OGH 5Ob643/79

OGH5Ob643/7922.4.1980

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Griehsler, Dr. Winklbauer, Dr. Jensik und Dr. Hofmann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Rosenbursenstraße 1, wider die Antragsgegner 1) Valentin R*****, und

2) Paula R***** wohnhaft und beide vertreten durch Dr. Max Kogler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Festsetzung einer Enteignungsentschädigung, infolge Rekurses aller Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 22. März 1979, GZ 2 R 71/79-48, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 2. Jänner 1979, GZ 1 Nc 68/78-39, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 4. 6. 1975, Zl 8 BauR2-560/2/1975, wurden zum Zwecke des Ausbaues der A 2 Süd-Autobahn, Baulos „Pack-Twimberg", Grundstücksteilfläche im Gesamtausmaß von 70.260 m2 a) aus dem Gutsbestand der je zur Hälfte den beiden Antragsgegnern gehörigen Liegenschaften EZ 1 des Grundbuches über die Katastralgemeinde O***** und EZ 2 des Grundbuches über die Katastralgemeinde U***** und b) aus dem Gutsbestand der im Alleineigentum des ersten Antragsgegners stehenden Liegenschaft EZ 16 des Grundbuches über die Katastralgemeinde U***** enteignet. Die Entschädigung wurde für die beiden enteigneten Antragsgegner mit insgesamt S 1,276.460,- bestimmt und im Einzelnen folgendermaßen aufgegliedert:

1) Für die enteigneten Grundstücksteilflächen:

a) EZ 1 KG O*****:

für 3.865 m2 Wald-Weide der Grundstücke 658

und 661/1 à S 7,50 pro m2 S 28.987,50

für 24.275 m2 Wald der Grundstücke 661/1 und

632/1 à S 6,- pro m2 S 145.650,--

b) EZ 2 KG U*****:

für 19.818 m2 Wald der Grundstücke 345, 346,

347 und 349 à S 6,- pro m2 S 118.908,--

für 8.550 m2 Acker des Grundstückes 348

á S 16,- pro m2 S 136.800,--

für 1.924 m2 Weide des Grundstückes 350

á S 7,- pro m2 S 13.468,--

für 1.127 m2 Wiese des Grundstückes 351

á S 6,50 pro m2 S 7.325,50

c) EZ 16 KG U*****:

für 7.080 m2 Weide des Grundstückes 365

á S 13, pro m2 S 92.040,--

für 3.621 m2 Weide des Grundstückes 365

á S 6,- pro m2 S 21.726,--

Summe S 564.905,--

2) Für Sonstige Nachteile:

a) für die Hiebsunreife der Holzbestände bzw.

den Prolongationswert der Kulturen S 66.341,--

b) für den Arbeitsverlust, die Durchschnei-

dung, geringe Arbeitsbehinderung und Be-

sitzverkleinerung für den Forst S 34.354,--

c) als Ablöse der Einfriedungen S 8.540,--

d) für den Überhang an Objekten und totem

Inventar S 101.791,--

e) für die Verkehrswertminderung des land-

wirtschaftlich genutzen Teiles der Lie-

genschaft durch dauernde Mehraufwendungen

S 166.741,--

f) als Ersatz für Schlägerungs- und Räumungs-

kosten auf den Waldgrundstücken 658, 661/1,

632/1, 345, 346, 347, 349 und 365 S 333.788,--

Summe S 711.555,--

Im Verlauf des diesem Enteignungsbescheid vorangegangenen Verfahrens hatten sich die Antragsgegner bei sonstiger Zwangsfolge verpflichtet, das ihnen zufallende Holz auf den abzulösenden Waldflächen auf eigene Gefahr und Kosten zu bestimmten Terminen zu schlägern und den Schlagort zu räumen. Darauf bestimmte das Amt der Kärntner Landesregierung, dass die Schlägerungs- und Räumungskosten von S 333.788,- binnen 6 Wochen nach Bekanntgabe der Schlägerung und Räumung von der Antragstellerin den Antragsgegnern auszuzahlen seien. Der Vertreter der Antragstellerin hat sich verpflichtet, die Auflagen zeitgerecht zu erfüllen.

Die Antragstellerin hat fristgerecht die Neufestsetzung der von ihr als überhöht erachteten Entschädigung beantragt.

Sie wandte sich vor allem gegen den Zuspruch von S 333.788,- als Ersatz für Schlägerungs- und Räumungskosten, denn diese Kosten seien im Marktpreis des den Enteigneten verbliebenen Holzes enthalten, und vertrat die Ansicht, den Antragsgegnern sei auch kein Ersatz für den Überhang an Anlagen und Maschinen zuzuerkennen, weil von den Acker- und Weideflächen nur ein Anteil von 7 % enteignet worden sei und Schwankungen der Betriebsfläche von weniger als 10 % auf die Betriebsstruktur ohne Einfluss seien; eine Wertminderung der Restliegenschaft sei aus demselben Grunde auch nicht eingetreten, so dass auch keine Entschädigung für eine Verkehrswertminderung des landwirtschaftlichen Teiles der Liegenschaft zu gewähren sei. Die Antragsgegner haben vorgebracht, dass die Entschädigung im Verwaltungsverfahren richtig bemessen worden sei.

Das Erstgericht wies den Antrag der Republik Österreich unter gleichzeitiger Nichtigerklärung des darüber abgeführten Verfahrens insoweit wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück, als er die den Antragsgegnern vom Amt der Kärntner Landesregierung zugesprochenen Schlägerungs- und Räumungskosten von S 333.788,- betrifft, und setzte die den Antragsgegnern gebührende Enteignungsentschädigung im Übrigen mit S 925.565,- fest.

Zur Begründung dieser Entscheidung führte das Erstgericht im Wesentlichen an:

Aus dem Protokoll der Verwaltungsbehörde ergebe sich der eindeutige Wille der Parteien, die Schlägerungs- und Räumungskosten rechtsgeschäftlich zu erledigen. Das diesbezügliche Entschädigungsübereinkommen der Parteien ersetze daher die Entscheidung der Behörde, woran auch die Aufnahme des Übereinkommens in den Enteignungsbescheid nichts ändern könne. Die Anrufung des Gerichtes sei deshalb nur in Ansehung des durch dieses Übereinkommen nicht berührten Teiles der Entschädigung möglich, über den behördlich entschieden worden sei.

Für insgesamt 51.579 m2 Waldfläche sei unter Zugrundelegung eines Waldbodenwertes von S 5,42 m2 eine Entschädigung von S 279.558,-

zuzusprechen.

Für hiebunreifes Holz auf 17.071 m2 Waldfläche gebühre eine Entschädigung von S 61.778,-.

Der vom Sachverständigen errechnete Arbeitsverdienstentgang von S 61.895,- könne nicht zuerkannt werden, weil er nicht im Rahmen der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen sei und die ersparte Arbeitskraft auch anderwärts eingesetzt werden könne. Für den Differenzialkostenanstieg, der mit jeder Verkleinerung kleinerer bäuerlicher Betriebe verbunden sei, gebühre als Restwertminderung eine Entschädigung von S 34.106,-. Mit der Enteignung der Grundstücke 658 und 661/1, die nicht nur zur Holznutzung, sondern auch als Weide diente, sei eine Weidefläche von

3.865 m2 verloren gegangen. Der verloren gegangene kapitalisierte Ertragswert sei mit S 5.798,- abzulösen.

Mehrkosten für die Fällung hiebunreifer Waldbestände, vom Sachverständigen mit S 38.640,- errechnete, seien nicht zuzusprechen, da sie von dem Entschädigungs-Teilübereinkommen der Parteien erfasst seien.

Da die Antragsgegner das auf den enteigneten Flächen von ihnen geschlägerte Holz zur Unzeit verkaufen mussten - nämlich zu dem damals bestmöglichen Preis von S 800,- bis S 980,- pro Festmeter (Gesamterlös S 904.063,-), während der durchschnittliche Preis pro Festmeter im Frühjahr 1977 um S 1.000,- gelegen sei -, sei ihnen ein gemäß § 273 ZPO festgesetzter Schaden in der Höhe von S 124.147,- zu ersetzen, also rund 15 % des Holzverkauferlöses.

Die vom Sachverständigen errechnete Entschädigung für das Räumen und Brennen der Schlagplätze sei nicht zuzuerkennen, weil sich auch darauf das Teil-Entschädigungsübereinkommen der Parteien beziehe. Als Ablösung für Einfriedungen (180 m Stacheldrahtzaun und 70 m Jägerzaun) gebühren eine Entschädigung von S 8.540,-. Für die landwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen ergäben sich folgende Verkehrswerte, die zu entschädigen seien:

a) Aus der Liegenschaft EZ 2 KG O*****:

8.550 m2 Ackerland á S 19,- pro m2 S 162.450,-

3.051 m2 Weiden á S 7,60 pro m2 S 23.187,-

b) Aus der Liegenschaft EZ 16 KG U*****:

7.080 m2 ackerfähige Wiesen á S 17,10 pro m2

S 121.068,-

insgesamt also S 306.705,-.

Eine Restgrundentwertung infolge Fixkostenüberhanges (Gebäude- und Maschinenüberhang) sei ausgeschlossen, da der Sachverständige ohnedies zutreffend vom Verkehrswert der landwirtschaftlich genutzten Grundflächen ausgegangen sei, der einen respektablen Quadratmeterpreis ergebe, in dem auf jeden Fall die Fixkostenüberhänge inbegriffen seien. Überdies seien die Fixkostenüberhänge, falls die Antragsgegner in absehbarer Zeit keine Ersatzgrundstücke erwerben könnten, in den Zinsen der Entschädigung gedeckt.

Eine Entschädigung für die Schmälerung des Jagdpachtzinses könne nur für den verlorenen Waldboden in der Höhe von S 2.075,- zugesprochen werden, weil bei diesem der Sachverständige den Ertragswert ermittelt, aber dabei die Jagdverpachtung nicht berücksichtigt habe; bei den landwirtschaftlich genutzten Grundflächen sei jedoch der Verkehrswert berücksichtigt worden und hier sei der Verlust der Nutzungsmöglichkeit der Jagd nicht zu veranschlagen, weil dies einer Doppelentschädigung gleichkäme.

Endlich sei auch die Ertragsminderung infolge Besitzzerschneidung zu entschädigen:

Um das nördlich der Autobahntrasse gelegene Waldgrundstück zu erreichen, seien Umwege von 400 m beim Transport von Blochholz und 580 m beim Transport von Brennholz erforderlich. Die Arbeitsmehrkosten für diese 6 ha Waldfläche betrügen pro Jahr S 2.400,- also, kapitalisiert S 60.000,-.

Infolge der Zerschneidung des Besitzes durch die Autobahntrasse müsse eine Futterfläche von 0,7 ha nördlich der Autobahntrasse aufgeforstet werden. Bei einem jährlichen Einkommensverlust von S 1.714,- ergebe dies kapitalisiert S 42.858,-.

Das Gericht zweiter Instanz hob in Stattgebung der Rekurse der Antragstellerin und der Antragsgegner den Beschluss des Erstgerichtes zur Gänze auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Es äußerte im Wesentlichen folgende Rechtsansichten:

Der Anspruch auf Enteignungsentschädigung sei privatrechtlicher Natur und es schließe jedes zulässige Entschädigungsübereinkommen die gerichtliche Kompetenz zur Entscheidung über die Enteignungsentschädigung aus (§ 22 Abs 1 EisbEG in Verbindung mit § 20 Abs 5 BStG 1971); ein solches Übereinkommen ersetze auch die Entscheidung der Behörde über die Entschädigung. Liege sowohl ein zulässiges Übereinkommen als auch eine behördliche Entscheidung über die Enteignungsentschädigung vor - sei es, weil die Behörde zu unrecht das Zustandekommen eines gültigen Übereinkommens verneint oder trotz Kenntnis von dem Übereinkommen in der irrigen Annahme, dass sie auch in einem solchen Fall bescheidmäßig absprechen müsse, entschieden habe -, so sei diese Entscheidung rechtswidrig und im Verwaltungswege bekämpfbar. Erwachse jedoch ein solcher Enteignungsbescheid in Rechtskraft, dann sei nur er und nicht das geschlossene Übereinkommen maßgeblich, weil die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien durch den späteren Verwaltungsakt neu gestaltet werden. Dem vorher geschlossenen Übereinkommen komme keinerlei Rechtswirkung mehr zu und es sei die Anrufung des Gerichtes, die Entschädigung neu festzusetzen, zulässig.

Hier spreche zwar vieles dafür, dass der Ersatz der Schlägerungs- und Räumungskosten von den Parteien nicht als Teil der Enteignungsentschädigung aufgefasst worden sei, doch könne dies nach den bisherigen Verfahrensergebnissen noch nicht als hinlänglich geklärt angesehen werden, denn es fehlten insbesondere Feststellungen darüber, aus welchen Gründen die Bezahlung dieser Kosten vereinbart worden sei und warum diese Beträge bescheidmäßig in die Gesamtentschädigung aufgenommen worden seien. Grundsätzlich werden zwar die Entschädigung nach dem Wert der enteigneten Fläche, also einschließlich des Wertes des Holzbestandes bemessen, doch sei auch denkbar, dass dem Enteigneten das geschlägerte Holz verbleibe, so dass es einer Ablöse des Holzwertes nicht bedürfe. Erfahrungsgemäß erbringe aber die Bundesstraßenverwaltung in Enteignungsfällen unabhängig von der Entschädigung zusätzliche Leistungen in der Form, dass sie auf ihre Kosten das stehende Holz auf der enteigneten Fläche schlägere oder schlägern lasse und dem Enteigneten zur Verwertung gebe. Sei von dieser Überlegung auch hier ausgegangen und dem Enteigneten nur der Betrag bezahlt worden, der sonst einem anderen Schlägerungsunternehmer bezahlt worden wäre, und habe man aus welchen Gründen auch immer zufällig den Enteigneten diese Arbeiten besorgen lassen, dann habe die Einigung über diese Kosten und deren Bezahlung mit der Festsetzung der Enteignungsentschädigung nichts zu tun und wäre im vorliegenden Fall auch nicht berücksichtigen. Es könne dann der Umstand, dass im Spruch des Enteignungsbescheides die Schlägerungskosten in die Gesamtentschädigung einbezogen worden seien, keine Rechtswirkung erzeugen, so dass darauf nicht weiter Bedacht zu nehmen wäre, weil es sich um einen von der Enteignungsentschädigung völlig getrennten selbständigen Anspruch handelte.

Wäre allerdings dies zu verneinen, dann könne eine Zuerkennung des Ersatzes für Schlägerungs- und Räumungskosten, soweit es sich um hiebreifes Holz handle, nicht in Betracht, denn diese Kosten seien bei der Verwertung des geschlägerten Holzes im Verkaufserlös inbegriffen.

Im Übrigen sei für die Bemessung der Enteignungsentschädigung der Ertragswert und der Verkehrswert zu ermitteln und der jeweils höhere Wert zuzusprechen. Hier habe der Sachverständige den Wert der enteigneten Waldgrundstücksflächen nicht nach dem Verkehrswert, sondern nur nach dem Ertragswert festgestellt. Die Wahl des Ermittlungsverfahrens steht aber nicht dem Sachverständigen zu. Der Sachverständige habe nicht dargelegt, warum eine Ermittlung des Verkehrswertes der enteigneten Waldgrundstücksflächen nicht möglich sei, so dass schon in dieser Hinsicht das Verfahren ergänzungsbedürftig sei. Es sei die Ermittlung der Restgrundentwertung strittig geblieben und für die Beantwortung dieser Frage sei der Umstand maßgeblich, ob die enteigneten Flächen nach dem Verkehrswert oder nach dem Ertragswert zu entschädigen seien, denn es bestehe zwischen der Bewertung der enteigneten Fläche und der Restgrundentwertung ein untrennbarer Zusammenhang, weil es sich dabei um einen einheitlichen Anspruch handle, in dem Bestand und Ausmaß der Restgrundentwertung nur eine Komponente bildeten. Bei der Bewertung der enteigneten landwirtschaftlich genutzten Flächen habe der Sachverständige den Verkehrswert nach der Vergleichwertmethode und den Ertragswert in der Weise ermittelt, dass er aus dem Rohertrag aus der Landwirtschaft abzüglich der variablen Kosten und der Grundsteuer den Deckungsbetrag kapitalisiert habe. Diese Berechnungsmethode entspreche aber nicht der Rechtsprechung, die in dem Ertragswert nur den kapitalisierten Reinertrag erblicke. Da aber der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen sei, dass aus dem landwirtschaftlichen Betrieb bei Berücksichtigung der Lohnansprüche der Arbeitskräfte ein negativer Reinertrag resultiere, dessen Kapitalisierung unrealistisch sei, wäre - zumindest nach den bisherigen Verfahrensergebnissen - davon auszugehen, dass nur der Verkehrswert herangezogen werden könne.

Ob eine Entschädigung nach dem Verkehrswert oder nach dem Ertragswert zu bemessen sei, habe auch für die Restgrundentwertung entscheidende Bedeutung. Eine solche Entschädigung gebühre dem Enteigneten nach der Vorschrift des § 18 Abs 1 BStG 1971. Erfolge die Bemessung der Entschädigung nach dem Verkehrswert, so sei dem Enteigneten auch der Betrag zu ersetzen, um den der objektive Wert des verbleibenden Grundstücksteiles in noch weiterem Maß verringert worden sei. Bei Inanspruchnahme eines erheblichen Teils eines landwirtschaftlichen Besitzes könne nämlich der Verkehrswert der enteigneten Fläche zuzüglich des Verkehrswertes des Restbesitzes kleiner sein als der Verkehrswert des früheren Gesamtbesitzes. Dabei werde der Einfluss des Fixkostenüberhanges (Überhang an Baulichkeiten, Maschinen, Geräten und sonstigen Fixkosten) zu berücksichtigen sein; dabei sei zu bedenken, ob nicht die aus dem Entschädigungskapital zu erzielenden Zinsen den Fixkostenüberhang zu decken imstande seien. Erfolge die Entschädigung nach dem Ertragswert der enteigneten Grundflächen, dann sei auch eine Entschädigung für einen durch den Wegfall des enteigneten Grundes entstehenden Fixkostenüberhang zu gewähren, soweit ein solcher entstehe und durch Betriebsumstellung nicht ausgeglichen werden könne.

Die vom Sachverständigen in einem Prozentsatz festgelegte Restgutentwertung hinsichtlich der Waldgrundstücksflächen entspreche nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen. Es werde daher im fortgesetzten Verfahren die aufgezeigte Methode der Restgutentwertung darauf abzustellen sein, ob die Entschädigung nach dem Verkehrswert oder nach dem Ertragswert zu erfolgen habe. Ein Anspruch auf Entschädigung für Erlösminderung infolge des Holzverkaufes zur Unzeit stehe im Enteignungsentschädigungsverfahren nicht zu, denn es sei die Entschädigung für den Wert des durch den Enteignungsbescheid aufgehobenen Rechts denknotwendig nach dem Zeitpunkt seiner Aufhebung zu leisten. Dadurch, dass den Enteigneten das Holz zur Verwertung überlassen worden sei, seien sie weder besser noch schlechter gestellt worden. Wäre das nicht der Fall gewesen, so wäre das Holz mit dem im Zeitpunkt der Enteignung maßgeblichen Wert zu entschädigen gewesen.

Ein Anspruch auf Entschädigung für Jagdpachtzinsverminderung werde davon abhängen, ob die Bemessung der Entschädigung nach dem Verkehr oder nach dem Ertragswert zu erfolgen habe. Das Erstgericht habe eine solche ohnedies nur für die nach der Ertragswertmethode berechneten Waldflächen zuerkannt. Eine Entschädigung neben dem Verkehrswert käme einer Doppelentschädigung gleich. Bei der Ertragswertberechnung werde der aus der Jagdverpachtung erzielte Reinertrag allerdings zu berücksichtigen sein.

Die vom Erstgericht festgestellten Umwege, die für die Holzbringung infolge der Autobahntrasse notwendig werden, seien eine Folge der Enteignung, denn die bisher zur Erreichung der Waldgrundstücke benützten Grundflächen seien aus dem Eigentum der Antragsgegner ausgeschieden und könnten künftig nur mehr auf Umwegen erreicht werden. Dafür gebühre den Enteigneten eine Entschädigung für die Waldarbeitsmehrkosten.

Bei dem Einkommensverlust der Antragsgegner durch den Aufforstungszwang handle es sich um eine Frage der Restgutentwertung, die nach den aufgezeigten Grundsätzen zu beantworten sein werde. Bei der Entschädigung der enteigneten landwirtschaftlich genutzten Grundflächen nach dem Verkehrswert werde die notwendige Änderung der Kulturart (von Futterfläche auf Wald einen Faktor bei der Restgutentwertung darstellen; eine gesonderte Entschädigung nach dem kapitalisierten Ertragsausfall sei dann aber nicht zuzuerkennen. Eine Entschädigung für den Arbeitsverdienstentgang gebühre dem ersten Antragsgegner nicht. Es sei ständige Rechtsprechung, dass der Entgang der Möglichkeit, die Arbeitskraft auf dem enteigneten Grundstück einzusetzen, nicht im Rahmen der Enteignungsentschädigung Berücksichtigung finden könne, weil nur objektive, nicht aber subjektive Nachteile zu ersetzen seien. Dem Enteigneten stehe es frei, seine Arbeitskraft anderwärts nutzbringend zu verwenden. Gegen den Beschluss des Gerichtes zweiter Instanz, der sich in seinem ersten Teil als eine abändernde Entscheidung darstellt, richten sich die Rekurse sämtlicher Parteien.

Die Antragstellerin wendet sich nur gegen die Richtigkeit der Begründung des (unechten) Aufhebungsbeschlusses in Ansehung des Ersatzes von Schlägerungs- und Räumungskosten in der Höhe von S 333.788,-.

Die Antragsgegner bekämpfen die in der angefochtenen Entscheidung geäußerten Rechtsansichten zur Wertermittlungsmethode und den (unechten) Aufhebungsbeschluss in Ansehung des Ersatzes der Schlägerungs- und Räumungskosten in der Höhe von S 333.788,- mit dem Antrag, diesbezüglich die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Antragstellerin hat zu dem Rechtsmittel der Antragsgegner eine Äußerung erstattet.

Von den Antragsgegnern wurde keine Rechtsmittelgegenschrift eingebracht.

Der Rekurs der Antragstellerin ist gerechtfertigt, nicht jedoch jener der Antragsgegner.

Rechtliche Beurteilung

I) Zum Rechtsmittel der Antragstellerin:

Der Antragstellerin ist in der Absicht beizustimmen, dass nicht

weiter zu prüfen ist, ob im Zuge des Enteignungsverfahrens ein

(verbindliches) Übereinkommen mit den Antragsgegnern über die

Leistung einer Entschädigung durch die Antragstellerin für die Kosten

der Schlägerung und Räumung der enteigneten Waldgrundstücke Nr 658,

661/1, 632/1, 345, 346, 347, 349 und 365 zustandegekommen ist und aus

welchen Gründen es dazu kam, denn es steht fest, dass der im

Verwaltungsverfahren unangefochten gebliebene Enteignungsbescheid für

die Schlägerung- und Räumungsarbeiten den Antragsgegnern eine

Entschädigung zusprach, so dass der Enteignungsbescheid den allein

maßgeblichen Rechtsakt darstellt und der Antragstellerin deshalb auch

das Recht zusteht, die Neufestsetzung der Entschädigungssumme durch

das Gericht und damit auch die Entscheidung darüber zu begehren, ob

überhaupt und bejahendenfalls in welchem Ausmaße für die

Schlägerungs- und Räumungskosten, die jetzt nur mehr als eine

Komponente der Gesamtentschädigung betrachtet werden können, eine

Entschädigung gebührt (vgl SZ 47/66).

Es kann jedoch die Ansicht der Antragstellerin nicht geteilt werden,

es sei eine nicht zu entschädigende Folge der Enteignung bewaldeter

Grundstücksflächen, dass der Enteignete auf eigene Gefahr und Kosten

den Baumbestand zu schlägern und die Grundfläche geräumt von dem

geschlägerten Holz dem Enteigner zu übergeben habe, denn es besteht

keine gesetzliche Verpflichtung des Enteigneten, die enteignete

Grundfläche in jenen Kulturzustand zu versetzen, der dem

Verwendungsbedürfnis des Enteigners entspricht. Hier sind wohl die

enteigneten Antragsgegner der von ihnen übernommenen Verpflichtung

nachgekommen, die enteigneten Waldgrundflächen in abgeholzten und von

dem geschlägerten Holz geräumten Zustand der enteigneten

Antragstellerin zu übergeben. Gegenstand der Enteignung war dessen

ungeachtet jedoch nicht „nackter" Waldboden, wie die Antragstellerin

in Verkennung des Wesens der Enteignung als eines dem Enteigneten

durch besonderen Hoheitsakt abgenötigten Sonderopfers am Vermögen

(vgl SZ 48/54) meint, sondern bewaldeter Grund, der auch als solcher

nach dem Verkehrs- oder Ertragswert zu entschädigen ist. Es ist

allerdings den Antragsgegnern das von ihnen auf den enteigneten

Waldgrundflächen geschlägerte und dann von dort gebrachte hiebreife

Holz zur Verwertung auf eigene Rechnung überlassen worden, so dass

sie - wie das Gericht zweiter Instanz richtig erkannte - für die

Schlägerungs- und Bringungskosten des hiebreifen Holzes keinen Ersatz

verlangen dürfen, weil diese Kosten im Preis geschlägerten und

gebrachten Holzes inbegriffen sind. Anders verhält es sich indessen

mit den Kosten der Schlägerung und Bringung hiebunreifen Holzes, denn

durch diese Arbeiten haben die Enteigneten ohne eigenen Vorteil die

enteignete Grundfläche in den von der Enteignerin gewünschten

Kulturzustand versetzt, so dass sie dafür auch angemessen zu

entschädigen sind.

Der Rekurs der Antragstellerin war aus dem dargelegten Erwägungen

gerechtfertigt.

II) Zum Rekurs der Antragsgegnerin:

Soweit sich die Antragsgegner in ihrem Rechtsmittel gegen den

Ausspruch und die rechtliche Begründung des Gerichtes zweiter Instanz hinsichtlich der Holzschlägerungs- und Räumungskosten wenden, müssen sie auf die zum Rekurs der Antragstellerin (I oben) dargelegten Rechtsausführungen verwiesen werden.

Im Übrigen kommt ihrem Rechtsmittel ebenfalls keine Berechtigung zu, denn es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die auf den positiven Schaden beschränkte Nachteilsausgleichung der Enteignung nach der Wahl des Enteigneten (RZ 1973/88 S 66 u.a.), bezogen auf den Zeitpunkt der Aufhebung des Rechtes (JBl 1974, 202 u.a.), entweder zum Verkehrswert oder zum Ertragswert zu berechnen ist (RZ 1969, 107 u. a.); die vom Gericht zweiter Instanz geäußerten Rechtsansichten entsprechen nicht nur in dieser Hinsicht, sondern auch in allen übrigen, von den Antragsgegnern nicht relevierten Punkten dem Gesetze, so dass es in Anbetracht des Fehlens an neu vorgetragenen Argumenten, die dazu zwingen könnten, die Rechtspositionen neu zu überdenken, mit einer Verweisung auf die vom Gericht zweiter Instanz dargelegten Gründe sein bewenden haben kann.

Zu dem Begriff des „außerordentlichen Wertes des besonderen Interesses", den das Rekursgericht bei der Abhandlung der zu berücksichtigenden Wertverminderung des nach der Enteignung zurückbleibenden Restgrundes verwendet hat (S 246 f), ist zu bemerken, dass er hier offenkundig auf die Wertfeststellung in Ansehung des den Enteigneten verbliebenen Restgrundes, bei dem der wirtschaftliche Zusammenhang mit dem enteigneten Grund Berücksichtigung finden muss, bezogen ist und nicht in dem missverständlichen Sinn aufgefasst werden darf, den der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung EvBl 1977/97, S 210 f, unter Bezugnahme auf Vorentscheidungen aufgezeigt hat (vgl Klang in Klang2 II, 49).

Aus den angeführten Gründen erweist sich der Rekurs der Antragsgegnerin als nicht gerechtfertigt.

Zu bemerken ist jedoch, dass bei der Bemessung der Entschädigung die jedem der beiden Antragsgegner gebührenden Beträge gesondert auszuweisen sein werden, weil die aus dem Gutsbestand der Liegenschaft EZ 16 des Grundbuches über die Katastralgemeinde U***** enteigneten Grundstücksflächen im Alleineigentum des ersten Antragsgegners standen und nur die übrigen von der Enteignung betroffenen Grundflächen beiden Antragsgegnern je zur Hälfte gehörten.

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