OGH 11Os28/80

OGH11Os28/809.4.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleithner als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 148 (erster Fall) und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.Oktober 1979, GZ 3 a Vr 3.216/79-66, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wechsler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generlanwalt Dr. Tschulik zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dahin ergänzt, daß dem Angeklagten auch die Haftzeit vom 16.Mai 1979, 19 Uhr 50 bis 15.Juni 1979, 10 Uhr 15 gemäß dem § 38 StGB auf die Strafe angerechnet wird. Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Juni 1922 geborene zuletzt beschäftigungslose Angeklagte Michael A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten (schweren) gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 148 (erster Fall) und 15 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 24. September 1977 bis 15.Mai 1979

gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, wiederholt Personen, zum Teil unter der Vorspiegelung, ein rückzahlungsfähiger und -williger Darlehensnehmer zu sein, zur Gewährung von Darlehen (in achtzehn Fällen) verleitete oder (in einem weiteren Fall) zu verleiten versuchte, zum Teil (in vier Fällen) unter der Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und -williger Gast zu sein, zur Ausfolgung von Getränken, sohin zu Handlungen verleitete, die sie an ihrem Vermögen um insgesamt 8.944 S schädigten bzw. schädigen sollten. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 der genannten Gesetzesstelle rügt der Beschwerdeführer die Ablehnung der in der Hauptverhandlung von ihm beantragten Beweisaufnahmen (vgl. S 334 ff d. A), mit denen er nachweisen wollte, daß er bei einzelnen Betrugsfakten als redlicher Darlehensnehmer gehandelt und die aufgenommenen Darlehen rückerstattet habe.

Die Verfahrensrüge versagt.

Zum Urteilsfaktum I A 1 will der Beschwerdeführer durch die zeugenschaftliche Vernehmung des Robert B und durch seine Ausführung ins Verkehrsbüro (vgl. Punkte 2 und 3 des Beweisantrages) den Nachweis erbringen, daß er den von Hermine C entliehenen Bargeldbetrag von 1.000 S wenige Tage nach Entgegennahme einem ihm unbekannten Angestellten des Verkehrsbüros in einem Kuvert mit dem Ersuchen um Weitergabe an die dort beschäftigte Darlehensgeberin überreicht habe. Wie sich aus der - vom Erstgericht als glaubwürdig erachteten - Zeugenaussage der Hermine C ergibt, kommt aber der Zeuge Robert B, auf den die Beschreibung des Angeklagten an sich passen könnte, als Empfänger des Kuverts schon deshalb nicht in Betracht, weil er damals ausschließlich im Hauptgebäude des Verkehrsbüros als Bürovorstand tätig war, die Übergabe des Kuverts jedoch nach dem Vorbringen des Angeklagten im Nebengebäude des Verkehrsbüros in Wien 4., Faulmanngasse 4, stattgefunden haben soll, wo die Zeugin C eines Umbaus wegen vorübergehend untergebracht war (vgl. S 317 f d.A). Mangels weiterer konkreter Hinweise des Beschwerdeführers auf die Person des angeblichen Geldempfängers erscheinen Versuche zur Ausforschung und Identifizierung von vornherein nicht zielführend.

Zum Urteilsfaktum I A 2 erachtete das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten, er habe das ihm von Ingeborg D gewährte Darlehen von 1.000 S an die Firma N -ordnungsgemä ßzurückgezahlt, durch die Aussagen der Zeugen Ingeborg D und Brigitte E widerlegt. Nachforschungen in der Wohnung in Wien 23., Atzgersdorfer Straße 48 - etwa mit Hilfe einer Ausführung des Beschwerdeführers dorthin (vgl. Punkt 4 des Beweisantrages) - nach einem Beleg über die behauptete Rückzahlung erübrigen sich deshalb, weil die Habseligkeiten des Angeklagten bei einem Einbruchsdiebstahl aus seiner früheren Unterkunft verschwunden sind (vgl. S 41, 73 d.A). Das von Eva F gewährte Darlehen von 100 S (Urteilsfaktum I A 4) behauptet der Angeklagte - entgegen seiner ursprünglichen Darstellung (vgl. S 27 d.A) - mit Reko-Brief retourniert zu haben. Die begehrte zeugenschaftliche Vernehmung des Inspektors G (vgl. Punkt 5

des Beweisantrages) ist jedoch nicht geeignet, die auf der Zeugenaussage der Eva F beruhende gegenteilige Urteilsannahme zu widerlegen, weil der beantragte Zeuge /nach dem eigenen Vorbringen des Angeklagten in der Hauptverhandlung (vgl. S 307 unten d.A) / lediglich eine (allfällige) Mitteilung des Angeklagten, er habe einem Brief an Eva F Geld beigeschlossen, wiedergeben könnte. Soweit der Beschwerdeführer zu diesem Urteilsfaktum durch eine zeugenschaftliche Vernehmung des Manfred H unter Beweis stellen will, daß der von ihm gegenüber der Darlehensgeberin behauptete Umstand - ein Diebstahl seiner Tasche - tatsächlich vorgelegen sei (vgl. Punkt 7 des Beweisantrages), erweist sich die beantragte Beweisaufnahme für die Beurteilung der hier wesentlichen Frage, ob er die Darlehensgeberin über seinen Rückzahlungswillen getäuscht (und mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz gehandelt) habe, als bedeutungslos.

Zum Urteilsfaktum I A 18 behauptete der Angeklagte lediglich, der Gastwirtin Erika I nach seiner Verhaftung den Auftrag gegeben zu haben, den von Dr. Herta J erhaltenen Darlehensbetrag von 200 S zurückzuzahlen (vgl. S 332 d.A). Dieser Umstand, der durch die zeugenschaftliche Vernehmung der Erika I nachgewiesen werden sollte (vgl. Punkt 1 des Beweisantrages), läßt indes keine Rückschlüsse auf das Vorliegen eines im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme gegebenen Rückzahlungswillens zu;

eine solcherart stattgefundene Darlehensrückzahlung hätte daher insoweit nur die Bedeutung einer nachträglichen Schadensgutmachung. Letztlich beantragte der Beschwerdeführer die Vernehmung eines Ing. Felix K zum Beweis dafür, daß dieser Zeuge die Rückzahlung der verfahrensgegenständlichen Zechschulden und die Rückzahlung der kleineren Beträge laut den Urteilsfakten I A 13 bis 17 übernommen habe. Mit Recht hielt das Erstgericht diese Beweisaufnahme für entbehrlich, weil sich der Angeklagte nicht in dieser Richtung verantwortete, sondern lediglich angab, sich über Anraten des - seiner Darstellung zuwider bei der Firma L AG unbekannten und dort nicht beschäftigten (vgl. S 335 f d.A) -

Ing. Felix K als Ing. M ausgegeben zu haben (s. S 304 ff d.A).

Durch die Ablehnung der Beweisanträge wurden demnach Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt. Im übrigen eignet sich die Behauptung, das Erstgericht habe seine Beweisanträge mit einer widersprüchlichen und unzutreffenden Begründung abgewiesen, nicht zur Darlegung eines Begründungsmangels im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO.

Mängel, die der - wenn auch erst in den Urteilsgründen nachgetragenen - Begründung eines Zwischenerkenntnisses anhaften, verwirklichen niemals diesen Nichtigkeitsgrund, sondern können nur unter den Voraussetzungen der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO mit Erfolg geltend gemacht werden (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, Nr. 14 zu § 238 StPO, Nr. 9 a zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO); dieser letztgenannte Nichtigkeitsgrund liegt jedoch nach dem oben Gesagten hier nicht vor.

Unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehung der inkriminierten Betrugshandlungen.

Auch damit vermag er nicht durchzudringen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erschöpft sich der Begriff der gewerbsmäßigen Begehung einer strafbaren Handlung in der aus dem Gesamtverhalten des Täters erkennbaren Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme in der Bedeutung eines wiederkehrenden Mittelzuflusses zu verschaffen (§ 70 StGB). Eine derartige innere Tendenz des Beschwerdeführers wurde vom Erstgericht im vorliegenden Fall ausdrücklich (und erkennbar für jedes Faktum) festgestellt und unter Hinweis auf die wiederholte Begehung der Betrugshandlungen sowie ihre Art und Beschaffenheit nach Lage des Falles zureichend begründet (womit sich auch die diese Feststellungen betreffende Mängelrüge als unbegründet erweist), zumal der Angeklagte den Urteilsannahmen zufolge keiner geregelten Beschäftigung nachging und ohne festen Wohnsitz war (vgl. S 346 d.A). Wie das Erstgericht richtig erkannte, schließen weder fallweise zeitliche Unterbrechungen bei der Begehung der Straftaten noch der Umstand, daß der Angeklagte seinen Unterhalt nicht ausschließlich aus Betrügereien bestritten haben mag und es sich im einzelnen um relativ geringe Geldbeträge handelte (vgl. LSK 1975/139, 1976/191 u. a.) Gewerbsmäßigkeit aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus Anlaß dieses Rechtsmittels war jedoch gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Urteil insofern zum Nachteil des Beschwerdeführers gemäß der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO nichtig ist, als gemäß dem § 38 StGB lediglich Vorhaft vom 15.Juni 1979, 10 Uhr 15, bis zum 24.Oktober 1979, 13 Uhr 15, und nicht die gesamte Vorhaft ab dem Zeitpunkt der Festnahme am 16.Mai 1979, 19 Uhr 50 (vgl. S 97, 108 d.A) angerechnet wurde. Das Urteil war demnach im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft entsprechend zu ergänzen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 148 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und den besonders raschen Rückfall, als mildernd das teilweise Geständnis und den Umstand, daß der Angeklagte sich einer größeren Schadenszufügung enthielt. Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung, der Angeklagte jedoch die Herabsetzung des Strafausmaßes an. Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Zwar weist die Staatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, daß der letztangeführte Milderungsgrund zu entfallen hat. Doch tritt an seine Stelle der Umstand, daß es in einem Fall beim Versuch blieb. Der vom Angeklagten behauptete zusätzliche Milderungsgrund der Schadensgutmachung liegt nicht vor, zumal das bezügliche Versprechen allein noch kein ernstliches Bemühen i.S. des § 34 Z 15 StGB darstellt (s. auch LSK 1978/276). Ebensowenig kann angesichts der gewichtigen Erschwerungsgründe von einem beträchtlichen Überwiegen der mildernden Umstände die Rede sein.

Die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe erweist sich daher als tat- und schuldangemessen; sie trägt den im § 32 StGB aufgestellten Grundsätzen voll und ganz Rechnung.

Damit war beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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