OGH 10Os47/80

OGH10Os47/8022.4.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kronlachner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred A wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 und 2 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 11. Dezember 1979, GZ. 15 Vr 2129/79-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Freyborn und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17. Mai 1960 geborene Tischlerlehrling Manfred A des Verbrechens des versuchten (sogenannten minder schweren) Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 2 (richtig: Abs. 1 - Grundtatbestand - und 2) StGB. schuldig erkannt, weil er am 23. Juni 1979 in Salzburg (Lehner-Au) mit Gewalt gegen die Hausfrau Erika B, der er seinen linken Arm um den Hals legte und die er hiebei würgte, der Genannten einen (das Mittagessen für ihren Ehegatten enthaltenden) doppelhenkeligen Einkaufskorb zu entreißen und mit dem Vorsatz wegzunehmen suchte, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Die Ausführung der Raubtat unterblieb infolge der Hilferufe und des übrigen Verhaltens der Erika B, die sich - wie das Erstgericht feststellte - dem Bemühen des Angeklagten, den Einkaufskorb auf die geschilderte Art und Weise an sich zu bringen, durch dessen (krampfhaftes) Festhalten erfolgreich widersetzen konnte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. b StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Mit Beziehung auf den erstangeführten Nichtigkeitsgrund macht der Beschwerdeführer Begründungsmängel des Urteils in Ansehung der Feststellungen über den Bereicherungsvorsatz und die Gewaltanwendung geltend. Er ist mit diesen Ausführungen jedoch nicht im Recht. Die Konstatierung, daß der Angeklagte mit dem Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB.) handelte, sich durch die angestrebte Zueignung des Einkaufskorbes (Korbtasche) unrechtmäßig zu bereichern, findet in der im Urteil in diesem Zusammenhang bezogenen eigenen Verantwortung des Angeklagten vor der Polizei (S. 15 / in ON. 2 /) und beim Untersuchungsrichter (S. 38) - die das Schöffengericht mit überzeugender Argumentation (S. 123/124) als voll glaubwürdig und ohne Druck zustandegekommen beurteilt hat - ihre schlüssige Begründung und volle aktenmäßige Deckung.

Dieser erstgerichtlichen Annahme steht - der Meinung des Beschwerdeführers zuwider - weder der Inhalt des im Urteil ohnedies ausführlich erörterten Gutachtens des psychiatrischen Gerichtssachverständigen Dozent Dr. Werner Laubichler (ON. 13 und S. 111 ff.) - der ausdrücklich als 'vordergründiges Motiv' des Angeklagten 'dessen erwünschte materielle Bereicherung' anführt (S. 85) - entgegen, noch die in der Mängelrüge zitierte Zeugenaussage des erhebenden Polizeibeamten Bez.Insp.Johann C (S. 106), e r habe kein Motiv für die Tat finden können. Das Gericht war daher auch nicht gehalten, sich mit diesen Verfahrensergebnissen (im Detail) unter dem in Rede stehenden Aspekt besonders auseinanderzusetzen (siehe auch § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.), der eine Abfassung der Urteilsgründe in 'gedrängter Darstellung' verlangt. Die fragliche Konstatierung erweist sich daher als mängelfrei begründet.

Den vom Angeklagten aus demselben Nichtigkeitsgrund primär als 'aktenwidrig' (der Sache nach als unbegründet) gerügten angeblichen Ausspruch, er habe versucht, der Erika B 'durch Würgen die Tasche zu entreißen', enthält das Urteil (in dieser Form) nicht. Die im gegebenen Zusammenhang tatsächlich gebrauchte Formulierung (S. 115), daß A der 'Erika B seinen linken Arm um den Hals legte, und sie hiebei würgte' (vgl. hiezu auch S. 118/119; 125), er also - deutlicher gesagt - nicht im Wege eines Würgegriffs mit den Händen, sondern durch eine andere Einwirkung auf ihren Körper (in vorbezeichneter Weise), die einen Würgeffekt auslöste, gegen ihre Person Gewalt ausübte, entspricht aber der vom Angeklagten selbst gegebenen Schilderung, wonach er Erika B 'in den Schwitzkasten nahm' (S. 103, 71), aber auch den Aussagen der Zeugen Erika B (S. 109 oben) und Johann C (S. 106 unten); damit durchaus vereinbar ist die - vom Beschwerdeführer zwecks Darlegung eines inneren Widerspruchs des Urteils erwähnte - Urteilsannahme (S. 119), daß es nicht in seiner Absicht lag, Erika B 'zu würgen und dabei zu verletzen'. Die zwei Feststellungen schließen einander nicht aus, sondern können ohne weiteres nebeneinander bestehen. Die Mängelrüge versagt sohin zur Gänze.

Mit der aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. erhobenen Rechtsrüge reklamiert der Angeklagte für sich den Strafaufhebungsgrund des (freiwilligen) Rücktrittes vom Versuch im Sinne des § 16 Abs. 1

StGB., doch ist er auch damit nicht im Recht. Wenn er zunächst (zur Dartuung der behaupteten Freiwilligkeit eines Rücktrittes) von seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung (S. 103 unten) ausgeht, wonach er Erika B sofort losgelassen habe, als diese schrie, weil ihm nun erst klar geworden sei, was er getan hatte, so setzt er sich darüber hinweg, daß das Erstgericht dieser Darstellung nicht gefolgt ist, vielmehr - unter Zugrundelegung seiner Angaben vor der Polizei und beim Untersuchungsrichter - als erwiesen angenommen hat (S. 119 d. A.), daß seine Kraft nicht ausreichte, um den (unerwarteten) Widerstand der Erika B, die ihren Einkaufskorb krampfhaft festhielt, zu überwinden und ihr den Korb wegzunehmen; weiters sei er hiedurch und durch die lauten Hilferufe der Attackierten derart irritiert worden, daß er von seinem Vorhaben abließ und ohne die erhoffte Beute mit einem Fahrrad in das Augebiet flüchtete. Der Beschwerdeführer legt insoweit seinen Rechtsausführungen daher nicht diesen Urteilssachverhalt zugrunde und bringt deshalb den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund in dem Umfang nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Ausgehend von den tatsächlichen Urteilsfeststellungen über den für das Unterbleiben der Tatvollendung maßgebend gewesenen Grund, bezüglich dessen das Erstgericht abschließend offen ließ (S. 127), ob der Angeklagte letztlich durch den physischen Widerstand der Erika B (allein), oder (auch) wegen deren Hilferufe und der damit verbundenen (konkreten) Gefahr seiner Entdeckung zur Aufgabe der Tatausführung bewogen wurde, kommt aber, wie das Schöffengericht richtig erkannte, vorliegend die vom Beschwerdeführer angestrebte Annahme eines freiwilligen Rücktrittes vom Versuch im Sinne des § 16 Abs. 1 StGB. nicht in Betracht. Befürchtete nämlich der Täter, so wie dies vom Erstgericht im Falle des Angeklagten angenommen worden ist, auf Grund von Hilferufen des Raubopfers entdeckt zu werden - einer solchen Einschätzung der Lage läuft der in der Beschwerde ins Treffen geführte Umstand nicht entgegen, daß der Angeklagte nach der Zeugenaussage des Johann C (S. 105 f) an sich schon die Möglichkeit gehabt hätte, unentdeckt zu fliehen - und war dies der Beweggrund dafür, die Tatvollendung aufzugeben, oder scheiterte die Raubausführung (auch) an dem dem gewaltsamen Entziehungsversuch des Angeklagten wirksam entgegengesetzten physischen Widerstand des Opfers, dann kann von einer f r e i w i l l i g e n , d.h. nicht durch wirkliche oder angenommene Hinderungsgründe veranlaßten, sondern eben aus freien Stücken erfolgten Aufgeben der Ausführung der geplanten (Raub-)Tat nicht gesprochen werden (vgl. EvBl. 1976/98, 1978/197; LSK. 1975/49, 1978/325 und die bei Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2, in der RN 2, 3

und 4 zu § 16 zitierte weitere Judikatur).

Der Strafaufhebungsgrund des (freiwilligen) Rücktrittes vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB.) wurde demgemäß dem Beschwerdeführer zu Recht nicht zugebilligt.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 41, 142 Abs. 2 StGB. zu fünf Monaten Freiheitsstrafe und sah diese Strafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB. bedingt nach.

Bei der Strafbemessung wertete es die leichte Verletzung und den auf die Tat zurückzuführenden Schock des Opfers als erschwerend, hingegen deren Begehung vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres, die Verstandesschwäche und psychische Verwahrlosung des Angeklagten, dessen verminderte Zurechnungsfähigkeit, seinen bisherigen ordentlichen Lebenswandel und das 'Tatsachengeständnis' (ersichtlich - siehe S. 121 - gemeint:

das Geständnis im Vorverfahren, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat) als mildernd.

Wegen des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe erachtete das Erstgericht die Voraussetzungen für die Gewährung einer außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB. als gegeben. Die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes begehrt, ist nicht begründet, zumal das Erstgericht die Strafzumessunsgründe im wesentlichen zutreffend festgestellt und gewürdigt sowie schließlich auch ein unter der gesetzlichen Mindeststrafe liegendes Strafmaß gewählt hat, das nach Lage des Falles keineswegs als überhöht angesehen werden kann. Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.

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