Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches in seinem freisprechenden Teil als unangefochten unberührt bleibt, im übrigen zur Gänze aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.Juni 1949 geborene Hilfsarbeiter Hubert A des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 10.Mai 1978 in Innsbruck den Gendarmeriebeamten Josef B dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung aussetzte, daß er den Genannten vor dem Landesgericht Innsbruck durch die Behauptung, B habe sich geweigert, die Anschuldigungen des Angeklagten gegen Heinrich C in einem von B aufgenommenen Protokoll festzuhalten, B habe ihn weiters durch die Drohung, er werde ihn ansonsten mit dem Gummiknüppel in den Keller hinunterschlagen, zur Unterfertigung des Vernehmungsprotokolls genötigt, des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB. und des Vergehens der Nötigung unter Ausnützung einer Amtsstellung nach §§ 105, 313 StGB. falsch verdächtigte, wobei er gewußt hat, daß die Verdächtigungen falsch sind.
Rechtliche Beurteilung
Mit Recht behauptet der Nichtigkeitswerber mit seinen auf den Grund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Ausführungen einen Feststellungsmangel dahin, ob der verleumdete Gendarmeriebeamte B der Gefahr einer (straf-) behördlichen Verfolgung ausgesetzt worden ist. Diese Gefahr der behördlichen Verfolgung muß kausal aus der falschen Verdächtigung hervorgehen. Sie ist dann gegeben, wenn es nach der Lage des Falls wahrscheinlich ist, daß irgendeine Behörde den Verdächtigten verfolgen werde. Es muß sich dabei nicht um die förmliche Einleitung eines Strafverfahrens handeln, auch bloß der Aufklärung des Verdachts dienende Vorerhebungen reichen hin, wobei hinsichtlich dieses Umstands auf der inneren Tatseite dolus eventualis genügt; daß es zu einer behördlichen Verfolgung wirklich kommt, wird vom Gesetz nicht verlangt (vgl. SSt. 47/19). Abgesehen vom substanzlosen Gebrauch der verba legalia im Urteilsspruch enthält das Ersturteil keine Feststellungen darüber, daß der Gendarmeriebeamte Josef B durch die oben wiedergegebenen Behauptungen des Angeklagten der Gefahr einer behördlichen Verfolgung wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB. und (oder) des Vergehens der Nötigung unter Ausnützung einer Amtsstellung nach §§ 105, 313 StGB. ausgesetzt worden sei. Die Behauptung der Beschwerde trifft allerdings nicht zu, daß auf Grund des Amtsvermerks der Staatsanwaltschaft Innsbruck (S. 63) lediglich Erhebungen gegen den Angeklagten geführt wurden und von vornherein nicht daran gedacht war, den Gendarmeriebeamten B in diese Erhebungen einzubeziehen, weil auf Grund des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 12.Mai 1978 (Seite 65) B vor dem Bezirksgendarmeriekommando Landeck als Verdächtigter vernommen wurde (S. 59 a). Zwar fallen unter den Begriff der behördlichen Verfolgung (der weiter als jener der Gerichtsanhängigkeit ist) auch staatsanwaltschaftliche Erhebungen, die der Überprüfung des behaupteten Sachverhalts dienen (EvBl. 1979/151); im gegenständlichen Fall sagt die Tatsache, daß ein Formular (zusammen mit dem angeführten Amtsvermerk) mit dem Ersuchen um Ermittlung des Sachverhalts an die Kriminalabteilung beim Landesgendarmeriekommando für Tirol übersandt wurde, aber nichts darüber aus, ob die Staatsanwaltschaft den Verdacht als so erhärtet angesehen hat, daß sie den Gendarmeriebeamten B auch tatsächlich in Verfolgung ziehen wollte. Es besteht nach der Aktenlage durchaus die Möglichkeit, daß diese falschen Anschuldigungen von vornherein unglaubhaft waren und nicht an ein Einschreiten gegen B gedacht wurde, seine Einvernahme als Verdächtigter nicht im Sinne dieses Antrags der Staatsanwaltschaft war und als reine Formsache vor sich ging. Wegen des zutreffend geltendgemachten Feststellungsmangels nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. war der zum Vorteil des Angeklagten ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 e StPO. schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben und über die Rechtsmittel wie im Spruch zu erkennen.
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