Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung des Angeklagten Michael A wird nicht Folge gegeben. Der Berufung des angeklagten Bernhard B, soweit sie sich gegen das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe richtet, wird dahin Folge gegeben, daß die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 (vier) Monate herabgesetzt wird. Im übrigen wird der Berufung dieses Angeklagten nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden u.a. die Angeklagten Michael A und Bernhard B des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG und des Vergehens nach dem § 9 Abs 1 Z 2 SGG, Michael A überdies des Vergehens der Urkundenfälschung (Fälschung besonders geschützter Urkunden) nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB. schuldig erkannt.
Diesen Schuldspruch bekämpft nur Michael A mit seiner auf die Z. 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Unter Anrufung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes wendet er sich zunächst gegen Punkt III des Urteilssatzes, der ihm anlastet, in der Zeit zwischen 30.August 1978 und 22.Oktober 1978 eine verfälschte inländische öffentliche Urkunde, nämlich seinen österreichischen Reisepaß Nr. G 0098671, aus welchem er zwei Blätter mit den Seiten 15/16 und 17/18, auf denen sich die Zurückweisungs- und Ausweisungsstempel deutscher Behörden befanden, herausgerissen hatte, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich des Nichtvorliegens dieser Einreiseverfügungen, gebraucht zu haben. Er vertritt hiezu - sinngemäß zusammengefaßt - die Rechtsauffassung, daß das bloße Entfernen von Blättern aus einem Reisepaß nicht notwendigerweise eine Verfälschung bedeute und vorliegend das Fehlen der erwähnten Blätter nur für den deutschen Rechtsbereich bedeutsam, für den österreichischen hingegen - weil nur die Verfügung einer deutschen Behörde betreffend - 'irrelevant' sei.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Meinung kann nicht beigetreten werden.
Jeder österreichische Reisepaß ist in seiner Gesamtheit eine inländische öffentliche Urkunde, weil er im Inland von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form errichtet wurde; daran ändert auch der Umstand nichts, daß in diese Urkunde ausländische Behörden rechtmäßigerweise Eintragungen vornehmen können, wie etwa die Eintragung von Zurückweisungs- und Ausweisungsvermerken. Im übrigen ist auch ein ausländischer Reisepaß gemäß dem § 39 PaßG. i.d.F. BGBl. Nr. 510/1974, hinsichtlich der Anwendung der Bestimmungen der §§ 224 und 227 Abs. 1 StGB. den inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt. Unter Verfälschung einer Urkunde ist aber nichts anderes zu verstehen, als die Veränderung des gedanklichen Inhaltes
(vgl. 12 Os 104/74 =
ÖJZ-LSK. 1975/9 = EvBl. 1975/179), wozu auch die Entfernung oder
Unkenntlichmachung eines Teiles der Urkunde (durch Herausreißen, Ausradieren, Überkleben etc. von Eintragungen) gehört. Hiebei kommt es nicht auf die Wesentlichkeit der Inhaltsänderung an, sondern allein auf die Identitätsverschleierung, welche auch durch den Wegfall eines Urkundenteiles bewirkt wird (vgl. 10 Os 123/78 = ÖJZ-LSK. 1979/122).
Es ist sohin - abgesehen davon, daß Eintragungen der in Rede stehenden Art auch für die österreichischen Behörden von rechtlichem Interesse sind, weil sie Aufschlüsse über die Persönlichkeit des Paßinhabers zu geben vermögen - für die rechtliche Beurteilung des deliktischen Verhaltens des Beschwerdeführers ohne Belang, daß das primäre rechtliche Interesse an diesen Eintragungen auf der Seite der deutschen Behörden gelegen war. Das Erstgericht unterstellte somit die eingangs näher beschriebene Tat ohne Rechtsirrtum den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB. (vgl. hiezu auch 12 Os 84/77 = ÖJZ-LSK. 1977/299 = EvBl. 1978/36).
Die in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt des § 62 (ff.) StGB. aufgeworfene Frage der inländischen Strafbarkeit des Gebrauches des verfälschten Reisepasses in der Bundesrepublik Deutschland bedarf keiner näheren Prüfung, weil unbeschadet des Fehlens einer Tatortangabe im Urteilsspruch jedenfalls den Gründen der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführer den verfälschten Reisepaß in der Folge zur Ausweisleistung in Österreich verwendete, ihn also im Inland im Rechtsverkehr - worunter jede mit Rücksicht auf den Inhalt der Urkunde rechtserhebliche Verwendung zu verstehen ist - zum Beweis von Tatsachen gebrauchte und schon dadurch den Tatbestand des Vergehens nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB.
verwirklichte.
Unter diesem Gesichtspunkt ist auch für die aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. unter Hinweis auf das (angebliche) Fehlen einer Einreise in die BRD begehrte Annahme einer Deliktsverwirklichung in der Erscheinungsform des Versuchs (§ 15 StGB.) kein Raum.
Auch soweit der Beschwerdeführer unter Anrufung desselben Nichtigkeitsgrundes in diesem Zusammenhang weiter vorbringt, sein Verhalten sei, wenn überhaupt strafbar, so jedenfalls nur dem § 229 StGB. zu unterstellen, weil er lediglich die für den inländischen Rechtsbereich als Privaturkunden aufzufassenden Eintragungen der deutschen Behörden in seinem österreichischen Reisepaß unterdrückt habe, ist er gleichfalls nicht im Recht. Deliktsobjekt ist nämlich nicht irgendein Teil des Reisepasses, sondern, wie bereits dargelegt, diese öffentliche Urkunde in ihrer sich im Zeitpunkt der Deliktsbegehung darstellenden - durch behördliche Akte rechtserheblich gestalteten - Gesamtheit. Geht man aber hievon aus, dann liegt - abgesehen von sonstigen Erwägungen - auf der Hand, daß im Gegensatz zur Meinung des Beschwerdeführers die Verwendung eines Reisepasses, aus welchem der Täter einzelne Teile (Blätter) entfernte, schon mangels eines auf die Verhinderung des Gebrauches und damit der Unterdrückung der gesamten Urkunde gerichteten Vorsatzes nicht als das Vergehen nach dem § 229 StGB., sondern als Fälschung einer öffentlichen Urkunde im Sinn der §§ 223 Abs. 2, 224 StGB. zu qualifizieren ist.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers haftet der Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO.
aber auch nicht dem Pkt. I a des Schuldspruches an, demzufolge er in den Monaten März und April 1979 in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr setzte, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem er an fünf namentlich genannte Personen insgesamt zumindest 4,5 g Heroin weiterverkaufte und hiedurch das Tatbild des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. verwirklichte.
Den Beschwerdeausführungen, wonach sich das Erstgericht nicht mit der objektiven Tatseite auseinandergesetzt und im Hinblick auf die weitergegebenen 'relativ geringfügigen Quantitäten' nicht geprüft habe, ob angesichts der Veräußerung in kleineren Quantitäten während eines längeren Zeitraumes die Weitergabe durch die Empfänger tatsächlich in einem solchen Ausmaß stattfand, daß hieraus eine Gemeingefahr entstehen konnte, ist nämlich zu erwidern, daß das Verbrechen nach § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. in objektiver Hinsicht bloß die aus den individuellen Tatumständen erhellende Eignung der Tat zur Herbeiführung einer konkreten Gemeingefahr voraussetzt. Alle zur Bejahung dieses Tatbildmerkmales erforderlichen Konstatierungen traf das Erstgericht aber insbesonders durch die Feststellung, das an mehrere Personen in einer Gesamtmenge von mindestens 4,5 g weitergegebene Heroin sei von solcher Qualität gewesen, daß bereits mit einer Menge von 0,5 g eine Gefahr für das Leben von Menschen in größerer Ausdehnung herbeigeführt werden konnte (vgl. 11 Os 143, 174/76 = ÖJZ-LSK. 1977/149), wobei der Beschwerdeführer wußte, daß es in concreto nicht in seiner Macht stand, an wen das Suchtgift - dessen beschriebene objektive Eignung er ebenfalls kannte - schließlich gelangen werde (Bd. II/S. 151), und er folglich auch nicht in der Lage war, die Gefahr jederzeit so weit zu begrenzen, daß sie das erwähnte Ausmaß nicht erreichen konnte (vgl. 12 Os 192/78 = ÖJZ-LSK. 1979/271). Ob aus der Tat ein Schaden wirklich entstand oder zumindest die Gefahr eines solchen nach den Umständen der tatsächlichen Verbreitung des Suchtgiftes mehr oder minder nahelag, ist rechtlich bedeutungslos (vgl. die bei Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze, RN. 12 zu § 6 SuchtgiftG., S. 549 zitierten Entscheidungen).
Der Beschwerdeführer verantwortet daher insoweit das Verbrechen wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs. 1
SuchtgiftG. und nicht bloß - wie er rechtsirrig meint - das Vergehen nach dem § 9 Abs. 1 Z. 1 SuchtgiftG.
Die Beschwerde erweist sich sohin in allen Belangen als unberechtigt, weshalb sie zu verwerfen war.
Das Schöffengericht verhängte über Michael A und Bernhard B nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG.
unter Anwendung des § 28 StGB. Freiheitsstrafen, und zwar über Michael A in der Dauer von achtzehn Monaten und über Bernhard B in der Dauer von zwei Jahren.
Weiters verurteilte es gemäß dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG. Michael A zu einer Geld-(Wertersatz-)Strafe in der Höhe von 13.200 S, im Falle der Uneinbringlichkeit zu dreizehn Tagen (Ersatz-)Freiheitsstrafe und Bernhard B zu einer Geldstrafe in der Höhe von 151.488,30 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu hunderteinundfünfzig Tagen (Ersatz-)Freiheitsstrafe. Bei beiden genannten Angeklagten erkannte es gemäß dem § 6 Abs. 3 SuchtgiftG. auch auf den Verfall von Suchtgifterlösen.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei Michael A die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, bei Bernhard B das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die große Menge des in Verkehr gesetzten Heroins sowie den Umstand als erschwerend, daß B im wesentlichen aus reiner Gewinnsucht handelte. Als mildernd sah es demgegenüber das Teilgeständnis bzw. Geständnis der genannten Angeklagten an.
Mit seiner Berufung begehrt Michael A die Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe, Bernhard B die Ermäßigung aller über ihn verhängten Freiheits-, Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen sowie die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht.
Die gegebenen Strafzumessungsgründe wurden vom Schöffengericht im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt; die in erster Instanz zuerkannten (primären) Freiheitsstrafen entsprechen dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen ebenso wie dem Verschuldensgrad der Angeklagten und nehmen auch auf die bei Delikten gegen die Volksgesundheit mit in Betracht zu ziehenden Belange der Generalprävention gebührend Bedacht. Für eine Herabsetzung dieser Strafen besteht kein Anlaß.
Der Berufung des Bernhard B gegen das Ausmaß der Verfallsersatzstrafe konnte schon deswegen kein Erfolg beschieden sein, weil das Gesetz dem Gericht bei der Festsetzung der Höhe dieser Strafe (§ 6 Abs. 4 SuchtgiftG.) keinen Ermessensspielraum gewährt.
Die über den Angeklagten Bernhard B verhängte Freiheitsstrafe von hunderteinundfünfzig Tagen erweist sich hingegen unter Bedachtnahme auf den insgesamt nur bis zu einem Jahr reichenden Strafrahmen sowie im Vergleich mit ähnlich gelagerten Fällen als gering überhöht und war daher auf vier Monate zu reduzieren.
Der von diesem Angeklagten begehrten Gewährung einer bedingten Strafnachsicht standen die durch Vorstrafen belastete Täterpersönlichkeit sowie die erwähnten gewichtigen Erwägungen der Generalprävention entgegen. Eine Anwendbarkeit des § 43 StGB. auf die im § 6 Abs. 4 SuchtgiftG. (irreführend als Geldstrafe) bezeichnete vorbeugende Maßnahme kam schon an sich nicht in Betracht (vgl. EvBl. 1979/30).
Es war daher wie im Spruch zu erkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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