OGH 11Os57/80

OGH11Os57/8014.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleithner als Schriftführers in der Strafsache gegen Otto A wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengerichtes vom 22.Jänner 1980, GZ. 22 Vr 1.250/78-28, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Proksch und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.November 1950 geborene Maschinist Otto A im Sinn der zunächst auf das Verbrechen der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB. lautenden, in der Hauptverhandlung (S. 115) auf das Vergehen der leichten Körperverletzung nach dem § 83 (Abs. 1) StGB. modifizierten Anklage schuldig erkannt, weil er am 26.Juni 1978 (im Spruch des Urteils unrichtig 26.Jänner 1978) in Linz die Regina B durch Versetzen von Schlägen vorsätzlich im Gesicht leicht verletzte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 9

lit. b und lit. c des § 281 Abs. 1

StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund wendet er - sinngemäß zusammengefaßt - im wesentlichen ein, daß die Staatsanwaltschaft seine Verfolgung wegen Körperverletzung der Regina B erstmals durch die in der Hauptverhandlung vom 22.Jänner 1980 vorgenommene 'Modifikation', tatsächlich - mangels Tatidentität - jedoch 'Ausdehnung' der Anklage auf das Delikt nach dem § 83 StGB. begehrt habe. Einer derartigen Ausdehnung sei aber die in der Zwischenzeit eingetretene Verjährung dieses Vergehens entgegengestanden, sodaß ihn das Erstgericht hätte (zur Gänze) freisprechen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Gegenstand der Anklage ist nicht die rechtliche Beurteilung der Anklagetat durch den Ankläger, sondern die Beteiligung des Angeklagten an dem in der Anklage geschilderten Vorkommnis mit allen seinen begleitenden Umständen, wobei Anklagesatz und Begründung der Anklageschrift ein einheitliches Ganzes bilden (Foregger-Serini, StPO.2, Erl. I zu § 262; Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2 Nr. 1 bis 12 zu § 262 StPO.).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so bestand nach der ursprünglichen Anklage die Tat des Beschwerdeführers darin, daß er Regina B durch Ohrfeigen, Würgen und Auseinanderzwängen der Beine zum außerehelichen Beischlaf nötigte (S. 63 f.); dabei wurde auch - im Zusammenhang mit der Wiedergabe der Verantwortung des Beschwerdeführers - erwähnt, daß Regina B Nasenbluten erlitt. Damit zeigt sich, daß die Anklage auf den gesamten Vorfall einging, wenn dies zum Teil auch nur in der Begründung geschah. Eine gesonderte Anführung dieser Tathandlung und der Verletzungen im Anklagesatz war entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht erforderlich, weil - wie er selbst einräumt - eine Konkurrenz zwischen dem Vergehen nach dem § 83 und dem Verbrechen nach dem § 202 Abs. 1 StGB. ausgeschlossen ist:

Das Schöffengericht war verpflichtet, das unter Anklage gestellte Tatgeschehen umfassend zu prüfen und hätte auch ohne Modifikation der Anklage zum Schuldspruch wegen Körperverletzung gelangen müssen, wenn es sich davon überzeugte, daß den in der Anklage erwähnten, zu körperlichen Beschädigungen führenden, (zunächst) ausdrücklich als Nötigungsmittel angesehenen Mißhandlungen der Regina B kein Vorsatz des Beschwerdeführers in dieser Richtung zugrunde lag. Daß die Staatsanwaltschaft die Zufügung der Verletzungen als von der Nötigung zum Beischlaf gesondertes Ereignis aufgefaßt hätte, kann der Anklageschrift - der Beschwerde zuwider - demnach nicht entnommen werden.

Da der Vorfall somit in seiner Gesamtheit unter Anklage stand, trat auch keine Verjährung des Vergehens der Körperverletzung ein. Nach Wegfall des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf, dessen subjektive Voraussetzungen das Erstgericht verneinte, lebte die Strafbarkeit der Tat als Vergehen der Körperverletzung wieder auf (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 27 zu § 83 StGB.).

Der Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z. 9

lit. b StPO. liegt somit nicht vor.

Der auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. c StPO. gestützte Einwand des Beschwerdeführers, es habe für einen Schuldspruch nach dem § 83 Abs. 1 StGB. an der erforderlichen Anklage gefehlt, entbehrt hinwieder der gesetzmäßigen Ausführung, denn die vom Beschwerdeführer auch in diesem Rahmen behauptete Verjährung des Vergehens der Körperverletzung betrifft nicht die - rein formell zu beurteilende - Frage der Berechtigung zur Anklage, sondern das Vorliegen eines sogenannten Strafaufhebungsgrundes, der nicht die Berechtigung zur Anklage beseitigt, sondern lediglich die Bestrafung wegen der Tat ausschließt und mit dem - ohnehin angezogenen - Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. geltend gemacht werden kann.

Daß aber schließlich, worauf der Beschwerdeführer gleichfalls unter

Berufung auf die Z. 9 lit. c des § 281 Abs. 1 StPO. hinweist, die Anklage sich auf eine Tat vom 26.Juni 1978 bezieht, während im Urteil die Tatzeit (unrichtig) mit 26. Jänner 1978 angeführt ist, stellt ebenfalls keinen Nichtigkeitsgrund dar, sondern ist, wie sich aus dem Zusammenhang von Spruch und Urteilsgründen ergibt, lediglich als berichtigungsfähiger Schreibfehler (§ 270 Abs. 3 StPO.) anzusehen.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher

zur Gänze zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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