Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung der Tat laut dem Wahrspruch der Geschwornen sowie demgemäß auch im Strafausspruch (nicht aber im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und es wird gemäß dem § 351 StPO in der Sache selbst erkannt:
Friedrich A hat zu I und II des Schuldspruches das Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142, 143 (erster Satz) StGB begangen und wird hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 (zwölf) Jahren verurteilt.
Die Aussprüche über die Einziehung der Tatwaffe samt zugehöriger Munition und die Kostenersatzpflicht werden aus dem Ersturteil übernommen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8.Februar 1926 geborene Invalidenrentner Friedrich A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 (zweiter Anwendungsfall) StGB (Punkt II des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Mit seiner ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs. 1 Z 6, 8 und 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte das Urteil nur insoweit, als ihm außer dem Verbrechen des versuchten schweren Raubes auch das Vergehen der versuchten Nötigung angelastet wird. Da Raub und Nötigung zueinander im Verhältnis der Spezialität stünden und überdies der Unrechtsgehalt der Tat durch ihre Bestrafung als versuchter schwerer Raub voll erfaßt sei, habe das Erstgericht - so meint der Beschwerdeführer - die Verfehlung im Schuldspruchfaktum I durch unrichtige Gesetzesauslegung einem Strafgesetz unterzogen, das darauf nicht Anwendung finde. Hievon ausgehend, habe es überdies in Verletzung der Bestimmung des § 312 Abs. 2 StPO zu Unrecht eine gesonderte Frage - die Eventualfrage zu der auf versuchten Mord (an Alfred B) lautenden (von den Geschwornen verneinten) Hauptfrage 1 -
in Richtung der §§ 15, 105 Abs. 1 StGB gestellt und insoweit den Geschwornen auch eine unrichtige Rechtsbelehrung erteilt. Dieser - der Sache nach primär Urteilsnichtigkeit im Sinn der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO relevierenden -
Auffassung des Beschwerdeführers ist im Ergebnis beizupflichten. Nach dem Inhalt des Wahrspruches der Geschwornen versuchte der Angeklagte am 30.April 1979 in den Räumen der Filiale der Volksbank Wien Mitte in Wien 2., Engerthstraße 231-233, dem Bankangestellten Oskar C und der Bankkassierin Gertraud D durch die Äußerungen 'Überfall! Gebt' s das Geld her!' bzw. 'Geld her, oder ich schieß' !', wobei er gegen sie ein halbautomatisches Gewehr (Marke Gevarm, Kaliber 22) in Anschlag brachte und dann einem Bankkunden mit den an die Bankkassierin gerichteten Worten 'Gib das Geld her, sonst mach ich Schluß mit dem Alten!' die Mündung des Gewehres am Hals ansetzte, Banknoten im Gesamtwert von 135.000 S mit dem Vorsatz abzunötigen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern. Als der in der Bankfiliale Bereitschaftsdienst versehende Revierinspektor Alfred B mit gezogener Pistole den Bedrohten zu Hilfe kam, den Angeklagten aufforderte, die Waffe wegzuwerfen, und einen Warnschuß abgab, feuerte der Angeklagte aus dem genannten Gewehr einen Schuß gegen den Polizisten ab, um ihn zur Abstandnahme von einer weiteren Einmengung in die Straftat zu nötigen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der von der Generalprokuratur vertretenen Ansicht kann bei diesem im Wahrspruch gedeckten Sachverhalt an die Lösung der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfrage nicht unter dem Aspekt einer (vorbestraften) Nachtat herangegangen werden. Das den Gegenstand der Eventualfrage bildende Geschehen war (bloß) Teil des auf gewaltsame Abnötigung von Geld gerichteten deliktischen Verhaltens des Angeklagten, das auch vom Vorsatz her als Einheit aufzufassen ist. Dies schon deshalb, weil die den Gegenstand der zweiten Hauptfrage bildende Tat noch gar nicht vollendet war und der Angeklagte - nach dem Wahrspruch der Geschwornen (verbis: 'Abstandnahme von einer weiteren Einmengung in die Straftat') - gerade damit die Vollendung jener Tat zu erreichen suchte. Wurde aber - wahrspruchskonform - der Schuß gegen Alfred B (nur) zur Überwindung eines der Tatausführung (des Raubes) entgegengesetzten Widerstandes abgefeuert, dann kann er als - deliktstypischer (Gewalt gegen eine Person) und nicht darüber hinausreichender - Teil des dem Tatbestand der §§ 142 Abs. 1, 143 StGB zu unterstellenden Verhaltens des Angeklagten nicht einer selbständigen rechtlichen Beurteilung (als Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB) unterzogen werden (vgl. in diesem Zusammenhang EvBl. 1968/168, 1977/22).
Entsprechend diesen Überlegungen hätte daher auch - abgesehen von der berechtigtermaßen an die Geschwornen gerichteten ersten Hauptfrage - eine gesonderte Fragestellung wegen der Schußabgabe auf Alfred B unterbleiben und dieses Tatgeschehen in die Hauptfrage II eingegliedert werden sollen. Doch bedeutet dieser die rechtsrichtige Beurteilung der Tat nicht hindernde Verstoß für den Angeklagten keine Beschwer.
Das bekämpfte Urteil ist daher im dargelegten Umfang mit Nichtigkeit im Sinn der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO behaftet, weswegen in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden war.
Bei der demgemäß vorzunehmenden Neubemessung der Strafe wurde als erschwerend gewertet die Bedrohung mehrerer Personen und deren Gefährdung durch Abgabe von Schüssen sowie die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten. Mildernd waren das Geständnis und die (auch) auf eine schwere Kriegsverletzung zurückzuführende seelische Abartigkeit des Angeklagten sowie der Umstand, daß es beim Versuch des Raubes blieb.
Der besonders hohe Unrechtsgehalt der Tat, der sich nicht zuletzt aus dem gefahrensteigernden Einsatz der bei der Tat verwendeten Waffe ergibt, verlangt die weitgehende Ausschöpfung des gesetzlichen Strafrahmens.
Die Freiheitsstrafe war daher in gegenüber dem Ausspruch erster Instanz unveränderter Höhe neu zu bemessen.
Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
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