OGH 10Os55/80

OGH10Os55/8029.4.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Kral, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kronlachner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert A und Erwin B wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten A gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. Jänner 1980, GZ. 20 p Vr 6404/79-68, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung des Angeklagten B nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, nach Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten A und nach Anhörung der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten B, Dr. Piffl-Lambert, sowie des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 19. Jänner 1960 geborene Robert A und der am 2. November 1959 geborene Erwin B - zwei am 11. Dezember 1978

aus der Sonderanstalt für Jugendliche in Gerasdorf entflohene Strafgefangene - des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB.

(Punkt I./1.) und 2.) des Urteilssatzes) sowie des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 erster Fall StGB. schuldig erkannt. Ihnen fällt nach diesen Schuldsprüchen und dem ihnen (infolge jeweils stimmeneinhelliger Bejahung der Hauptfragen 1, 3, 5 und 6) zugrundeliegenden Wahrspruchs der Geschwornen zur Last, I./ in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB.) unter Verwendung von Waffen durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB.) nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1.) am 13. Dezember 1978 in Wien und Michelhausen, indem sie dem (Taxichauffeur) Günther C je ein Messer am Hals und an der rechten Bauchseite ansetzten, ihn am Hals erfaßten und aufforderten, das ganze Geld herauszugeben, und ihm in der Folge eine Brieftasche mit einem Geldbetrag von 1.000 S und einen Trommelrevolver abnahmen;

2.) am 14. Dezember 1978 in Salzburg, indem sie dem (Taxichauffeur) Josef D einen Trommelrevolver am Hinterkopf ansetzten, zu ihm sagten 'Das ist ein Überfall', ihn unter Androhung des Erschießens aufforderten, alles Geld herauszugeben, und ihm in der Folge eine Brieftasche mit einem Geldbetrag von 1.034 S abnahmen; II./ als Mittäter den Nachgenannten unter Vorhalt von Waffen und durch die Äußerung, wenn sie alles machten, was ihnen gesagt werde, so werde ihnen nichts passieren, sohin durch Drohung mit dem Tode, zu einer Handlung und Duldung genötigt zu haben, und zwar 1.) am 13. Dezember 1978 in Wien und anderen Orten den Günther C, indem sie ihn mit zwei Messern und einem Trommelrevolver bedrohten, zur Fahrt mit dessen Taxi von Wien nach Michelhausen und (sodann) zum Aussteigen und Überlassen des Fahrzeuges veranlaßten;

2.) am 14. Dezember 1978 in Salzburg den Josef D, indem sie ihn mit einem Trommelrevolver bedrohten, zur Fahrt mit dessen Taxi vom Gasthaus Goiserwirt zum Gasthaus Wartberg und (sodann) zum Aussteigen und Überlassen des Fahrzeuges veranlaßten. Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Robert A nur die ihn betreffenden, zu Punkt II./ bezeichneten Schuldsprüche wegen Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1

StGB. Unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 11 lit.a des § 345 Abs. 1 StPO. vertritt er die Auffassung, sein weiteres, als schwere Nötigung beurteiltes Tatverhalten stelle jeweils nur eine 'straflose Nachtat' zu den unter Punkt I./ angeführten (und unbekämpft gebliebenen) Schuldsprüchen wegen schweren Raubes dar, da in beiden Fällen ein einheitliches Tatgeschehen vorliege und die beiden Raubüberfälle jeweils erst mit dem Aussteigen des Raubopfers aus dem Fahrzeug (materiell) vollendet worden seien, sodaß die gesonderten Schuldsprüche wegen Verbrechens der schweren Nötigung (neben den Schuldsprüchen wegen Verbrechens des schweren Raubes) rechtsirrig ergangen seien.

Rechtliche Beurteilung

Diese Rüge schlägt nicht durch.

Die Annahme einer Konsumtion der Nachtat durch eine andere (vorausgegangene) Tat setzt voraus, daß sie sich gegen dasselbe Rechtsgut richtet wie die (vorangegangene) Haupttat und keinen über diese hinausreichenden Schaden bewirkt; denn nur dann kann gesagt werden, daß die Nachtat nicht über die der Haupttat immanente Rechtsgutverletzung hinausgreift und durch deren Bestrafung als abgegolten anzusehen ist (Burgstaller, JBl. 1978, S. 461 ff.; RZ. 1979/63).

Indes mangelt es nach dem sich aus dem Wahrspruch der Geschwornen zu den Hauptfragen 1, 3, 5 und 6 (und den darauf beruhenden Schuldsprüchen) ergebenden Tatsachensubstrat an diesen Voraussetzungen. Denn in beiden Fällen zwang der Beschwerdeführer (gemeinsam mit dem Mitangeklagten B) die Taxilenker Günther C und Josef D, nachdem sie den beiden unter Bedrohung mit Waffen, jeweils das Geld (dem Günther C auch einen Trommelrevolver) abgenommen hatten, sohin jeweils nach formeller Vollendung des Raubes (wenn auch dieser in beiden Fällen materiell noch nicht abgeschlossen war), in der Folge (und zwar durch neuerliche Bedrohung mit Messern bzw. mit einer Schußwaffe) zum Aussteigen und Überlassen des Fahrzeuges.

Es trat somit zumindest infolge dieses Verhaltens nach den durch Wegnahme des Geldes (und des Trommelrevolvers) formell vollendeten Raubtaten, zu letzteren ein durch den Beschwerdeführer (und den Mitangeklagten B) gesetzter weiterer Akt neuerlicher, ihre persönliche Entscheidungsfreiheit zwar ebenfalls in Ansehung geschützten Vermögens, jedoch in anderer Richtung und in bezug auf ein anderes (vom Raub nicht erfaßten) Vermögensobjekts beeinträchtigender Willensbeugung hinsichtlich beider Taxilenker hinzu, der nach dem Vorgesagten bei wertender Betrachtung allein durch einen Schuldspruch wegen der jeweils vorangegangenen Raubtat nicht abgegolten wäre (RZ. 1979/63).

Die Annahme einer echten (ungleichartigen) Realkonkurrenz der Delikte des schweren Raubes und der schweren Nötigung durch das Erstgericht beruht demnach entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auf keinem Rechtsirrtum, sodaß seine unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zur verwerfen war.

Das Erstgericht verhängte über beide Angeklagten nach §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB. je sieben Jahre und fünf Monate (zusätzliche) Freiheitsstrafe; dies unter Bedachtnahme (gemäß §§ 31, 40 StGB.) auf die Urteile des Jugendschöffengerichtes (im angefochtenen Urteil S. 468

zweimal unrichtig: 'Jugendschwurgericht') Laufen vom 25. Jänner 1979 (mit welchen über A unter dem Aktenzeichen Ls 16 Js 20678/78 - S. 431; vgl. auch S. 427 -

und über B unter dem Aktenzeichen Ls 16 Js 20621/78 jug - siehe S. 407 f. - u.a. wegen des vorsätzlichen Vergehens der unerlaubten Einfuhr einer Schußwaffe je sieben Monaten Jugendstrafe - bei B über dessen Berufung durch deren Verwerfung bestätigt von der Jugendkammer bei dem Landgericht Traunstein am 14. März 1979, Aktenzeichen Ns 16 Js 20621/78 Jug.; S. 419 ff. - verhängt worden waren).

Bei der Strafbemessung wertete es bei beiden Angeklagten als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen und deren jeweilige Wiederholung, die Vorstrafen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten sowie den raschen Rückfall unmittelbar nach der Flucht aus einer noch nicht zur Gänze verbüßten Strafhaft, als mildernd hingegen das Geständnis, die teilweise Zustandebringung des geraubten Gutes und das Alter unter einundzwanzig Jahren.

Auch die Berufungen, mit denen die Angeklagten eine Herabsetzung des Strafmaßes anstreben, sind nicht begründet.

Die vom Erstgericht verhängten Strafen sind angesichts des Vorlebens der Berufungswerber, die beide auch bereits wegen Raubes vorbestraft sind, sowie im Hinblick auf den schweren Unrechtsgehalt der Straftaten, bei denen u.a. zwei Menschen mit vorgehaltener Schußwaffe mit dem Tode bedroht worden sind, nicht überhöht, weshalb bei keinem der Angeklagten eine Strafermäßigung in Betracht gezogen werden konnte.

Den Rechtsmitteln war sohin insgesamt ein Erfolg zu versagen.

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