OGH 10Os14/80

OGH10Os14/8018.3.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kronlachner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 ff StGB. über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. August 1979, GZ. 6 c Vr 438/79-74a, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, nach Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde und nach Anhörung der Ausführungen der Verteidiger Dr. Ludovika Hämmerle sowie Dr. Krilyszyn und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, (in Stattgebung dieses Rechtsmittels) im (Teil-)Freispruch des Angeklagten Raoul B und in der Unterstellung der dem Angeklagten Peter A nach den Punkten I. und II.

des Schuldspruchs zur Last fallenden Taten unter § 130 erster Fall StGB., gemäß § 290 Abs. 1 StPO. aber auch im Ausspruch, dieser Angeklagte habe die betreffenden Diebstähle gewerbsmäßig begangen, und dementsprechend in der rechtlichen Beurteilung dieser Fakten als Verbrechen des (schweren) gewerbsmäßigen Diebstahls sowie der ihm nach den Punkten III. und IV. des Schuldspruchs zur Last fallenden Taten und weiters in dem die beiden Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des - davon abhängigen - Ausspruchs gemäß § 38 StGB.) aufgehoben und 1. gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt 'Peter A hat durch die ihm nach den Punkten III. und IV. des Schuldspruchs zur Last fallenden Taten das Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 SuchtgiftG. begangen.'

sowie 2. die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im übrigen Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (unter anderem) Peter A (zu I. und II. des Schuldspruchs) des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 erster Fall StGB., zum Teil als Beteiligter nach § 12 StGB. (zu III.) des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 1 SuchtgiftG. sowie (zu IV.) des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. schuldig erkannt und Raoul B (außer den gegen ihn ergangenen Schuldsprüchen wegen anderer Taten) von der Anklage, er habe am 4. Dezember 1978 in Wien in Gesellschaft des Peter A als Beteiligten dem Rudolf C (richtig: dem Heinrich D) etwa 20.000 S Bargeld gestohlen (vgl. Schuldspruch-Faktum I.D.4: Diebstahl von 19.700 S z. N.des Heinrich D durch Peter A als Alleintäter), gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z. 10 und Z. 9 lit. a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der sie zum einen die Beurteilung der dem Angeklagten A zur Last fallenden Diebstähle als gewerbsmäßig nur nach dem ersten anstatt nach dem zweiten Qualifikationsfall (gemeint:

nach dem durch den zweiten Strafsatz erfaßten dritten Qualifikationsfall) des § 130 StGB. und zum anderen den (Teil-) Freispruch des Angeklagten B anficht, kommt Berechtigung zu. Dem erstgenannten Angeklagten fallen nach den Punkten I. und II. des Schuldspruchs ein versuchter und elf vollendete Diebstähle zur Last, von denen er insgesamt vier (Fakten I.B., I.D.4., I.D.5. und II.) an Sachen in einem jeweils 5.000 S weit übersteigenden Wert beging oder versuchte und wobei das Schöffengericht im Tenor zusammenfassend aussprach, daß er 'die' - also alle - Diebstähle gewerbsmäßig verübt habe. Dieser Ausspruch müßte, da er mehrere Einzeltaten betrifft, von denen jede für sich nach § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB. zum schweren Diebstahl qualifiziert ist (vgl. RZ. 1976/129), die Unterstellung des gesamten Diebstahlsverbrechens nicht bloß unter den ersten, sondern unter den (dem zweiten, höheren Strafsatz zuzuordnenden) dritten Qualifikationsfall des § 130 StGB. zur Folge haben (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.). Eine sofortige Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof ist jedoch nicht möglich, weil das Urteil zu dem in Rede stehenden qualifikationstragenden Ausspruch keinerlei Feststellungen enthält, die eine Überprüfung seiner Rechtsrichtigkeit zuließen, sodaß es insoweit auch zum Nachteil des Angeklagten mit einer (gemäß § 290 Abs. 1

StPO. von Amts wegen wahrzunehmenden) Nichtigkeit nach Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. behaftet ist. Demzufolge waren die (von der Anklagebehörde bekämpfte) rechtliche Beurteilung des (gesamten) Diebstahlsdelikts und der ihr zugrunde liegende Ausspruch über die Gewerbsmäßigkeit sowie der den Angeklagten A betreffende Strafausspruch aufzuheben und die Sache zur bezüglichen Verfahrenserneuerung in die erste Instanz zurückzuverweisen. Der Oberste Gerichtshof hat sich ferner davon überzeugt, daß im angefochtenen Urteil das Strafgesetz auch insoferne zum Nachteil des Angeklagten A unrichtig angewendet worden ist (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.), als er wegen der ihm nach den Punkten III. und IV. des Schuldspruchs zur Last fallenden Taten (gesondert) sowohl eines Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 1 SuchtgiftG. als auch eines weiteren Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. schuldig erkannt wurde. Denn die in Z. 1 und in Z. 2 des § 9 Abs. 1

SuchtgiftG. angeführten Begehungsformen sind bloße Modifikationen (Spielarten) eines und desselben Delikts, sodaß ein Täter, der beide Begehungsweisen zu verantworten hat, nur für ein einziges Delikt, und zwar für das Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 SuchtgiftG., haftet (ÖJZ-LSK. 1977/169, EvBl. 1980/9 u.a.). Dieser (vom Angeklagten gleichfalls nicht geltend gemachte) Subsumtionsfehler war von Amts wegen (§ 290 Abs. 1 StPO.) sogleich zu korrigieren.

Den (Teil-)Freispruch des Angeklagten B gründete das Erstgericht darauf, daß seine vorsätzliche Beteiligung an diesem durch A begangenen Diebstahl (Faktum I.D. 4.) nicht erwiesen sei. Dabei traf es keinerlei Feststellung zu jener Verantwortung des Raoul B, wonach er zwar - der belastenden Darstellung des Mitangeklagten A (S. 42, 68, 111/I, 25, 26, 29, 30/II) zuwider - trotz gleichzeitiger Ortsanwesenheit nicht an der Tat mitgewirkt, aber doch im Anschluß daran und in Kenntnis davon Geld aus der Beute oder immerhin später damit angeschafftes Suchtgift erhalten habe (S. 100, 124/I, 29, 32, 38/II). Konstatierungen über diesen (von der Anklage mitumfaßten) Teil des Tatgeschehens hätten jedoch, zumal unter Bedacht auf die bezügliche Verantwortung des Mitangeklagten A, anklagekonform wegen Diebstahls, aber doch) wegen des - möglicherweise in Idealkonkurrenz mit dem Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. (Schuldspruch-Faktum IV) begangenen - Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 oder/und Z. 3 StGB. führen können; dementsprechend wäre das Schöffengericht, wie die Staatsanwaltschaft zutreffend rügt, gemäß §§ 262, 267 StPO. zu darauf bezogenen Feststellungen verpflichtet gewesen (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.). Auch in diesem Umfang ist folglich eine Verfahrensergänzung in erster Instanz unumgänglich, wodurch gleichzeitig außerdem die Aufhebung des den Angeklagten Raoul B betreffenden Strafausspruchs (wegen jener Delikte, deren er rechtskräftig schuldig erkannt wurde) erforderlich wird. Teils in Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Nichtigkeitsbeschwerde und teils gemäß § 290 Abs. 1 StPO. war daher wie im Spruch zu erkennen.

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