OGH 9Os25/80

OGH9Os25/8022.4.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Boltz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Monika A und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 3, 128 Abs. 1 und 2, 130, 1. Fall, StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Helmut B gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27. November 1979, GZ. 22 Vr 1047/79- 113, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Angeklagten Monika A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Bisanz und Dr. Anderle und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 7. April 1951 geborene Monika A der Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3, 128 Abs. 1 und Abs. 2, 130, 1. Fall, StGB und des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148, 2. Fall, StGB sowie des Vergehens nach § 9 Abs. 2 Z 1

und 2 SGG und der am 4. September 1951 geborene Helmut B des Verbrechens der Hehlerei nach §§ 164 Abs. 1 Z 2 und 3, Abs. 3, erster und letzter Fall, StGB sowie des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z 2 SGG schuldig erkannt.

Nach den Urteilsannahmen hatte Monika A in der Zeit vom Oktober 1978 bis Anfang April 1979 in Linz und Wien insgesamt 49 Diebstähle mit einer Diebsbeute im Wert von etwa S 130.000,- und 20 Betrügereien mit einem Schaden von etwa S 360.000,- begangen. Dem Angeklagten Helmut B hingegen liegt zur Last, in der Zeit von Jänner 1979 bis etwa 10. April 1979 in Wien und anderen Orten des Bundesgebietes vorsätzlich Sachen, nämlich Wertgegenstände und Geldbeträge, welche seine Mitangeklagte Monika A durch insgesamt 23 Diebstähle (mit einer Beute im Werte von mehr als 22.000 S) und 15 Betrugshandlungen (mit einem Gesamtschaden über 311.000 S) erlangt hatte, an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt sowie mit dem Vorsatz, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wissentlich den Erlös von Sachen, die Monika A durch ihre vorerwähnten mit Strafe bedrohten Handlungen gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, und Sachen an sich gebracht zu haben, die aus dem Erlös solcher Sachen angeschafft worden sind, wobei der Wert der verhehlten Sachen und des Erlöses insgesamt 100.000 S überstieg, er die Hehlerei gewerbsmäßig begangen hat und die mit Strafe bedrohten Handlungen gegen fremdes Vermögen, aus denen die Sachen stammen, (auch) aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht sind, die fünf Jahre übersteigt, und ihm die Umstände bekannt waren, die diese Strafdrohung begründen.

Ferner wird ihm angelastet, in der Zeit von etwa Herbst 1978 bis etwa 10. April 1979 in Linz, Wien und anderen Orten des Bundesgebietes wiederholt, und zwar nahezu täglich, eine unbekannte Menge Heroin, somit Suchtgift, unberechtigt erworben und besessen zu haben. Von weiteren Anklagepunkten (wegen drei Betrügereien) wurde er unter einem gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens der Hehlerei wendet sich die vom Angeklagten Helmut B auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde. In der Mängelrüge bekämpft er die dem Schuldspruch zugrundeliegende Feststellung des Erstgerichtes, er habe gewußt, daß die den Gegenstand seines deliktischen Verhaltens bildenden Wertgegenstände und Geldbeträge aus mit Strafe bedrohten Handlungen gegen fremdes Vermögen seiner (Lebensgefährtin und) Mitangeklagten Monika A und nicht etwa aus einer von dieser ausgeübten Tätigkeit als Geheimprostituierte stammten. Hiezu führt er aus, das Erstgericht habe sich nicht mit den Angaben der Monika A in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt, daß sie der Prostitution nachgehe, und die Unterschriften auf den Schecks, mit denen sie dann Betrugshandlungen setzte, allein in ihrer Wohnung getätigt habe, wobei sie sich im Bad einsperrte. Im übrigen sei auch aktenwidrig, wenn das Gericht in den Entscheidungsgründen anführe, der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, nie davon Kenntnis erlangt zu haben, daß A in der fraglichen Zeit tatsächlich die Prostitution ausgeübt habe; dies stehe nämlich im Widerspruch zu seiner Verantwortung vor der Polizei (nach der A ihm vom Gelderwerb aus Männerbekanntschaften erzählt habe) und auch zu seinen Angaben in der Hauptverhandlung (daß er A manchmal bei ihrem Weggang zur Ausübung der Geheimprostitution begleitete).

Schließlich sei das Erstgericht eine hinreichende Begründung für seine Ansicht schuldig geblieben, es sei für ihn erkennbar gewesen, daß A ihren gemeinsamen enormen Geldbedarf gar nicht aus der Geheimprostitution als Straßendirne habe decken können und das von ihr herbeigeschaffte Geld folglich nicht aus der Prostitution stammen konnte.

Rechtliche Beurteilung

Keiner dieser angeblichen Begründungsmängel liegt jedoch vor. Das Erstgericht hat sich entgegen den Beschwerdeausführungen sehr wohl mit der den Beschwerdeführer entlastenden Verantwortung der Monika A in der Hauptverhandlung (Band II/S. 215, 218, 224, 225) auseinandergesetzt und ausführlich begründet (Band III/S. 267 bis 275), warum es nicht diesen Bekundungen Glauben schenkte, sondern jenen Angaben, die diese Mitangeklagte wiederholt vor der Polizei (Band I/ON 42 und 44) und dann auch vor dem Untersuchungsrichter (ON 16, S. 125 a verso) gemacht hat und denen zufolge der Beschwerdeführer von den durch sie in W i e n begangenen Straftaten (d. s. jene ab Jänner 1979, die in Punkt B) I) des Schuldspruches des Beschwerdeführers zitiert sind), von Anfang an gewußt hat und (mit ihr zusammen) aus dem Erlös derselben lebte, wobei sich aus der eigenen geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter (vgl. die schon erwähnte ON 44, insbesondere S. 79 ff, 116, 117, 144 und 145 in derselben, ferner Band I/ON 47, S. 367 verso) im übrigen das gleiche ergibt. Ebensowenig haftet dem Urteil eine Aktenwidrigkeit im Sinne des relevierten Nichtigkeitsgrundes an, da die Feststellung des Erstgerichtes, der Beschwerdeführer selbst habe angegeben, er habe nie Kenntnis davon erlangt, daß A t a t s ä c h l i c h in der fraglichen Zeit die Prostitution ausgeübt hat, in seinen Angaben vor der Polizei Band I/ON 44, S. 83) volle Deckung findet. Schließlich hat das Schöffengericht aber auch den Beschwerdeausführungen zuwider das von ihm zur Begründung der Unglaubwürdigkeit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung herangezogene Argument, es sei der Einkommensbedarf der beiden Angeklagten in einer für den Beschwerdeführer erkennbaren Weise gar nicht aus dem Verdienst einer Straßendirne abdeckbar gewesen, mit dem Hinweis auf den enormen Geldbedarf der beiden zufolge ihrer schweren Rauschgiftsucht ausführlich und schlüssig begründet (vgl. Band III/S. 273, 274). Die Mängelrüge des Beschwerdeführers versagt daher. In seiner Rechtsrüge wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Unterstellung seiner Tat unter die Bestimmung des § 164 Abs. 3 StGB. Er meint, daß die Feststellung des Erstgerichtes, er habe 'zumindest gegen Ende seiner Verhehlungshandlungen' gewußt, daß der Wert des von A betrügerisch erworbenen Gutes 100.000 S weit überstieg und auch der Wert der von ihm verhehlten Gegenstände und Gelder über 100.000 S lag (Band III/S. 275), in rechtlicher Hinsicht lediglich die Annahme einer Hehlerei in bezug auf ein Wertausmaß von w e n i g e r als 100.000 S rechtfertige, zumal ja Monika A den Großteil des Schadens (von insgesamt mehr als 300.000 S) 'in den beiden ersten Monaten ab Jänner 1978' (gemeint: 1979) und 'nicht im letzten Monat, also mit Sicherheit nicht gegen Ende der Verhehlungshandlungen' verursacht habe. Dabei übersieht er jedoch, daß zur Annahme der qualifizierenden Bestimmung des § 164 Abs. 3 StGB die K e n n t n i s des 100.000 S übersteigenden Wertes der von ihm verhehlten (§ 164 Abs. 3, erster Deliktsfall, StGB), oder den Gegenstand der (mit einer fünf Jahre erreichenden oder übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten) Vortat (§ 164 Abs. 3, letzter Deliktsfall, StGB) bildenden Sachen in irgendeiner Phase des deliktischen Geschehens - also auch in deren letzten - genügt. Insoweit der Beschwerdeführer vermeint, es seien die ihm unter Punkt B I des Schuldspruches angelasteten Tathandlungen rechtsrichtig nicht als Verbrechen der Hehlerei nach § 164 StGB, sondern bloß als Vergehen des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB zu beurteilen, da er die Höhe des üblichen Schandlohnes bei Prostituierten nicht kannte (sinngemäß zu ergänzen: und folglich nicht wußte, daß Monika A Werte der hier in Rede stehenden Höhe durch mit Strafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen an sich brachte und ihm überließ), führt er die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig aus; denn es stellte das Erstgericht entgegen den einzelne Urteilspassagen herausgreifenden und isoliert betrachtenden Beschwerdeausführungen nicht bloß fest, daß sein und seiner Mitangeklagten hoher Einkommensbedarf für ihn erkennbar nicht aus der angeblichen Geheimprostitution einer nur einige Stunden am Tag als solche tätig werdenden Straßendirne gedeckt werden konnte, sondern es nahm ausdrücklich an, daß er die Herkunft und den Wert der von A durch strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen an sich gebrachten und ihm zum Verbrauch überlassenen Werte kannte (Band III S. 266). Für eine Beurteilung seiner Tat als bloßes Fahrlässigkeitsdelikt im Sinne des § 165 StGB bleibt demnach kein Raum.

Allerdings vermeinte der Oberste Gerichtshof - anders als das Erstgericht - daß vorliegend das Verhalten des Angeklagten nur den ersten und nicht auch den dritten Deliktsfall des § 164 Abs. 3 StGB verwirklicht. Hat nämlich der Täter (zu wiederholten Malen) Sachen in einem (zusammen) S 100.000,- übersteigenden Wert verhehlt, die ausschließlich aus einer (identen) Vortat stammen, bei der sich die fünf Jahre erreichende oder übersteigende Strafdrohung gleichfalls bloß aus (der Zusammenrechnung der Werte bzw. aus) dem Wert ergibt, dann kann ihm der dritte Deliktsfall des § 164 Abs. 3 StGB nicht auch noch zusätzlich angelastet werden. Ansonsten würde ihm nämlich die sich aus dem höheren Wert der von ihm verhehlten Sachen ergebende Qualifikation der Tat, die eine derart qualifizierte Vortat zwangsläufig zur Voraussetzung hat, doppelt zugerechnet.

Dieser Fehler wirkt sich aber im Ergebnis nicht zum Nachteil des

Beschwerdeführers aus, weil ihm das Schöffengericht inhaltlich der

Strafzumessungsgründe ein mehrfaches Vorliegen der Qualifikation

nach § 164 Abs. 3 StGB nicht zum Vorwurf machte und sich aus Spruch

und Gründen des Urteiles überdies ergibt, daß der Beschwerdeführer

die Hehlerei g e w e r b s m ä ß i g begangen und sohin (auch) den

- den beiden anderen Alternativen der qualifizierenden Bestimmung

des § 164 Abs. 3

StGB rechtlich gleichwertigen - z w e i t e n Deliktsfall der

zitierten Gesetzesstelle verwirklicht hat (Bd. III S. 255

und 265), sodaß er tatsächlich doch z w e i Begehungsformen des §

164 Abs. 3 StGB (zwar nicht die erste und dritte, wohl aber die erste und zweite) zu verantworten hat.

Auch insoweit kommt der Rechtsrüge des Beschwerdeführers somit keine Berechtigung zu.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des B zur Tatzeit wegen seiner Rauschgiftsucht vermindert zurechnungsfähig war, kann nicht als weiterer Milderungsumstand berücksichtigt werden, weil der gegen diesen Angeklagten wegen der Herbeiführung der Süchtigkeit zu erhebende Vorwurf überwiegt. Desgleichen kann der Angeklagte B aus der Tatsache, daß er das aus dem verhehlten Gut angeschaffte Suchtgift für sich selbst verbrauchte und nicht an andere weitergab, keinen Milderungsgrund ableiten; hätte er nämlich Suchtgift an andere Personen verschenkt oder feilgehalten, dann wäre er zusätzlich noch nach weiteren Gesetzesstellen des Suchtgiftgesetzes strafbar geworden.

Da die vom Erstgericht ausgesprochenen Freiheitsstrafen auch sonst dem Verschulden der Angeklagten und dem Unrechtsgehalt ihrer Taten entsprechen, war ihren Berufungen ein Erfolg zu versagen. Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

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