftG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 19. Dezember 1979, GZ 12 Vr 2.097/79-42, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Karpf und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Nurscher zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und der Ausspruch auf Einziehung gemäß dem § 26 Abs. 1 StGB, der hinsichtlich des Kfz-Wohnwagens Mercedes (Kennzeichen B-H 6.547) aufrecht bleibt, soweit er sich auf drei Waagen und eine Schmuckkassette bezieht, aufgehoben. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate erhöht.

Auch der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und die über ihn verhängte Geldstrafe aus dem Urteil ausgeschieden. Im übrigen werden die Berufungswerber mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Gegen den mit dem angefochtenen Urteil gefällten Schuldspruch wegen des Verbrechens nach den §§ 15 StGB, 6 Abs. 1 SuchtgiftG, begangen am 24.September 1979 bei der Grenzkontrollstelle Wurzenpaß durch den Versuch, ca. 4.700 Gramm Cannabisharz (Haschisch) in der Kühlschranktüre eines Kfz-Wohnwagens verborgen nach Österreich einzuführen, sowie gegen den auf den § 26 Abs. 1

StGB gestützten Ausspruch auf Einziehung des bei der Tat benützten Kraftfahrzeuges sowie von drei (für das Portionieren dieses Suchtgiftes beim Verkauf vorgesehenen) Waagen und einer Schmuckkassette, in der Opium verborgen gewesen war, wendet sich die ausdrücklich auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10, der Sache nach auch auf jenen der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Nichtigkeitsbeschwerde kommt nur aus dem letztgenannten Nichtigkeitsgrund, und zwar insoweit Berechtigung zu, als sie sich gegen den Ausspruch auf Einziehung von drei Waagen und einer Schmuckkassette wendet.

Verfall (§ 6 Abs. 3 SuchtgiftG) und Einziehung (§ 26 StGB) sind sachbezogene Unrechtsfolgen; für beide gilt das Analogieverbot (ÖJZ-LSK 1977/5, 1978/227). Gemäß dem - zunächst heranzuziehenden - § 6 Abs. 3 SuchtgiftG sind die den Gegenstand der strafbaren Handlung (nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG) bildenden Sachen oder ihr Erlös für verfallen zu erklären, wenn sie dem Täter oder einem Mitschuldigen oder Teilnehmer gehören oder zur Zeit der Beschlagnahme gehörten. Ebenso können die zur Herstellung oder Verarbeitung dienenden Materialien und Gerätschaften sowie die zum Transport verwendeten Fahrzeuge für verfallen erklärt werden.

Bei der Schmuckkassette und den Waagen handelt es sich vorliegend weder um den Gegenstand der strafbaren Handlung bildende Sachen (als solche kommt nur das Suchtgift selbst in Frage) noch begriffsmäßig um zur Herstellung oder Verarbeitung des Suchtgiftes dienende Materialien oder Gerätschaften; auch der vorgesehene Verwendungszweck der Waagen entspricht daher nicht den Bedingungen für den Verfall nach dem § 6 Abs. 3 SuchtgiftG.

Ebenso fehlt es aber auch an den Voraussetzungen für eine Einziehung dieser Gegenstände nach dem § 26 Abs. 1 StGB.

Nach dieser Gesetzesbestimmung sind Gegenstände, die der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei der Begehung dieser Handlung verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, einzuziehen, wenn dies nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken.

Selbst wenn man - zumindest hinsichtlich der drei Waagen - die Grundvoraussetzung des § 26 Abs. 1 StGB deshalb bejahen wollte, weil die Waagen den Urteilsfeststellungen zufolge vom Angeklagten zum Portionieren des Suchtgiftes (bei dessen Weitergabe an andere) dienen sollten, so kann doch keinesfalls gesagt werden, daß der bekämpfte Ausspruch - im Sinn des weiteren gesetzlichen Einziehungserfordernisses - wegen der spezifischen Eignung von Schmuckkassette und Waagen zu krimineller Verwendung geboten wäre, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken. Liegt doch bei diesen Gegenständen auch (und in erster Linie) die Möglichkeit eines strafrechtlich unbedenklichen Gebrauches auf der Hand.

Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen sowohl für die Einziehung wie auch für den Verfall der genannten Gegenstände fehlen, ist das Urteil insofern mit Nichtigkeit nach der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet.

Nicht berechtigt erweist sich indes das Beschwerdebegehren, auch von der Einziehung des beim Versuch der illegalen Suchtgifteinfuhr nach Österreich verwendeten Wohnwagens abzusehen. Hinsichtlich dieses Fahrzeuges, das im Zeitpunkt der Tat im Eigentum des Angeklagten stand, liegen nämlich an sich die Voraussetzungen für den Ausspruch eines Verfalls nach dem § 6 Abs. 3 SuchtgiftG vor.

Durch die Anwendung des § 26 Abs. 1 StGB und den Ausspruch auf Einziehung statt auf - rechtlich zulässigen - Verfall des Fahrzeuges gemäß dem § 6 Abs. 3 SuchtgiftG kann sich aber der Angeklagte nicht für beschwert erachten.

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, es liege der Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO vor, weil das Verhalten des Angeklagten richtig nur als unberechtigter Erwerb und Besitz von Suchtgift im Sinn des § 9 Abs. 1 (gemeint: Z 2) SuchtgiftG zu beurteilen sei.

Soweit der Beschwerdeführer in dieser Rechtsrüge nicht von den tatsächlichen Urteilsfeststellungen ausgeht, sondern von seiner vom Erstgericht als widerlegt angesehenen Verantwortung, er habe das Suchtgift ausschließlich für seinen Eigenverbrauch verwenden wollen, bringt er den angerufenen (oder einen anderen) Nichtigkeitsgrund nicht dem Gesetz gemäß zur Darstellung; es erübrigt sich darum, auf dieses Vorbringen weiter einzugehen.

Aber auch mit seinem Vorwurf, die Urteilsfeststellungen reichten für den Schuldspruch nach dem § 6 Abs. 1

SuchtgiftG nicht aus, weil ihnen nicht zu entnehmen sei, wie er das Suchtgift zu verteilen beabsichtigte und ob dadurch eine Gemeingefahr im Sinn der erwähnten Gesetzesstelle herbeigeführt worden wäre, ist er nicht im Recht.

Der Oberste Gerichtshof sprach wiederholt - unter anderem in der zu SSt. 45/10 veröffentlichen Entscheidung - aus, daß für die Frage der Gemeingefahr die Art der Weitergabe des Suchtmittels von Bedeutung ist, zumal von einem breitgestreuten Verteilungsmodus eine bedeutende Gefahr ausgeht. Dabei bedarf es näherer Feststellungen über die ins Auge gefaßten Suchtgiftabnehmer und Verteilungsmodalitäten dann nicht, wenn die zu verteilende Suchtgiftmenge so groß ist, daß sie außer jeder Relation zum möglichen Eigenbedarf einer begrenzten Personenzahl steht (SSt. 45/10; 10 Os 140/73 u.a.).

Dies aber ist für 4.700 Gramm Haschisch, die - inbes. wenn es sich, wie vorliegend, um Cannabisharz sehr guter Qualität handelt - etwa 157 Wochenrationen entsprechen, jedenfalls anzunehmen. Hier reicht somit die vom Erstgericht getroffene Feststellung, daß der Angeklagte beabsichtigte, das Rauschgift einer größeren Personengruppe gegen Entgelt zugänglich zu machen (S 221), für eine erschöpfende materiellrechtliche Beurteilung des Falles durchaus aus.

Mithin war über die Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwölf Monaten und eine Geldstrafe im Betrag von 150.000 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit fünf Monate Ersatzfreiheitsstrafe). Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die große Menge des Suchtgiftes, als mildernd das Teilgeständnis des Angeklagten und den Umstand, daß die Tat beim Versuch blieb.

Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung aller verhängten Strafen, der Angeklagte hingegen eine Herabsetzung (mit Aufhebung der Geldstrafe) an.

Beiden Berufungen kommt teilweise Berechtigung zu.

Zunächst ist festzuhalten, daß das Erstgericht die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig erfaßte. Der vom Angeklagten reklamierte zusätzliche Milderungsgrund des bisher ordentlichen Lebenswandels ist schon mit Rücksicht auf die dem Fernschreiben vom 28.September 1979 (S 125 des Aktes) zu entnehmenden Vorkommnisse nicht gegeben.

Der Staatsanwaltschaft ist beizupflichten, daß wegen der besonderen Gefährlichkeit und der sorgfältigen Vorbereitung der Tat eine mäßige Anhebung des vom Erstgericht gefundenen Strafmaßes geboten ist, um den Unrechtsgehalt des dem Angeklagten zur Last liegenden Verhaltens voll abzugelten.

Anderseits fehlen aber - vor allem angesichts der bisherigen gerichtlichen Unbescholtenheit des Angeklagten - Bezugspunkte, die den zusätzlichen Ausspruch der im Gesetz nur fakultativ vorgesehenen Geldstrafe rechtfertigen könnten.

In diesem Umfang war daher den beiderseitigen Berufungen Folge zu geben, wobei die Rechtsmittelwerber mit ihrem jeweils gegenläufigen Berufungsbegehren auf diese Entscheidung zu verweisen waren. Der Kostenausspruch ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte