Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die vom Erstgericht erkannte Freiheitsstrafe auf fünf Jahre erhöht. Mit seiner gegen die Strafe gerichteten Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen. Im übrigen wird der Berufung des Angeklagten nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 2.März 1934 geborene Kesselwärter Alfred A auf Grund des Wahrspruches der Geschwornen des Verbrechens des versuchten Totschlages nach §§ 15, 76 StGB. schuldig erkannt, weil er sich am 10.November 1978 in Fußach in einer allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen habe lassen, zu versuchen, seine geschiedene Ehegattin Rosina A dadurch vorsätzlich zu töten, daß er ihr mit einem Eisenrohr mindestens neun Schläge auf den Kopf versetzte und sie in der Folge mit seinem PKW. niederfuhr.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer allein auf die Z. 5 des § 345 Abs. 1 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch fechten sowohl der Angeklagte wie auch die Staatsanwaltschaft mit Berufung an. Gegen den gemäß § 369 Abs. 1 StPO erfolgten Zuspruch eines Betrages von 20.000 S an die Privatbeteiligte Rosina A hat der Angeklagte zwar Berufung angemeldet, Berufungsausführung hingegen nicht überreicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.
Soferne in dieser der Beschwerdeführer sowohl Mängel des Befundes (§ 125 StPO.) und Mängel der Begutachtung (§ 126 Abs. 1 StPO.) rügt, ist dem (abweisenden) Zwischenerkenntnis des Erstgerichtes (S. 436 bis 441 der Akten) im Ergebnis zuzustimmen.
Weitere Sachverständige (allenfalls ein Fakultätsgutachten im Sinne des § 126 Abs. 2 StPO.) sind nur dann beizuziehen bzw. einzuholen, wenn der Befund dunkel, unbestimmt, im Widerspruch mit sich selbst oder mit erhobenen Tatumständen steht, oder die Angaben zweier Sachverständigen über die von ihnen wahrgenommenen Tatsachen erheblich voneinander abweichen und sich die Bedenken nicht durch eine nochmalige Vernehmung dieser beseitigen lassen, oder sich solche Widersprüche und Mängel in Bezug auf die Gutachten ergeben, die sich auch nicht durch nochmalige Vernehmung der Sachverständigen beseitigen lassen.
Die Befunde und Gutachten der beiden im Verfahren beigezogenen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Heinz B und Dr. Herbert C zur Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten (§ 11 StGB. in Verbindung mit § 134 StPO.) sind frei von den eingangs erwähnten Mängeln bzw. konnten Unklarheiten - soweit sich der Beweisantrag auf die Durchführung ergänzender Befundaufnahmen bezog (S. 433 der Akten) - durch die erfolgte ergänzende Befragung des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Heinz B beseitigt werden (S. 434 bis 435).
Die in der Verfahrensrüge bekämpfte Abweisung weiterer Befundaufnahmen im Wege der Psychoanalyse oder Begutachtung durch (zum Teil) namentlich genannten Psychologen, hält gleichfalls einer Überprüfung nicht stand.
Sind nämlich die vernommenen Sachverständigen befähigt, ein einwandfreies Gutachten über den betreffenden Fall abzugeben und weisen ihre Gutachten auch keine Mängel der in den §§ 125 f. StPO. angeführten Art auf, so fehlt es an den Voraussetzungen für die Beiziehung weiterer Sachverständiger und begründet die Abweisung eines darauf abzielenden Antrages keine Nichtigkeit im Sinne des angerufenen Nichtigkeitsgrundes.
Die in der Beschwerde abschließend vorgetragene Meinung, daß bei 'neutraler' und 'vorurteilsloser' Begutachtung der Persönlichkeit des Angeklagten diesem eine Tötungsabsicht nicht zu unterstellen gewesen wäre, berührt keine für die durch die Sachverständigen vorgenommene, Befund oder Gutachten betreffende Frage, sondern fällt allein in die Kompetenz der Beweiswürdigung der Geschwornen. Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer einen Verfahrensmangel auch durch die (gerügte) Nichteinvernahme der Zeugin Hilde D aufzuzeigen, da - wie das Erstgericht zutreffend ausführt (S. 441 d.A.) - es für die Beurteilung der Tat nicht entscheidungswesentlich war, ob das Opfer schon längere Zeit vor der Tat Beziehungen mit dem Zeugen Rinaldo E unterhielt, da der Angeklagte jedenfalls erstmalig nach eigener Verantwortung am 30.Oktober 1978, somit kurz vor Begehung des Verbrechens mit dieser Tatsache konfrontiert wurde, daß Rosina A schon vor der Ehescheidung einen anderen Mann kannte und er somit über die näheren Umstände dieser Beziehung nicht informiert sein konnte (siehe S. 441 unten). Es würde sich daher - im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerde - an den faktischen Beurteilungsgrundlagen nichts ändern, selbst wenn diese Zeugin über intime Beziehungen des Opfers mit dem genannten Zeugen machen hätte können.
Damit erweist sich die Verfahrensrüge zur Gänze als unbegründet, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 41, 76 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/2 Jahren sowie gemäß § 369 Abs. 1 StPO. zur Zahlung eines Betrages von 20.000 S an die Privatbeteiligte Rosina A.
Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, nahm hingegen als mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die verminderte Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit und den Versuch des Verbrechens an.
Gegen diesen Strafausspruch richten sich die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, wobei ersterer Herabsetzung des Strafausmaßes und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe gemäß § 43 StGB., jene der Anklagebehörde Erhöhung der Freiheitsstrafe begehren.
Die vom Angeklagten auch gegen den Zuspruch an die Privatbeteiligte Rosina A angestrebte Berufung blieb unausgeführt.
Allein der Berufung der Staatsanwaltschaft (wegen Strafe) kann Berechtigung zuerkannt werden.
Mit Recht weist die Anklagebehörde darauf hin, daß durch die zweimaligen, für das Opfer zunächst unerwarteten Angriffe sich nicht nur ein hohes Ausmaß an Schuld des Täters offenbart, sondern die schwere Verletzung und der qualvolle Seelenzustand wie auch der zweimalige Versuch des Totschlages zusätzlich als erschwerend zu werten gewesen wären. Von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe nach § 41 Abs. 1 StGB. kann selbst unter Berücksichtigung der von der Berufung des Angeklagten vorgebrachten, im wesentlichen nur die Auffassung des Erstgerichtes unterstützenden Argumenten nicht die Rede sein, zumal das Opfer nur dank ihrer körperlichen Konstitution dem Tode entgangen ist und weder das Tatverhalten noch die Schuld des Täters atypisch und außerhalb des vom Gesetzgeber gedachten Regelfall gelegen ist (ÖJZ-LSK. 1979/338). Demgemäß war das Strafausmaß auf die im Spruch genannte Dauer zu erhöhen, wobei im übrigen im Hinblick auf die psychische Labilität des Angeklagten und den sicherlich bedeutsamen Milderungsgründen mit dem Mindestmaß der hiefür vorgesehenen gesetzlichen Strafe das Auslangen gefunden werden konnte. Dieses Strafausmaß verbietet es aber, dem Begehren des Angeklagten auf Gewährung bedingter Strafnachsicht näherzutreten. Die Berufung des Angeklagten wegen Strafe war auf diese Entscheidung zu verweisen.
Was die Berufung des Angeklagten wegen des erfolgten Zuspruches an die Privatbeteiligte Rosina A anlangt, so hat der Angeklagte weder bei der Anmeldung, noch in seinen Ausführungen im Gerichtstag Gründe vorgebracht, welche das (ausführlich) begründete Adhäsionserkenntnis des Erstgerichtes (S. 490, 491 des Aktes) zu erschüttern vermögen. Im Gegenteil hat sich der Angeklagte mit einem Teilzuspruch durchaus einverstanden erklärt (s. S. 444 des Aktes) und keine Argumente vorgebracht, die etwa gegen die Höhe des vom Erstgericht angenommenen Schmerzengeldes oder Kleiderschadens Gewicht haben könnten. Der Berufung war daher wie im Spruche insoweit ein Erfolg zu versagen, da das Berufungsgericht jedenfalls zu einer amtswegigen Überprüfung des erfolgten Privatbeteiligtenzuspruches nicht verpflichtet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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