OGH 9Os40/80

OGH9Os40/8029.4.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Boltz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Emmerich A wegen des Verbrechens der vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel nach § 173 Abs. 1 StGB.

über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 17.Jänner 1980, GZ. 8 Vr 3121/79-31, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kaltenbäck, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 22-jährige Emmerich A des Verbrechens der vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel nach § 173 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 15. Oktober 1979 in Dörfla einen Sprengstoff als Sprengmittel zur Explosion brachte und dadurch eine Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeiführte, indem er eine Sprengladung von 6 Gelatine-Donarit I Patronen in Form einer geballten Ladung, versehen mit einer brennenden Leitfeuerzündung, in das Gästezimmer des Wohnhauses des Johann B warf.

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher er die Beurteilung der festgestellten Tat (bloß) als Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126

Abs. 1 Z. 7 StGB. anstrebt, weil er keine Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeigeführt habe.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Beschwerde zunächst ausführt, der Beschwerdeführer habe sich vor der Tat überzeugt, daß sich in dem Zimmer, in das er das Sprengstoffpaket warf, keine Person aufhält, und daß er eine Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß gar nicht herbeiführen wollte, so läßt er außeracht, daß ihm eine Personengefährdung inhaltlich des Schuldspruches gar nicht angelastet wird und daß das Schöffengericht hinsichtlich der Gefährdung fremden Eigentums in großem Ausmaß vorsätzliches Handeln des Beschwerdeführers festgestellt hat, von welcher - unbekämpft gebliebenen - Konstatierung bei der rechtlichen Beurteilung des Tatgeschehens ausgegangen werden muß. Für die Frage aber, ob das Ausmaß der vom Beschwerdeführer herbeigeführten Gefahr für fremdes Eigentum 'groß' im Sinne des § 173 Abs. 1 StGB. gewesen ist, kommt es auf den tatsächlich eingetretenen Schaden, der vorliegend (nicht wie vom Beschwerdeführer behauptet, 16.000 S, sondern in Wahrheit) 21.270 S betrug (vgl. S. 270 d.A.), nicht an, ist doch der Tatbestand der Gefährdung durch Sprengstoff als konkretes Gefährdungsdelikt (schon) mit der Herbeiführung einer der darin umschriebenen (konkreten) Gefahren vollendet. Ob fremdes Eigentum in großem Ausmaß (konkret) gefährdet wurde, ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Daß der Beschwerdeführer - unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - dadurch, daß er 1.068 Gramm Gelatine-Donarit I in Form einer geballten Ladung in einem Zimmer eines Wohnhauses zur Explosion gebracht hat, eine (konkrete) Gefahr für fremdes Eigentum in g r o ß e m Ausmaß, d.h. mit einem drohenden Schaden in der Größenordnung nahe 100.000 S (vgl. hiezu Leukauf-Steininger, Kommentar2 RN 5 zu § 173 und RN 14 zu § 169), herbeigeführt hat, kann aber nach den Feststellungen des Erstgerichts, die insoweit auf dem Gutachten des Sachverständigen Ing.C basieren, nicht bezweifelt werden. Nach diesem Gutachten (vgl. S. 189 d.A. in Verbindung mit S. 315 d.A.) wären, wenn der Sprengstoff zur Gänze explodiert wäre, die zugemauerten Fenster in der Außenmauer des Gebäudes aus dem Verband gerissen, die Trennwände in einer Stärke von 25 cm teilweise oder vollständig umgerissen und auch die Zimmerdecke entsprechend beschädigt worden. Lediglich die (85 cm starken) Außenmauern des Gebäudes hätten standgehalten. Der Umstand, daß tatsächlich nur ein Teil des Sprengstoffes explodiert ist, weil die Patronen unsachgemäß gelagert waren, vermag somit an dem den Tatbestand des § 173 StGB. bereits vollendeten Eintritt der Gefahr, die nur durch glückliche Zufälle nicht in dem vom Vorsatz des Täters umfaßten, weit größeren tatsächlichen Schaden für fremdes Eigentum in großem Ausmaß verwirklicht wurde, nichts zu ändern. In der vom Willen des Täters nicht beliebig beherrschbaren und von Zufällen des faktischen Geschehensablaufs abhängigen Wirkung des Sprengstoffanschlages liegt der entscheidende Unterschied zum Vergehen der von vornherein auf ein begrenztes Objekt gerichteten und daher mindergefährlichen Sachbeschädigung.

Die rechtliche Beurteilung im angefochtenen Urteil erweist sich somit entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers als zutreffend, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 173 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 1/2 (eineinhalb) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen das umfassende Geständnis, die Unbescholtenheit und den Umstand, daß der Schaden gutgemacht wurde.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe, wobei er meint, daß vom außerordentlichen Milderungsrecht Gebrauch gemacht werden könnte, weiters die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe und jedenfalls die Gewährung bedingter Strafnachsicht.

Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt. Entgegen der Meinung des Berufungswerbers kann vorliegend weder von einer Tatbegehung aus Unbesonnenheit im Sinn des § 34 Z. 7 StGB. noch davon gesprochen werden, daß sich der Angeklagte nur aus einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen. Der Umstand hinwieder, daß die Tat mit dem sonstigen Verhalten des Berufungswerbers in auffallendem Widerspruch steht, bildet zusammen mit dem bisherigen ordentlichen Lebenswandel nur einen einzigen Milderungsgrund (§ 34 Z. 2 StGB.), den das Erstgericht ohnedies angenommen hat. Der Berufungswerber vermag daher weitere Milderungsgründe nicht aufzuzeigen.

Dennoch hat das Erstgericht die Strafe etwas zu hoch ausgemessen. Im Hinblick auf die gegebenen Milderungsgründe, denen keine erschwerenden Umstände gegenüberstehen, erachtete der Oberste Gerichtshof die gesetzliche Mindeststrafe von einem Jahr als schuldangemessen und tätergerecht.

Die Strafe war daher auf dieses Maß zu reduzieren. Hingegen kam die Anwendung des § 41 StGB. nicht in Betracht, zumal diese Bestimmung auf atypisch leichte Fälle beschränkt ist, wobei ein solcher Fall vorliegend nicht gegeben ist. Angesichts der Strafhöhe schied eine Anwendung des § 37 StGB.

von vornherein aus. Im Hinblick auf die Art der strafbaren Handlung und den Grad der Schuld konnte aber auch eine bedingte Strafnachsicht nicht in Erwägung gezogen werden; daran vermag die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers nichts zu ändern, weil die Anwendung des § 43 (Abs. 1) StGB. nur dann in Frage kommt, wenn a l l e Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle erfüllt sind. Mithin war der Berufung nur hinsichtlich der Strafhöhe Folge zu geben, während ihr im übrigen nicht Folge zu geben war. Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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